Zauber der Schlange
Königin gesehen?«
Garion nickte und erschauderte, als er an die gekrönte Schlange dachte, die auf dem Diwan lag und sich im Spiegel betrachtete.
»Was ist los?« fragte das Mädchen.
»Es ist viel geschehen«, antwortete er. »Manches war nicht sehr schön.« Irgendwo tief in seinem Bewußtsein setzte sich das Dröhnen fort.
»Meinst du, sie haben dich gefoltert?« fragte Ce’Nedra mit großen Augen.
»Nein, so etwas nicht…«
»Was ist denn dann geschehen?« wollte sie wissen. »Erzähle.«
Er wußte, daß sie ihn nicht in Ruhe lassen würde, bis er es tat, und so beschrieb er ihr, so gut er konnte, was geschehen war. Das hämmernde Dröhnen schien lauter zu werden, während er erzählte, und seine rechte Handfläche begann zu kribbeln. Geistesabwesend rieb er daran.
»Wie furchtbar gräßlich«, sagte Ce’Nedra, als er geendet hatte. »Hattest du denn keine Angst?«
»Eigentlich nicht«, sagte er, noch immer seine Hand kratzend. »Die größte Zeit war ich von den Sachen, die ich trinken mußte, so benebelt, daß ich überhaupt nichts gefühlt habe.«
»Hast du Maas wirklich getötet?« fragte sie. »Einfach so?« Sie schnippte mit den Fingern.
»Ganz so war es eigentlich nicht«, versuchte er zu erklären. »Es war schon etwas mehr.«
»Ich wußte, daß du ein Zauberer bist«, sagte sie. »Ich habe dir das schon damals am Teich gesagt, weißt du noch?«
»Ich will aber keiner sein«, protestierte er. »Ich habe nicht darum gebeten.«
»Ich habe auch nicht darum gebeten, eine Prinzessin zu sein.«
»Das ist nicht dasselbe. König oder Prinzessin zu sein hängt damit zusammen, was man ist. Zauberer zu sein hängt zusammen mit dem, was man tut.«
»Ich sehe da keinen großen Unterschied«, widersprach sie hartnäckig.
»Ich kann Dinge geschehen lassen«, sagte er. »Meistens schreckliche Dinge.«
»So?« meinte sie nervenaufreibend. »Ich kann auch schreckliche Dinge geschehen lassen – oder zumindest konnte ich es in Tol Honeth. Ein Wort von mir, und ein Diener hätte zum Auspeitschen gebracht werden können – oder zum Henker. Ich habe das natürlich nicht getan, aber ich hätte es tun können. Macht ist Macht, Garion. Das Ergebnis ist das gleiche. Du mußt niemandem weh tun, wenn du nicht willst.«
»Manchmal geschieht es einfach. Es ist nicht so, daß ich es wollte.« Das Dröhnen wurde bohrend, fast wie ein dumpfer Kopfschmerz.
»Dann mußt du lernen, es zu kontrollieren.«
»Jetzt klingst du wie Tante Pol.«
»Sie will dir helfen«, sagte die Prinzessin. »Sie versucht, dich dahin zu bringen, etwas zu tun, was du schließlich doch tun mußt. Wie viele Leute willst du noch verbrennen, ehe du endlich akzeptierst, was sie sagt?«
»Das hättest du nicht sagen sollen.« Garion war tief getroffen von ihren Worten.
»Doch«, sagte sie. »Ich glaube schon. Du hast Glück, daß ich nicht deine Tante bin. Ich würde mir deine Torheiten nicht so gefallen lassen wie die Dame Polgara.«
»Du verstehst das nicht«, brummte Garion mürrisch.
»Ich verstehe das viel besser, als du glaubst, Garion. Weißt du, wo dein Problem liegt? Du willst nicht erwachsen werden. Du möchtest für immer ein Junge bleiben. Aber das kannst du nicht; niemand kann das. Gleich, wieviel Macht du hast – ob du Kaiser oder Zauberer bist –, du kannst nicht verhindern, daß die Jahre vergehen. Ich habe das schon vor langer Zeit erkannt, aber ich bin wahrscheinlich auch viel klüger als du.« Dann erhob sie sich, ohne ein Wort der Erklärung, auf die Zehenspitzen und küßte ihn voll auf die Lippen.
Garion errötete und senkte verlegen den Kopf.
»Sag mir«, sagte Ce’Nedra, mit dem Ärmel seiner Tunika spielend, »ist die Königin Salmissra wirklich so schön, wie behauptet wird?«
»Sie war die schönste Frau, die ich in meinem Leben je gesehen habe«, antwortete Garion, ohne zu überlegen.
Die Prinzessin sog scharf die Luft ein. »Ich hasse dich«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Dann drehte sie sich um und rannte schluchzend davon, um Tante Pol zu suchen.
Garion starrte ihr verwundert nach. Dann sah er wieder schwermütig auf den Fluß und die fallende Asche hinaus. Das Kitzeln in seiner Handfläche wurde unerträglich, und er kratzte heftig daran und grub seine Fingernägel hinein.
»So machst du es nur wund«, sagte die Stimme in seinen Gedanken.
»Es kitzelt. Ich halte das nicht aus.«
»Hör auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen.«
»Woher kommt es?«
»Soll das heißen, du weißt das
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