Zauber der Schlange
Dann legte er ihn beiseite und hob mit einer Zange einen zweiten Stab über das Feuer. »Möchtest du auch dein Glück versuchen?«
Garion grinste ihn an.
Barak, der in der Nähe saß und sich den Bart auskämmte, blickte sehnsüchtig hoch. »Du hast wohl keine Zeit, noch einen Haken zu machen, oder?«
Durnik kicherte. »Es dauert nur ein paar Minuten.«
»Wir brauchen Köder«, sagte Barak und erhob sich flink. »Wo ist dein Spaten?«
Kurz darauf gingen die drei über die Felder zu dem Teich, schnitten einige Schößlinge als Ruten und ließen sich nieder, um zu fischen.
Die Fische waren anscheinend ausgehungert und attackierten die bewurmten Haken in Scharen. Innerhalb einer Stunde lagen fast zwei Dutzend ansehnliche Forellen in einer glitzernden Reihe am grasbewachsenen Ufer des Teiches.
Als sie zurückkehrten, untersuchte Tante Pol ihren Fang gründlich, während der Himmel sich im Sonnenuntergang rosig färbte. »Sehr schön«, sagte sie, »aber ihr habt vergessen, sie auszunehmen.«
»Oh«, machte Barak. Er sah sie leicht gequält an. »Wir dachten… wir, nun, was ich meine, also da wir sie gefangen haben…« Er ließ den Satz unbeendet.
»Sprich weiter«, sagte sie gelassen.
Barak seufzte. »Ich schätze, wir nehmen sie besser aus«, sagte er bedauernd zu Garion und Durnik.
»Wahrscheinlich hast du recht«, pflichtete ihm Durnik bei.
Gegen Abend hatte sich der Himmel purpurn gefärbt, und die Sterne waren herausgekommen, als sie sich zum Essen niedersetzten. Tante Pol hatte die Forellen goldbraun und knusprig gebraten. Selbst die schmollende kleine Prinzessin fand keinen Grund, sich über ihr Essen zu beklagen.
Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten, stellten sie ihre Teller beiseite und widmeten sich wieder dem Problem Ce’Nedras und ihrer Flucht aus Tol Honeth. Jeebers war in eine solch tiefe Niedergeschlagenheit versunken, daß er nur wenig zu dem Gespräch beitragen konnte. Ce’Nedra verkündete unerbittlich, sie würde sofort wieder weglaufen, wenn man sie den Borunern in der Stadt übergäbe. Am Ende waren sie zu keinem Entschluß gekommen.
»Egal, was wir tun, wir werden Ärger bekommen«, faßte Silk das Ganze bedauernd zusammen. »Selbst wenn wir sie ihrer Familie aushändigen, wird es einige unangenehme Fragen geben. Außerdem können wir uns sicherlich darauf verlassen, daß sie eine farbenprächtige Geschichte erfindet, die uns in schlechtestem Licht darstellt.«
»Wir können morgen weiter darüber sprechen«, sagte Tante Pol. Ihr entschiedener Ton deutete an, daß sie bereits einen Entschluß gefaßt hatte, aber sie sagte weiter nichts.
Kurz vor Mitternacht floh Jeebers. Sie erwachten von dem Hufgeklapper seines Pferdes, als der Lehrer in panischer Angst im Galopp auf die Mauern Tol Borunes zustob.
Silk stand im flackernden Licht des ersterbenden Feuers, sein Gesicht war zornig. »Warum hast du ihn nicht aufgehalten?« fragte er Hettar, der Wache gestanden hatte.
»Ich sollte nicht«, sagte der ledergekleidete Algarier mit einem Blick auf Tante Pol.
»Damit ist das einzige echte Problem, das wir hatten, gelöst«, erklärte Tante Pol. »Der Schulmeister wäre nur überflüssiger Ballast gewesen.«
»Du wußtest, daß er davonlaufen würde?« fragte Silk.
»Natürlich. Ich habe ihm geholfen, zu diesem Entschluß zu gelangen. Er wird geradewegs zu den Borunern gehen und seine eigene Haut zu retten versuchen, indem er ihnen erzählt, die Prinzessin sei ganz allein aus dem Palast entwischt und daß wir sie nun hätten.«
»Dann müßt ihr ihn aufhalten«, sagte Ce’Nedra mit bebender Stimme. »Lauft ihm nach! Bringt ihn zurück!«
»Nach all den Mühen, die ich hatte, ihn dazu zu überreden, daß er geht?« fragte Tante Pol. »Sei nicht albern.«
»Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden?« fragte Ce’Nedra. »Du scheinst zu vergessen, wer ich bin.«
»Junge Dame«, sagte Silk höflich, »ich glaube, du wärst erstaunt, wie wenig es Polgara kümmert, wer du bist.«
»Polgara?« stammelte Ce’Nedra. »Polgara? Ich dachte, du hättest gesagt, sie wäre deine Schwester.«
»Ich habe gelogen«, gestand Silk. »Das ist einer meiner Fehler.«
»Du bist kein einfacher Kaufmann«, beschuldigte das Mädchen ihn.
»Das ist Prinz Kheldar von Drasnien«, sagte Tante Pol. »Die anderen haben ähnlichen Rang. Du siehst jetzt sicherlich ein, wie wenig uns dein Titel bedeutet. Wir haben unsere eigenen Titel, und deswegen wissen wir auch, wie leer sie sind.«
»Wenn du
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