Zauber der Schlange
mit einer sinnlichen Eitelkeit.
»Wie?« fragte er.
»Es ist ein Geheimnis.« Sie lachte. »Vielleicht sage ich es dir eines Tages. Würde dir das gefallen?«
»Ich glaube schon.«
»Sag mir, mein Belgarion, findest du mich schön?«
»Ich glaube ja.«
»Was würdest du sagen, wie alt ich bin?« Sie breitete die Arme aus, so daß er ihren Körper durch den hauchfeinen Stoff ihres Gewandes sehen konnte.
»Ich weiß nicht«, meinte Garion. »Älter als ich, aber nicht sehr alt.«
Zorn flackerte kurz in ihren Augen auf. »Rate«, befahl sie barsch.
»Vielleicht dreißig«, entschied er verwirrt.
»Dreißig?« Ihre Stimme klang erschüttert. Rasch drehte sie sich zum Spiegel und prüfte ihr Gesicht gründlich. »Du bist blind, du Narr!« fuhr sie ihn an, sich noch immer im Spiegel betrachtend. »Das ist nicht das Gesicht einer Frau von dreißig. Dreiundzwanzig, höchstens fünfundzwanzig.«
»Wie du meinst«, stimmte er zu.
»Dreiundzwanzig«, sagte sie entschlossen. »Keinen Tag älter als dreiundzwanzig.«
»Natürlich«, sagte er sanft.
»Würdest du glauben, daß ich fast sechzig bin?« fragte sie, mit plötzlich stählernem Blick.
»Nein«, meinte Garion. »Das könnte ich nicht glauben, nicht sechzig.«
»Wie bezaubernd du bist, Belgarion«, hauchte sie mit schmelzendem Blick. Ihre Finger wandten sich wieder seinem Gesicht zu, berührend, streichelnd, liebkosend. Langsam erschienen unter der blassen Haut ihrer nackten Schultern und ihres Halses merkwürdige Farbflecken, schwache Sprenkel aus Grün und Purpur, die sich pulsierend zu verändern schienen, zuerst deutlich sichtbar, dann schwächer werdend. Ihre Lippen öffneten sich wieder, ihr Atem ging schneller. Die Sprenkel breiteten sich über ihren ganzen Körper unter dem durchsichtigen Gewand aus, die Farben zuckten unter ihrer Haut.
Maas kroch näher, seine leblosen Augen wurden plötzlich in seltsamer Anbetung hellwach. Das lebhafte Muster seiner eigenen schuppigen Haut paßte so genau zu den Farben, die auf dem Körper der Schlangenkönigin erschienen, daß man kaum sagen konnte, wo die Grenze zwischen Schlange und Frau war, während er sich liebkosend um ihre Schulter ringelte.
Wäre Garion nicht halb betäubt gewesen, er wäre vor der Königin zurückgewichen. Ihre farblosen Augen und die gesprenkelte Haut waren reptilienhaft, ihr offen lustvoller Ausdruck sprach von einem schrecklichen Hunger. Und doch war sie seltsam attraktiv. Hilflos fühlte er sich von ihrer Sinnlichkeit angezogen.
»Komm näher, mein Belgarion«, befahl sie sanft. »Ich werde dir nicht weh tun.« In ihren Augen stand die Freude, ihn zu besitzen.
Nicht weit von der Empore räusperte sich Sadi der Eunuch. »Göttliche Königin«, verkündete er, »der Gesandte von Taur Urgas erbittet eine Unterredung.«
»Von Ctuchik meinst du wohl«, sagte Salmissra leicht verärgert. Dann schien ihr ein Gedanke zu kommen, und sie lächelte boshaft. Die Sprenkel auf ihrer Haut verblaßten. »Führe den Grolim herein«, wies sie Sadi ein.
Sadi verbeugte sich und zog sich zurück, um einen Moment später mit einem narbengesichtigen Mann in Murgokleidung wiederzukommen.
»Heißt den Gesandten von Taur Urgas willkommen«, sang der Eunuch.
»Willkommen«, antwortete der Chor.
»Vorsicht jetzt«, warnte ihn die sachliche Stimme in Garions Verstand. »Das ist der vom Hafen. «
Garion betrachtete den Murgo genauer und stellte fest, daß es stimmte.
»Heil, Ewige Salmissra«, sagte der Grolim mechanisch und verbeugte sich zuerst vor der Königin, dann vor der Statue hinter ihr. »Taur Urgas, König von Cthol Murgos, entbietet dem Geist von Issa und seiner Dienerin seinen Gruß.«
»Und keine Grüße von Ctuchik, dem Hohenpriester der Grolims?« fragte sie mit leuchtenden Augen.
»Selbstverständlich«, sagte der Grolim, »aber sie werden üblicherweise nur privat ausgerichtet.«
»Hat dich Taur Urgas oder Ctuchik hergeschickt?« fragte sie und wandte sich wieder ihrem Blick im Spiegel zu.
»Können wir vertraulich sprechen, Eure Hoheit?« fragte der Grolim.
»Das hier ist vertraulich«, antwortete sie.
»Aber«, er blickte zu den knienden Eunuchen hinüber.
»Meine Leibdiener«, erklärte sie. »Eine nyissanische Königin ist niemals allein. Das solltest du inzwischen wissen.«
»Und der da?« Der Grolim deutete auf Garion.
»Er ist auch ein Diener – wenn auch etwas anderer Art.«
Der Grolim zuckte die Achseln. »Wie Ihr wollt. Ich grüße Euch im Namen Ctuchiks, des
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