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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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sie einfach
stehen lassen, da, in seinem Versteck. Hab den Schrank wieder zugeklappt. Ich
hatte überhaupt keine Lust mehr. Dann muss er eben trinken. Wenn er meint. Ich
bin doch nicht sein Kindermädchen. Er ist ein erwachsener Mann.
    Nur, dass ers eben nicht ist.
Nur da, als er von Arndt kam und den ganzen Alkohol in'n Ausguss gekippt hat,
da hab ich so was gemerkt. So was wie einen eigenen Willen. Aber dazu musste
ihm ja wohl auch erst einer die Leviten lesen. Immer muss erst einer von außen
kommen, muss erst was im Fernsehen gesagt werden - man soll mehr Kohl essen
oder so -, damit ers glaubt. Ich zähl ja nicht mehr.
    »Bring ma Rosenkohl mit!«,
sagt er dann, und zwar in einem Ton, der irgendwie genauso klingt wie damals,
als er eine Flasche nach der andern aufgemacht und weggekippt hat, sogar das
Bier, und, wie ich ihn aufhalten wollte, schließlich hatte das alles Geld
gekostet, wie er da gesagt hat: »Damit muss Schluss sein, Sonja!«
    Wenn er was macht, dann
richtig. Aber auch so überrichtig. Ich war ja total überrascht, aber auch froh,
dass Friedhelm Arndt so gut fand. »Der is in Ordnung«, hat er gesagt. »Der
redet ma Klartext.« Und er ist danach, auch als es ihm besser ging, als eigentlich
wieder alles normal war, mit mir zu den Lobpreisgottesdiensten nach Bresekow
gekommen. Alle vierzehn Tage dienstags abends. Wir hatten da grade unser erstes
Auto, den blauen K adett , ne olle Schüssel eigentlich,
aber ich war so stolz dadrauf. Auch auf Friedhelm, dass er das mit der
Fahrerlaubnis einfach so gepackt hatte. Ich hab mich erst später getraut, bin
auch beim ersten Mal durchgefallen. Da hab ich schon wieder an mir gezweifelt,
an der ganzen Aktion, ob das überhaupt notwendig ist, aber plötzlich war das
notwendig. Zu DDR-Zeiten hat da keiner von uns beiden dran gedacht, da war gar
nicht dran zu denken. Wir hätten sowieso nie nen Trabi zusammengespart
gekriegt, auch in zwanzig Jahren nicht. Ich weiß gar nicht mehr, wie wir früher
eingekauft haben. Da wären wir abends gar nicht nach Bresekow gekommen, da hätt
es das alles sowieso überhaupt nicht gegeben. Dass da einer frei in der Kirche
spricht, kein Blatt vorn Mund nimmt. Da wären wir vielleicht gar nicht zum
Glauben gekommen. Wenn man sich das mal so vorstellt.
    Ich hab ihn kaum
wiedererkannt, Friedhelm. Wie er plötzlich so Feuer und Flamme war. Dass es
Gott gibt, und dass man nur durch Jesus zu Gott kommen kann und all das, das
stand für ihn auf einmal alles fest. Er hatte da auch kaum Fragen, nicht so wie
ich, am Anfang, als ich vieles gar nicht verstehen konnte oder wollte. Das war
mir manchmal unheimlich. Ich war mir nicht so sicher, ob er das nun wirklich
glaubt oder - na ja, denkt, dass er das nun glauben muss. Damit ihm das nicht
wieder schlechtgeht. Aber ich dachte, lass ihn. Du kannst ihm das jetzt nicht
wieder wegnehmen.
    Er gerät da manchmal ganz
schön mit Romy aneinander. Wenn er so - fast fanatisch ist. Er lässt ja nix
gelten, was nicht mit dem, was Arndt predigt oder was wir so zu lesen bekommen,
überein geht. Besonders mit Israel. Und Romy widerspricht dann ja, schon aus
Prinzip, die kann das überhaupt nicht ab, wenn sie irgendwie bemusst wird.
Nachrichten gucken ist immer schwierig mit den beiden. Meistens sagt gar keiner
was. Aber ich seh genau, wie Friedhelm mit dem Kopf schüttelt und schnell zu
Romy guckt, ob sie das auch mitgekriegt hat. Und wie Romy starr geradeaus in
den Fernseher guckt. Ich geh dann meistens raus. Ich weiß so wenig dadrüber.
Aber bloß nicht noch was fragen. Dann halten sie mich beide wieder für total
blöd.
    Wir haben ja auch eine
Zeitlang versucht, Romy dienstags mitzunehmen. Sie ist auch mal mitgekommen,
ein-, zweimal, als sie jünger war. Aber bloß unseretwegen, damit wir Ruhe
geben, und danach hat sie sich dann absolut dagegen gesträubt, gab auch Streit
deswegen. »Wieso denn nich?«, hab ich gefragt. »Du glaubst doch auch an Gott,
oder?«
    Die Antwort war wieder typisch
Romy: »Na und? Müssen alle, die an Gott glauben, da jetzt hinrennen?«
    Ich wusst erst gar nicht, was
sie so furchtbar dadran findet, vielleicht wusste sie das selber nicht,
jedenfalls hat sie nix Genaues gesagt. Im Prinzip haben wir da alle immer nur
drumrumgedruckst, als mussten wir uns für irgendwas schämen. Romy wollt da gar
nicht mit mir drüber reden. Sie hat mir bloß gerne lauter schwierige Fragen
gestellt, auf die ich auch keine Antwort wusste. Solche Sachen wie: Wenn Gott
das alles vorhersehen konnte, wie

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