Zauber der Begierde
Rushka angesehen hatte.
Er hatte Angst, seine Frau anzusehen, Angst vor dem, was er in ihren lieblichen
Augen lesen würde. Konnte sie sich wahrhaftig anders entschieden haben? Konnte
er sich so vollständig geirrt haben? Er hielt inne, die Hand an den Griff
seines Schwertes gelegt, und zwang seine Augen zu den ihren. Die Unsicherheit,
die ihn am allerersten Tag ergriffen hatte, als er seine Frau beim Feuer des
Schmiedes fand, bemächtigte sich seiner mit Rachegelüsten.
Ihr
Gesicht war sanft und emotionslos. »Er spricht die Wahrheit. Ich habe ihn
gewählt.«
Hawk
starrte sie an, verblüfft. Nicht einmal ein Flackern von Gefühl in ihren silbernen
Augen. »Wie macht er dich lügen, Mädchen?« Hawk weigerte sich, ihren Worten zu
glauben, krallte sich an sein Vertrauen in sie. »Womit bedroht er dich, mein
Herz?«
»Mit
nichts«, sagte Adrienne kalt. »Und hör auf, mich so zu nennen. Ich bin nie dein
Herz gewesen. Ich habe dir das von Anfang an gesagt. Ich will dich nicht. Es
war die ganze Zeit Adam.«
Hawk
forschte in ihrem Gesicht. Kühl, gefaßt, saß sie auf der Stute wie eine
Königin. Königlich und unberührbar. »Und was zum Teufel war dann in Uster?« dröhnte
er.
Sie
zuckte mit den Schultern, die Handflächen abwehrend erhoben. »Ferien?«
erwiderte sie leichthin.
Hawk
verspannte sich, seine Zähne knirschten. »Und was war in den Stallungen heute
nachmittag -«
»Ein
Fehler«, schnitt ihm Adam kalt das Wort ab. »Einer, den sie nicht wiederholen
wird.«
Hawks
Blick wich keine Sekunde von Adriennes. »War es ein Fehler?« fragte er leise.
Adrienne
neigte den Kopf. Eine Pause von der Länge eines Herzschlags. »Ja.«
Der
Hawk sah nicht einmal ein Flackern in ihrem Gesicht. »Was für ein Spiel spielst
du, Mädchen?« hauchte er, und die Gefahr, die von jedem Zentimeter seines
rigiden Körpers ausging, lud die Luft um sie herum auf.
Die
Nacht hing schweigend und schwer über ihnen. Auf dem Hügel bewegte sich keine
Menschenseele, gebannt von der furchtbaren Szene, die sich vor ihnen abspielte.
»Kein
Spiel, Hawk. Es ist aus zwischen uns, sorry.« Ein weiteres unbekümmertes Achselzucken.
»Adrienne,
hör auf zu scherzen -«, brüllte er.
»Das
ist kein Scherz«, unterbrach sie ihn mit einem plötzlichen Wutausbruch. »Der
einzige Scherz hier bist du! Du hast nicht wirklich geglaubt, ich könnte
hierbleiben, oder? Ich meine, komm schon!« Sie machte eine abschätzige Handbewegung
über die ganze Pracht des Hochzeitsfestes. »Ich bin aus dem zwanzigsten
Jahrhundert, du Narr. Es sind die Kleinigkeiten, die es ausmachen. Kaffee.
Dampfende Duschbäder, Limousinen, der ganze Glanz und das Drumherum. Dies war
eine nette Ablenkung - eine kleine Flucht mit einem der faszinierendsten Männer...« Sie lächelte Adam
an, und es bedurfte jedes Funkens von Hawks Willen, sich nicht auf den Schmied
zu stürzen und das Leben aus seinem arroganten Körper herauszureißen.
Statt
dessen stand er da wie eine Marmorstatue, die Hände an seinen Seiten geballt.
»Du warst Jungfrau -«
»Ach
ja? Du hast mir Vergnügen beigebracht. Aber der Schmied gab mir mehr. So
einfach ist das.« Adrienne fuchtelte mit den Zügeln ihres Pferdes herum.
»Nein!«
dröhnte der Hawk. »Das ist irgendein Spiel! Womit hast du meinem Weib gedroht,
Schmied?«
Aber
es war Adrienne, die antwortete, mit derselben ruhigen, äußerst unbeteiligten
Stimme. Diese heisere Stimme, die ihn beinah in den Wahnsinn trieb, denn die
Worte, die sie fallenließ, konnten nur Lügen sein. Dennoch sah sie nicht aus,
als würde sie gezwungen. Da war kein Schwert an ihrer Kehle. Kein Schimmer von
Tränen in ihren Augen. Und ihre Stimme... sie war gefaßt und ruhig. »Er hat
mich nur mit größerem Vergnügen bedroht, als du es mir je gegeben hast. Er hat
wahre Magie, über die er herrscht. Vergeude nicht deine Zeit, hinter uns
herzujagen. Du wirst uns nicht finden. Er hat versprochen, mich an Orte zu
bringen, von denen ich nie zu träumen gewagt habe.« Adrienne trieb ihr Pferd
näher an das des Schmieds.
Adam
schenkte dem Hawk ein blendendes Lächeln. »Es sieht aus, als ob du am Ende doch
verloren hättest, hübscher Vogel.«
»Nein!«
brüllte Hawk, hechtete auf den Schmied zu und zog in einer fließenden Bewegung
sein Schwert. Der Hengst buckelte bei Hawks Gebrüll und tänzelte wild zur
Seite.
Rushka
fiel Hawk in den Arm und drückte ihn so heftig zu Boden, daß das Schwert zu
seinen Füßen in die Erde trieb.
Adam
hob seine
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