Zauber der Sonneninsel
Hoffnung mehr. Sie wandte sich von ihm ab. “Was immer du von mir denkst, Tomás”, sagte sie ruhig, “ich möchte, dass du weißt, wie leid mir alles tut, was gestern Abend passiert ist. Und was deine finanzielle Situation angeht, so habe ich nur deshalb darüber nachgedacht, weil es mit dir zu tun hat und weil mir auch das leid tut. Du hättest es mir erzählen sollen.”
“Ich will weder deine Entschuldigungen noch dein Mitleid”, erwiderte er scharf. “Spar dir das alles für den nächsten Mann auf.”
“Es wird keinen nächsten Mann für mich geben. Du bist wirklich ein Narr, wenn du das nicht weißt, Tomás.” Während sie in sein hartes, kaltes Gesicht sah, fühlte Petra eine Welle der Verzweiflung in sich aufsteigen und flüsterte: “Warum muss es nur so enden?”
“Es endete letzte Nacht”, entgegnete Tomás unbewegt. “Und glaub mir, Petra, ich bedaure das nicht. Du bedeutest jetzt nicht mehr für mich, als ich für dich bedeutet habe.”
Petra spürte, dass dies das Ende war, und verließ den Raum. Als die Tür zuschlug, hatte sie das Gefühl, alles verloren zu haben, was ihr jemals etwas bedeutet hatte: ihre Hoffnungen, ihre Liebe, ihr Leben.
Draußen erwartete sie Cristina mit kalter Wut im Blick.
“Du kleine Schlampe”, fauchte sie. “Ich habe alles gehört. Auf meiner Yacht! In meinem Bett!”
Petra wischte sich müde die Tränen vom Gesicht. “Dann haben Sie ja auch gehört, dass ich Tomás für den Besitzer der ‘Epoca’ hielt.”
Cristina versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. “Sie, eine Jungfrau? Dass ich nicht lache! Indem Sie sich meine Yacht und mein Bett aussuchten, wollten Sie wohl Ihre Macht demonstrieren? Ich könnte Sie umbringen!”
Ein Blick auf das bleiche, wutverzerrte Gesicht Cristinas überzeugte Petra, dass es wirklich so gemeint war. “Ich wollte niemanden verletzen”, sagte sie so beherrscht wie möglich. “Es ist einfach so passiert.”
“Bei Ihnen passiert nichts einfach so”, erwiderte Cristina verächtlich. “Ich hatte keine Ahnung, dass die Sache schon so weit fortgeschritten war! Aber trotzdem ist sie jetzt vorbei.” Petra merkte, dass Cristina verzweifelt versuchte, sich zu beherrschen. “Sie haben das Spiel verloren, Petra. Er hat seinen Spaß mit Ihnen gehabt, aber nun ist es genug. Tomás Torres gehört mir, und dagegen können Sie nichts tun. Nichts!”
“Cristina …”
“Gehen Sie, bevor ich etwas tue, das ich hinterher bereue. Bieten Sie Ihre Jungfernschaft jemand anderem an!”
Sie rauschte an Petra vorbei, als existiere sie nicht mehr, und verschwand in Tomás’ Zimmer.
Petra konnte sich kaum auf ihre Arbeit bei Gomila & Rodriguez konzentrieren, denn ihre Gedanken waren ein einziges Durcheinander.
Mittwochabend brachte James Neuigkeiten aus dem Krankenhaus. Tomás war einen Tag nach Petras Besuch entlassen worden und erholte sich schnell von seiner Verletzung.
James setzte sich neben Petra ans Fenster ihres Zimmer, wohin sie sich jeden Tag nach der Arbeit zurückzog. “Du solltest ihn anrufen.”
“Nein.”
“Er macht dich für den Vorfall verantwortlich, nicht wahr?” Sie antwortete nicht, und er fuhr eindringlich fort: “Aber vielleicht denkt er inzwischen anders darüber, oder er erinnert sich nicht mehr daran. Eine Gehirnerschütterung kann seltsame Auswirkungen haben.”
“Ja, ich weiß.”
“Wahrscheinlich sehnt er sich nach dir.”
Petra sah schweigend aus dem Fenster.
“Warum fährst du nicht nach Alcamar und erklärst ihm alles?”
“Nein. Ich werde ihm das nie begreiflich machen können.”
“Aber glaubst du nicht …”
“Bitte, James, ich möchte allein sein.”
Mit einem resignierten Seufzer stand James auf und polterte die Treppe hinunter. Er verstand sie nicht. Wie sollte er auch?
Seit Tagen befand Petra sich in einer dumpfen, bitteren Verzweiflung, und sie war zu erschöpft, um sich daraus zu befreien. Im Büro und zu Hause hatten sich alle rührend um sie gekümmert, aber sie sehnte sich nur danach, allein zu sein. Undeutlich war ihr bewusst, dass diese Apathie ein Selbstschutz war.
Welche Ironie: Sa Virgen hatte sie zusammengebracht und wieder getrennt. Wegen eines dummen Missverständnisses hatte sie alles verloren. Wie war sie verblendet gewesen von Barry Lear, Andres Peraza und Julia Symmonds! Hätte sie sich in ihrem Liebestraum mit Tomás nur ein bisschen Zeit genommen, um über alles nachzudenken.
Wäre sie, hätte sie …
Tränen liefen ihr über die Wangen,
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