Zauber der Schlange
Delegation war. Ein Strom von Bildern und vagen Erinnerungen durchfloß Garion, als er in das vernarbte Gesicht seines Feindes blickte, den er sein Leben lang gekannt hatte. Der seltsame Sog der schweigenden, verborgenen Verbindung zwischen ihnen berührte ihn. Es war Asharak.
Etwas berührte Garions Geist, nur tastend – nicht die machtvolle Kraft, die der Murgo in dem düsteren Gang in Anhegs Palast in Val Alorn angewendet hatte. Das Amulett unter seiner Tunika wurde sehr kalt und schien doch gleichzeitig zu glühen.
»Eure Kaiserliche Hoheit«, sagte Asharak und trat mit einem kalten Lächeln vor, »wir fühlen uns geehrt, in Eurer erhabenen Gegenwart sein zu dürfen.« Er verbeugte sich, so daß sein Kettenhemd klirrte.
Barak hielt Hettars rechten Arm fest, und Mandorallen ging auf die andere Seite und nahm den zweiten.
»Ich bin überglücklich Euch wiederzusehen, werter Asharak«, sagte der Kaiser. »Man hat mir gesagt, daß eine Einigung erzielt wurde.«
»Die beiden Seiten zugute kommt, Eure Hoheit.«
»Das sind die besten Einigungen«, sagte der Kaiser anerkennend.
»Taur Urgas, der König der Murgos, schickt seine Grüße«, sagte Asharak. »Seine Majestät hat das ausgesprochene Bedürfnis, die Beziehung zwischen Cthol Murgos und Tolnedra zu festigen. Er hofft, Eure Kaiserliche Hoheit eines Tages Bruder nennen zu dürfen.«
»Wir schätzen die friedlichen Absichten und die legendäre Weisheit von Taur Urgas.« Der Kaiser lächelte etwas selbstgefällig.
Asharak sah sich um, die schwarzen Augen blieben ausdruckslos. »Nun, Ambar«, sagte er zu Silk, »dein Glück scheint sich gewendet zu haben, seit wir uns das letzte Mal in Mingans Kontor in Darine getroffen haben.«
Silk breitete die Hände in einer unschuldigen Geste aus. »Die Götter waren freundlich – jedenfalls die meisten.«
Asharak lächelte knapp.
»Ihr kennt euch?« fragte der Kaiser leicht erstaunt.
»Wir sind uns schon begegnet, Hoheit«, erwiderte Silk.
»In einem anderen Reich«, setzte Asharak hinzu. Dann sah er direkt Meister Wolf an. »Belgarath«, sagte er höflich mit einem kurzen Nicken.
»Chamdar«, erwiderte der alte Mann.
»Du siehst gut aus.«
»Danke.«
»Es scheint, daß ich hier der einzige Fremde bin«, sagte der Kaiser.
»Chamdar und ich kennen uns schon sehr lange«, erklärte Meister Wolf. Er sah den Murgo mit einem boshaften Zwinkern an.
»Ich sehe, daß du dich von deiner kürzlichen Unpäßlichkeit erholt hast.«
Über Asharaks Gesicht huschte ein ärgerlicher Ausdruck, und er sah rasch auf seinen Schatten im Gras, wie um sich zu versichern, daß er noch da war.
Garion erinnerte sich daran, was Meister Wolf auf dem Hügel nach dem Angriff der Algroths gesagt hatte – etwas über einen Schatten, der auf ›Umwegen‹ zurückkehrte. Aus irgendeinem Grund überraschte die Information, daß Asharak der Murgo und Chamdar der Grolim ein und dieselbe Person waren, ihn nicht besonders. Wie eine komplizierte Melodie, die nicht ganz tonrein gewesen war, erschien ihm das plötzliche Verschmelzen dieser beiden irgendwie richtig. Das Wissen klickte in seinem Geist wie der Schlüssel in einem Schloß.
»Eines Tages mußt du mir zeigen, wie du das gemacht hast«, sagte Asharak. »Ich fand die Erfahrung interessant. Aber mein Pferd hatte hysterische Anfälle.«
»Entschuldige mich bei deinem Pferd.«
»Wie kommt es, daß ich das Gefühl habe, nur die Hälfte dieser Unterhaltung zu verstehen?« fragte Ran Borune.
»Verzeiht uns, Hoheit«, bat Asharak. »Belgarath und ich erneuern nur eine alte Feindschaft. Wir haben nur selten Gelegenheit gehabt, höflich miteinander zu reden.« Er drehte sich um und verbeugte sich vor Tante Pol. »Edle Polgara. Du bist schön wie immer.« Er starrte sie absichtlich anzüglich an.
»Du hast dich auch nicht sehr verändert, Chamdar.« Ihr Ton war sanft, fast mild, aber Garion, der sie so gut kannte, spürte sofort die tödliche Beleidigung, die sie dem Grolim gerade zugefügt hatte.
»Bezaubernd«, sagte Asharak mit schwachem Lächeln.
»Das ist ja besser als Theater«, rief der Kaiser erfreut. »Ihr trieft ja geradezu vor Bosheit. Ich wünschte, ich hätte den ersten Akt sehen können.«
»Der erste Akt war sehr lang, Hoheit«, sagte Asharak, »und ziemlich oft langweilig. Wie Ihr vielleicht festgestellt habt, läßt Belgarath sich manchmal von seiner eigenen Klugheit hinreißen.«
»Ich bin sicher, daß ich das noch in den Griff bekomme«, sagte Meister Wolf mit einem
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