Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
es wegen der Randlage des Landefelds noch einmal hundert Meter weiter waren bis zu den Annehmlichkeiten, die wir uns dort erhofften. Ich wies Tera darauf hin, dass ich nur deshalb so nah an den Bäumen geparkt hatte, damit wir wenigstens etwas Sichtschutz vor den Flugzeugen hätten, die vielleicht über dieses Gebiet hinwegflogen; und Everett beschied ich ziemlich ruppig, dass – falls dieser erste Spaziergang nach etlichen Ruhetagen immer noch zu viel für ihn wäre – er ruhig an Bord bleiben dürfe, während der Rest von uns den Ort überprüfte.
Und genau das tat er dann auch. Er reagierte nicht etwa kindlich trotzig oder schmollte, sondern verbrämte seine Entscheidung damit, dass schließlich jemand auf das Schiff aufpassen müsse. Ich nahm sein Angebot an, akzeptierte auch scheinbar seine Begründung, und dann stapfte der Rest von uns durch die kühle Nachmittagsluft zur Hütte.
Ich hatte zuvor schon bemerkt, dass die Hütte ziemlich groß war – doch wie groß sie wirklich war, erkannte ich jetzt erst. Neben dem rechteckigen Haupthaus, das parallel zur Landezone stand, gab es noch einen großen Flügel, der sich von der Mitte des Gebäudes den Berg hinaufzog, so dass das ganze Gebäude die Form eines »T« hatte. Ich fragte mich, wie es möglich war, dass ich diesen Anbau beim Anflug übersehen hatte – es sei denn, das mit grob behauenen Schieferschindeln gedeckte Dach verschmolz so gut mit dem felsigen Hang darüber, dass es aus der Luft nicht als Teil der Hütte zu erkennen war. Beyscrim, sagte ich mir, musste in der Hauptsaison ein regelrechter Touristenmagnet sein.
Aus der Größe der Hütte folgte auch, dass wir sechs -oder sieben, wann auch immer Everett geruhte, sich uns wieder anzuschließen – uns mit großer Wahrscheinlichkeit nur selten über den Weg laufen würden. Nach der erzwungenen Intimität, die wir mit dem Abriss der Decks und Kabinen der Ikarus geschaffen hatten, war die ganze Mannschaft beim Gedanken an ein wenig Privatsphäre geradezu wie elektrisiert. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wären wir alle zumindest so lange zusammengeblieben, bis wir die Gemeinschaftsbereiche der Lodge auf Anzeichen einer kürzlichen Anwesenheit von Fremden überprüft gehabt hätten. Doch als ich den anderen diesen Vorschlag unterbreitete, machte Tera unmissverständlich klar, dass sie zumindest für die nächsten paar Stunden nicht an der Gesellschaft der anderen interessiert sei. Sie schnappte sich einen der Schlüssel für die Gästezimmer – altmodische Schlüssel gehörten anscheinend zum rustikalen Ambiente des Hauses – und verschwand irgendwo, um wieder mal in einem richtigen Bett zu schlafen. Shawn und Nicabar folgten ihrem Beispiel und suchten sich ebenfalls ein Zimmer aus, während Chort in die Küche ging und das Angebot an Speisen studierte. Ich gab’s auf, schickte Ixil ihm nach und ging dann wieder nach draußen auf die breite, von Säulen getragene Veranda.
Es war später Nachmittag, als wir gelandet waren, und nach dem, was das Navigationsgerät über Beyscrims Rotationsperiode gesagt hatte, hätten wir meiner Schätzung zufolge noch zwei bis drei Stunden Tageslicht haben müssen. Aber ich hatte den Effekt des Gebirgszugs nicht berücksichtigt, der im Westen schroff hinter der Ikarus und den Deckung bietenden Bäumen aufragte. Die Sonne verschwand bereits hinter den höheren Gipfeln, und ich sah nun, dass wahrscheinlich schon in einer halben Stunde die Dämmerung hereinbrechen würde.
Aber eine halbe Stunde Sonne und frische Luft war immer noch besser als nichts. Ich nahm einen der robusten Gartenstühle, die an der Rückseite der Veranda aufgereiht waren, zog ihn zur Vorderseite und setzte mich.
Everett hatte offensichtlich den gleichen Gedanken gehabt wie ich; zumindest was die frische Luft betraf. Von meinem Platz aus vermochte ich seine Gestalt direkt hinter der offenen Luke unter der Verschalung auszumachen. Er sah ebenfalls in meine Richtung, und ich wollte ihm schon zuwinken. Doch weil er sich einer solchen Geste enthielt, sagte ich mir schließlich, dass er wahrscheinlich noch immer keinen Wert auf Gesellschaft legte – zumindest nicht auf meine. Also machte ich es mir auf dem Stuhl gemütlich. Dabei war ich mir Everetts Präsenz zwar bewusst, nahm aber nicht mehr Notiz von ihm als er von mir.
Wir saßen dort, jeder in seine eigene kleine Welt versunken, während die Sonne unterging und der Himmel im Westen vom Sonnenlicht über ein buntes Glühen zur Dämmerung
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