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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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zumindest den Weg und die einzelnen Bewegungen des
Mörders, obwohl mir noch nicht ganz klar ist, wozu uns diese Informationen
nützlich sein [173]  könnten. Höchstwahrscheinlich hat er seinen Wagen in der wenig
befahrenen Salaminos-Straße abgestellt und ist von dort auf das Gelände
gelangt. Von der Pireos-Straße aus kann er jedenfalls nicht eingedrungen sein,
da der Verkehr dort niemals stillsteht. Dann hat er den Sack bis zur Grabstele
geschafft und dort geöffnet. Nachdem er Korassidis’ Leiche in die gewünschte
Position gebracht hatte, fotografierte er sie. Danach hat er den leeren Sack
gepackt und sich abgesetzt.
    »Konntest du den Mann erkennen?«, hake ich nach.
    »Nein, es war ganz finster. Nur shadow. «
Er sucht nach dem passenden Ausdruck und ergänzt: »Schatten.«
    »Und du hast gar nicht nachgesehen, was er dort zurückgelassen
hat?«, fragt ihn Dermitsakis.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »The less you know, the better«, gibt er
auf Englisch die weise Erkenntnis des illegalen Einwanderers zum Besten: Je
weniger man weiß, desto besser.
    »Wieso warst du dort überhaupt unterwegs?«, fährt Dermitsakis fort.
    »Ich kommen von Monastiraki… Von Platz… Ich wohnen in Gegend Ajios
Assomatos, Tournavitou Street. «
    Wenn er tatsächlich vom Monastiraki-Platz aus in Richtung
Tournavitou-Straße gegangen ist, dann lag die Melidoni-Straße tatsächlich auf
seiner Strecke. Gerade als ich überlege, ob ich noch weitere Fragen an ihn habe,
tritt Koula herein und reißt mich aus meinen Gedanken: »Kommen Sie mal kurz,
Herr Kommissar?«
    Ihre Miene verheißt wichtige Neuigkeiten. »Nimm seine [174]  Personalien
auf, mach das Protokoll fertig und lass ihn laufen«, weise ich Dermitsakis an.
    »Sie hatten mir doch aufgetragen, die ganze Zeit über im Internet
Ausschau zu halten. Und sehen Sie mal, worauf ich heute gestoßen bin.«
    Als ich auf ihrem Bürostuhl Platz nehme, habe ich das neueste
Schreiben des Mörders vor meiner Nase.
    Sehr geehrter Herr Agapios Polatoglou,
    Sie haben halb Attika mit illegalen Bauten
überzogen. Von Penteli bis Pallini, von Dionyssos bis Nea Makri haben Sie
Häuser und Villen errichtet: mitten in Forstgebieten, in Gegenden, die nach
Waldbränden neu aufgeforstet werden sollten, und auf widerrechtlich
angeeignetem öffentlichen Gelände.
    Und all das, ohne offiziell überhaupt zu
existieren. Nach außen hin sind Sie ein kleiner Unternehmer, der Bautrupps für
diverse Reparaturarbeiten zusammenstellt. Doch in Wahrheit führen Sie keine
Reparaturen durch, sondern stampfen Neubauten aus dem Boden. Sie bestechen
Beamte der Kommunalverwaltung und der Bauämter sowie Funktionäre aus dem
Umweltministerium, um ohne Baugenehmigung luxuriöse Häuser zu errichten, die
Sie dann diversen Steuersündern »schlüsselfertig« übergeben.
    Schätzungsweise schulden Sie dem Staat
Steuern in Höhe von einer halben Million Euro. Unter Anrechnung der 200000 Euro
Schmiergeld, die ja als abzugsfähige Ausgaben gelten, sobald Sie Ihr Einkommen
tatsächlich versteuern, schulden Sie dem Fiskus 300000 Euro.
    [175]  Hiermit ersuche ich Sie, obengenannte
Summe innerhalb von fünf Tagen an das Finanzamt zu entrichten.
    Widrigenfalls wird anders abgerechnet, und
Sie werden liquidiert.
    Der nationale Steuereintreiber
    Ich gehe den Brief mehrmals hintereinander durch und frage mich,
wie ich Agapios Polatoglou ausfindig machen soll, wenn er offiziell doch gar
nicht existiert.
    Koula reißt mich aus meinen Gedanken. »Ist Ihnen etwas aufgefallen,
Herr Kommissar?«
    »Was denn?«
    »Das Schreiben ist einen Tag später als der Brief an Lazaridis
verfasst worden. Doch bisher ist noch kein Toter namens Polatoglou
aufgetaucht.«
    »Suchen Sie mir Polatoglous Privatadresse heraus«, sage ich zu
Koula, während ich an meinen Schreibtisch laufe, um Merenditis anzurufen.
    »Wie kriege ich heraus, wer für die Überwachung der Athener
Ausgrabungsstätten zuständig ist?«, frage ich, nachdem ich ihm von dem neuesten
Schreiben berichtet habe.
    »Ich würde sagen, Sie rufen Efstathiou von der Generaldirektion für
Altertümer im Kultusministerium an«, meint er und gibt mir dessen Telefonnummer
durch.
    »Könnten nicht Sie ihn zuerst anrufen und schon mal auf meine
Anfrage vorbereiten?«
    »Selbstverständlich.«
    Ich gebe Merenditis zehn Minuten Vorsprung, bevor ich Efstathious
Nummer wähle.
    »Herr Merenditis hat mich über die Sache aufgeklärt, und [176]  ich habe
bereits alle archäologischen Stätten im

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