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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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nichts
hinein, keine Gärtnerei und keine Hochzeit eines Bruders, keine Aussichten und
keine drei Worte, kein normales Kind. Nur ein bisschen Geld, du quetschtest es
aus dieser engen Spalte deines Lebens heraus, drücktest sie dabei so gut es
ging zusammen, denn auch sie wollte beständig größer werden. Es gab nur ein
Mittel. Du spanntest dich in sie wie in einen Bogen ein, du überlistetest sie,
denn sie dehnte sich von selbst, bis zu einem Punkt, an dem keiner ihre
Spannung mehr hätte halten können, dich, es genügte eine kleine Irritation, und
schon trug dich der Februarwind an einen Ort, von dem noch niemand
zurückkehrte.
    (Wenn das Kind versucht hatte,
zu dir zu sprechen, hattest du versucht zurückzusprechen.)
     
    HENRY
     
    Er hat fast schon wieder vergessen,
wie der hieß, immerzu vergisst er das fast, aber dann fällt ihm das wieder ein.
Er darf heute Nacht gar nicht schlafen, er muss bloß so tun, als ob er schläft,
mit Schnarchen und so, aber nicht richtig schlafen, sonst vergisst er das. Und
sie sagen ihm das dann vielleicht nicht mehr und auch nicht, dass der da war,
wenn er das auch mitvergisst. Er muss sich das merken. Wo der herkam. Aus
Amerika oder was, aber nicht Amerika, aber so was Ähnliches. Was da auch gleich
bei Amerika ist, wo der her ist, der hat gesagt, er würd ihn da mal hinholen,
wenn das geht, nachher. Das hat er gleich erzählt, nachher, aber die haben bloß
wieder gelacht. »Du und Amerika! Das dauert aber noch paar Jährchen, Henry.«
    »Musste aber erst noch
Englisch lernen, du ju schpiek Inglisch?« Inglisch. So hieß der. Nein. Jetzt
weiß er das wieder, dass der so ähnlich hieß, mit Nachnamen. Weil der nicht
richtig verwandt ist, oder er, bloß so ein bisschen, so mittel. Nein. Halb,
halbverwandt, so hat der das gesagt.
    »Du hast Besuch, Henry«, haben
sie gesagt, aber er hat gesagt, »leck mich am Arsch«. »Freundchen«, haben sie
gesagt. Dann haben sie ihm erklärt, wer das ist, aber er hat die ganze Zeit
gedacht, dass das bloß wieder Onkel Peter ist, der war schon vor drei Tagen
dagewesen oder zwei Tagen, er wollte das nicht, dass schon wieder Onkel Peter
kommt und ihn besucht, doch nicht schon wieder. »Leck mich am Arsch«, hat er
gesagt zu Onkel Peter letztes Mal, ha ha. Aber Onkel Peter hat ihm gar keine
gescheuert, bloß wieder eine Frage gestellt, doofe Frage. »Was ist denn mit dir
los«, hat Onkel Peter gefragt, er hat mit den Schultern gezuckt. »Hast du mir
nix mitgebracht«, hat er gefragt, und Onkel Peter hat gesagt, doch. Aber er hat
ihm das nicht gegeben, der Blödmann, der blöde Sack Onkel Peter. Weil er sich
nicht entschuldigt hat. Erst ganz zum Schluss, als Onkel Peter sich schon
umgedreht hatte, da hat er sich noch mal zurückumgedreht, und dann hat er das
gekriegt, Schokolade und so was, Kinderschokolade und so ein Überraschungsei,
aber da war wieder keiner drin von die, von den Heppihippos, bloß wieder so
Zusammenbauungsscheiße. Weil er dann Entschuldigung gesagt hat. Als Onkel Peter
aufgestanden ist und sich umgedreht hat, »Entschuldigungentschuldigung«.
    Aber das hat er gleich
gesehen, dass das nicht Onkel Peter war, und vielleicht war das auch gar keiner
von der Polizei und auch keiner von die aus Bresekow. »Den kenn ich doch gar
nich«, hat er gesagt, »nu geh erst mal hin«, haben sie gesagt. Er hat sich umgedreht.
»Den kenn ich nich.«
    »Henry.«
    »Ich kenn den nich.« Er musste
fast heulen musste er fast. »Was ist denn mit dir los?«
    Dann fiel ihm das ein auf
einmal. Dass der vielleicht von seiner Mutter war, von seiner Mutter
hergekommen, dass die ihn hergeschickt hatte. Weil sie vielleicht nicht selber
herkommen konnte. Weil sie herkommen wollte. Aber weil sie nicht konnte,
vielleicht.
    »Hallo«, hat der gesagt, als
er hingegangen ist. Da hat er gleich einen Schreck gekriegt, weil der gleich
aufgestanden ist und ihm die Hand hingehalten hat. Und dann hat er gesagt, wie
er heißt, aber das hat sich so komisch angehört, aber er hat ihm seine Hand
gegeben. Wie im Fernseher, wenn sich da zwei Leute die Hand geben und dann der
eine dem andern sagt, wie er heißt, und der andere sagt dem andern das auch und
dann angenehm. »Angenehm«, hat er gesagt, und er hat sich gefreut, weil er das
schon immer mal sagen wollte, angenehm, einmal hat er zu dem einen hier gesagt,
dass er ihm die Hand geben und dann seinen Namen sagen soll, damit er das sagen
kann, aber der hat bloß gesagt, »spinnst du, du weißt doch, wie ich heiß«.
    »Du

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