Zauber der Schlange
blutunterlaufen vor rasendem Irrsinn, das Maul war furchterregend aufgerissen.
Verzweifelte Wächter versuchten, den Bär mit langen Spießen zurückzustoßen, aber die Bestie fegte die Spieße fort und fiel über die Wächter her. Ihre wütende Umklammerung zermalmte sie, und die zuschlagenden Klauen schlitzten ihre Körper auf. Der Weg hinter Tante Pol und dem Bär war mit entstellten Leichen und zuckendem Fleisch bedeckt.
Die Schlangen, die in den Winkeln gelegen hatten, krochen über den Boden, aber sobald sie das flammende Licht, das Tante Pol umgab, berührten, starben sie so, wie Maas gestorben war. Systematisch riß Tante Pol mit Worten und Gesten Türen ein. Eine dicke Wand versperrte ihr den Weg, aber sie ließ sie zu Staub zerfallen, als wäre sie aus Spinnweben.
Barak tobte durch die dämmrige Halle, brüllte wie irrsinnig und zerstörte alles in seinem Weg. Ein kreischender Eunuch versuchte verzweifelt, eine der Säulen zu erklettern. Die große Bestie reckte sich und hieb dem Mann die Klauen in den Rücken und zog ihn herab. Die Schreie endeten abrupt in einem Schwall aus Blut, als sich die riesigen Pranken mit einem ekelhaften Knirschen um den Kopf des Eunuchen schlössen.
»Polgara«, rief das Bewußtsein neben Garion lautlos. »Hier entlang!«
Tante Pol drehte sich rasch um.
»Folge uns«, sagte das Bewußtsein. »Schnell!«
Dann flogen Garion und er andere Teil von ihm zurück durch den Gang zu Salmissra und dem nur halbbewußten Körper, den sie vor kurzem leer zurückgelassen hatten. Hinter ihnen kamen Polgara und der tobende Barak.
Garion und sein seltsamer Gefährte passierten wiederum die schwere, geschlossene Tür.
Salmissra, deren nackter Körper unter ihrem durchsichtigen Gewand jetzt eher vor Wut als vor Lust gesprenkelt war, stand vor der Gestalt mit den leeren Augen. »Antworte mir!« rief sie. »Antworte mir!«
»Wenn wir zurück sind«, sagte das formlose Bewußtsein, »laß mich handeln. Wir müssen etwas Zeit gewinnen.«
Unvermittelt waren sie wieder zurück. Garion fühlte seinen Körper kurz erschauern, dann sah er wieder durch seine eigenen Augen. Der Nebel, der ihn vorher betäubt hatte, kehrte machtvoll zurück. »Was?« sagten seine Lippen, obwohl er das Wort nicht bewußt geformt hatte.
»Ich habe gefragt, ob das dein Werk ist?« sagte Salmissra.
»Ob was mein Werk ist?« Die Stimme, die aus seinem Mund kam, klang wie seine eigene, aber es war doch ein feiner Unterschied darin.
»Alles«, sagte sie. »Die Dunkelheit. Der Angriff auf meinen Palast.«
»Ich glaube nicht. Wie könnte es? Ich bin doch nur ein Junge.«
»Lüge mich nicht an, Belgarion«, warnte sie. »Ich weiß, wer du bist. Ich weiß, was du bist. Es muß dein Werk sein. Belgarath selbst könnte nicht die Sonne auslöschen. Ich warne dich, Belgarion, was du heute getrunken hast, ist tödlich. Selbst jetzt tötet das Gift in deinen Adern dich langsam.«
»Warum hast du das getan?«
»Um dich zu behalten. Du mußt mehr davon haben, oder du wirst sterben. Du mußt trinken, was nur ich dir geben kann, und du mußt jeden Tag deines Lebens davon trinken. Du gehörst mir, Belgarion, mir!«
Verzweifelte Schreie erklangen hinter der Tür.
Die Schlangenkönigin sah erstaunt auf, dann drehte sie sich zu der riesigen Statue hinter ihr um, verbeugte sich seltsam zeremoniell und begann, mit ihren Händen eine Reihe verschlungener Gesten in die Luft zu weben. Sie sprach eine schwierige Formel in einer Sprache, die Garion noch nie gehört hatte, einer Sprache, die voller gutturaler Zischlaute und seltsamer Kadenzen war.
Die schwere Tür wurde nach innen eingedrückt, zerbarst in Splitter, und Tante Pol stand in dem zerschmetterten Türrahmen. Die weiße Locke leuchtete, ihre Augen funkelten furchterregend. Der große Bär an ihrer Seite brüllte, von seinen Zähnen troff Blut, und Fleischfetzen hingen noch an seinen Pranken.
»Ich habe dich gewarnt, Salmissra«, sprach Tante Pol mit tödlicher Stimme.
»Bleib, wo du bist, Polgara«, befahl die Königin. Sie drehte sich nicht um, und ihre Finger setzten ihre schlängelnden Bewegungen fort. »Der Knabe stirbt«, sagte sie. »Niemand kann ihn retten, wenn du mich angreifst.«
Tante Pol blieb stehen. »Was hast du getan?« fragte sie.
»Schau ihn dir an«, erwiderte Salmissra. »Er hat Athal und Kaldiss getrunken. Auch jetzt brennt ihr Feuer in seinen Adern. Sehr bald schon wird er mehr brauchen.« Ihre Hände bewegten sich noch immer durch die Luft. Ihr
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