Zauber der Sonneninsel
hatte Mühe, ihre Gespräche zu verstehen.
Später saß sie auf der Motorhaube des Lastwagens und reichte den Leuten den Ziegenlederbeutel mit Wein. Währenddessen beobachtete sie Tomás, der sich leichtfüßig wie ein Tänzer bewegte, obwohl er am härtesten arbeitete. Sein leichtes Baumwollhemd war schon nach einigen Stunden so verschwitzt, dass es ihm am Körper klebte und sich die harten Muskeln seines Oberkörpers darunter abzeichneten. Er war überwältigend attraktiv, der größte und bestaussehende Mann von allen. Petra fühlte den Wunsch in sich aufsteigen, diese glatte braune Haut mit ihrer Zunge zu berühren und den salzigen Geschmack zu kosten.
Als sie die meisten der duftenden Früchte eingebracht hatten, kam er zu ihr und sah mit strahlenden Augen zu ihr auf.
“Um Himmels willen, geben Sie mir sofort etwas zu trinken! Ich fühle mich wie ausgedörrt.”
“Wie schaffen Sie das bloß?” fragte Petra bewundernd und reichte ihm den Weinbeutel. “Ich wäre jetzt schon tot.”
“Dann eignen Sie sich nicht zur Gutsherrin.” Tomás hob den Beutel hoch, legte den Kopf zurück und ließ den Wein in seinen Mund fließen.
“Sie wirken richtig glücklich”, sagte er und gab ihr den Beutel zurück.
“Das bin ich auch.” Sie lächelte ihm zu. “Ich bin schon lange nicht mehr so glücklich gewesen.”
“Gut.” Er stemmte die Fäuste in die Hüften und grinste. “Warum starren Sie mich so an?”
Sie errötete. “Ich habe gerade gedacht, dass Sie jetzt ganz anders aussehen als sonst. Und ich habe Sie einen reichen Müßiggänger genannt! Was Sie heute getan haben, würde jeden normalen Menschen umbringen.”
“Man gewöhnt sich daran.” Tomás betrachtete ihre Figur mit unverhohlener Bewunderung. Sie trug verblichene Jeans und ein buntes Hemd, das über den Brüsten spannte, und eine der Frauen hatte ihr einen Strohhut zum Schutz gegen die Sonne gegeben.
“Und Sie, Miss Petra? Sie sehen heute auch anders aus.” Sein Blick glitt ihren Hals hinab bis zu der Stelle, wo ihr Hemd mit seiner Nadel zusammengehalten wurde.
“Tomás, ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll”, sagte Petra und berührte die Perle mit ihren Fingerspitzen. “Das ist ein sehr wertvolles Geschenk.”
“Sie brauchen mir nicht zu danken.” Er lächelte.
“Sie ist wundervoll und kostbar. Ich habe geweint, als ich sie entdeckte.” Petra sah ihm in die Augen. “Ich danke Ihnen”, sagte sie schlicht.
“Es ist ein altes Erbstück. Übrigens haben Sie sich einen netten Platz dafür ausgesucht. Wenn es sticht, küsse ich den Schmerz fort.”
“Ich glaube, es wird Zeit, dass Sie wieder an die Arbeit gehen”, erwiderte Petra würdevoll.
“Stimmt”, gab er zu. “Vielleicht steckt in Ihnen doch eine Gutsherrin.” Er ging wieder an die Arbeit und überließ Petra ihren Träumereien.
Am frühen Nachmittag war die Arbeit beendet, genau wie Tomás vorausgesagt hatte. Die beladenen Lastwagen wurden von Fahrern abgeholt und brausten einer nach dem anderen durch das Tor in Richtung Palma davon. Innerhalb weniger Tage würden die Früchte ihre Bestimmungsorte in ganz Europa erreicht haben.
Unter den Bäumen wartete auf großen Tischen ein üppiges Essen auf die Helfer, und plötzlich wurde der Tag zum Fest. Petra betrachtete die lachenden braunen Gesichter und sah zu, wie die Leute sich auf die Schüsseln mit Paella und die Krüge voll Sangria stürzten. Sie kam sich vor wie in einer längst vergangenen Zeit.
Auch sie war sehr hungrig und vertilgte eine Unmenge Muscheln und Garnelen, aber Tomás aß kaum etwas.
“Mir ist einfach zu heiß”, bekannte er. “Und ich fühle mich schmutzig. Übrigens ist das die neunzehnte Muschel, ich habe mitgezählt. Sie werden Magenschmerzen bekommen.”
“Das glaube ich nicht.” Sie lächelte ihm zu und nahm sich noch eine Muschel. “Ich kann mehr davon vertragen, als Sie denken. Aber Sie müssen auch etwas essen, Tomás.”
“Ich gehe zuerst schwimmen”, erwiderte er.
“Haben Sie einen Swimmingpool?” fragte Petra sehnsüchtig, denn sie fühlte sich auch sehr verschwitzt.
Tomás grinste sie an. “Ich habe meinen Teich.”
“Oh.” Petra kannte die Teiche auf Mallorca, die ursprünglich als Wasserspeicher angelegt worden waren, den Bauern aber auch zum Baden dienten. Doch für englische Begriffe wirkten diese grünlichen, algenüberwucherten Gewässer nicht gerade einladend.
“Haben Sie Lust, mich zu begleiten?” fragte er scheinheilig.
“Ich komme
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