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Zauber der Schlange

Zauber der Schlange

Titel: Zauber der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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gebracht und war abgestiegen. Er verbeugte sich vor ihr und streckte die Hände aus, um ihr vom Pferd zu helfen. Zusammen gingen sie auf die Ruine zu. Unter dem Bogengang blieben sie stehen und sprachen miteinander. Hinter der Ruine stoben Wolken über den stürmischen Himmel, und ihre riesigen Schatten zogen ungerührt über die düsteren Felder Arendiens.
    »Wir hätten einen anderen Weg nehmen sollen«, sagte Wolf. »Ich habe wohl nicht richtig nachgedacht.«
    »Gibt es ein Problem?« fragte Durnik.
    »Nichts Ungewöhnliches – in Arendien«, antwortete Wolf. »Ich fürchte, es ist meine Schuld. Manchmal vergesse ich, was jungen Leuten zustoßen kann.«
    »Sei nicht so geheimnisvoll, Vater«, sagte Tante Pol. »Das ist nur irritierend. Gibt es etwas, das wir wissen sollten?«
    Wolf zuckte die Achseln. »Es ist kein Geheimnis«, sagte er. »Halb Arendien weiß davon. Eine ganze Generation arendischer Jungfrauen weint sich jede Nacht deswegen in den Schlaf.«
    »Vater«, fuhr Tante Pol ihn aufgebracht an.
    »Schon gut«, sagte Wolf. »Als Mandorallen ungefähr Garions Alter hatte, war er sehr vielversprechend – stark, mutig, nicht allzu klug, kurz, er zeigte alle Qualitäten, die einen guten Ritter ausmachten. Sein Vater bat mich um Rat, und ich traf Arrangements, daß der junge Mann eine Zeitlang bei dem Baron von Vo Ebor leben sollte – das dort drüben ist seine Burg. Der Baron hatte einen guten Ruf, und er ließ Mandorallen die Erziehung angedeihen, die er brauchte. Mandorallen und der Baron waren fast wie Vater und Sohn, da der Baron ein gutes Stück älter war. Alles ging gut, bis der Baron heiratete. Seine Braut war wesentlich jünger als er – etwa in Mandorallens Alter.«
    »Ich kann mir denken, worauf es hinausläuft«, bemerkte Durnik mißbilligend.
    »Nicht ganz«, widersprach Wolf. »Nach der Hochzeitsreise kehrte der Baron zu seinen gewohnten ritterlichen Aufgaben zurück und ließ eine sehr gelangweilte junge Frau zu Hause, die durch die Burg wanderte. Eine Situation mit vielen interessanten Möglichkeiten. Jedenfalls, Mandorallen und die Dame tauschten Blicke aus, dann Worte – das übliche.«
    »So etwas geschieht in Sendarien auch«, meinte Durnik, »aber ich bin sicher, wir nennen es ganz anders als die Leute hier.« Sein Ton war kritisch, fast beleidigt.
    »Du ziehst voreilig Schlüsse, Durnik«, sagte Wolf. »Die Dinge gingen nie weiter. Vielleicht wäre es besser gewesen, sie wären. Ehebruch ist so ernst auch nicht, und mit der Zeit wäre es ihnen zu langweilig geworden. Aber da sie beide den Baron zu sehr liebten und respektierten, um ihn zu entehren, verließ Mandorallen die Burg, ehe ihm die Dinge entgleiten konnten. Jetzt leiden sie beide schweigend. Es ist alles sehr rührend, aber mir kommt es wie Zeitverschwendung vor. Aber natürlich bin ich auch älter.«
    »Du bist älter als jeder andere, Vater«, sagte Tante Pol.
    »Das mußt du mir nicht noch sagen, Pol.«
    Silk lachte sardonisch. »Ich freue mich, daß unser erstaunlicher Freund wenigstens den schlechten Geschmack hatte, sich in die Frau eines anderen zu verlieben. Sein Edelmut ging mir allmählich auf die Nerven.« Das Gesicht des kleinen Mannes zeigte denselben bitteren, selbstironischen Ausdruck, den Garion zuerst in Val Alorn an ihm gesehen hatte, als sie sich mit Königin Porenn unterhielten.
    »Weiß der Baron davon?« fragte Durnik.
    »Natürlich«, antwortete Wolf. »Das ist es ja, was die Arendier daran so rührt. Es gab einmal einen Ritter, noch dümmer als die meisten Arendier, der einen schlechten Scherz darüber machte. Der Baron hat ihn unverzüglich herausgefordert und im Duell sein Leben gefordert. Seitdem haben nur sehr wenige Leute die Situation spaßig gefunden.«
    »Trotzdem ist es schändlich«, meinte Durnik.
    »Ihr Verhalten ist über jeden Tadel erhaben, Durnik«, sagte Tante Pol entschieden. »Es liegt kein Fehler darin, solange es nicht weitergeht.«
    »Anständige Leute lassen gar nicht erst zu, daß so etwas geschieht«, sagte Durnik hartnäckig.
    »Du wirst sie nicht überzeugen, Durnik«, sagte Meister Wolf zu dem Schmied. »Polgara hat zu viele Jahre bei den Wacite-Arendiern verbracht. Sie waren genauso schlimm oder sogar noch schlimmer als die Mimbrater. Man kann nicht so lange in dieser Rührseligkeit baden, ohne daß davon etwas abfärbt. Glücklicherweise hat sie ihren Verstand dabei nicht völlig eingebüßt. Sie ist nur hin und wieder so sentimental. Wenn du sie während solcher Anfälle

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