Zauber der Vergangenheit
Kleid ist wirklich wundervoll, Rose. Aber ich fürchte, dass ich es mir nicht leisten kann«, sagte ich niedergeschlagen.
»Ach, was.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sie schulden mir nichts, Miss Violet. Versprechen Sie mir nur, dass sie meinen Namen erwähnen, wenn Sie gefragt werden, woher Sie es haben.« Ich konnte mein Glück kaum fassen.
»Aber das kann ich doch nicht annehmen. Das Kleid ist doch viel zu kostbar.« Rose lächelte und legte mir ihre Hände auf die Schultern.
»Ich würde es keiner anderen Person eher anvertrauen, als Ihnen, Miss Violet. Bitte tun Sie mir den Gefallen und tragen Sie es auf dem Ball.« Sie sah mich so lange bittend an, bis ich nachgab.
»Danke, Rose. Es wird mir eine Ehre sein. Das ist wirklich das schönste Kleid, das ich je gesehen habe.« Ich kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Ich hatte noch nie etwas besessen, das so schön war. Rose strahlte von einem Ohr zum anderen.
»Sie machen mich ja richtig verlegen, Kindchen. Und nun sollten wir uns überlegen, was wir mit Ihren Haaren machen.« Rose steckte meine Locken ordentlich auf eine Seite, so dass sie mir über die linke Schulter fielen.
»Sie haben so wunderschöne Locken. Es wäre eine Schande das Haar hochzustecken. Außerdem können Sie die Maske so auch viel besser binden.« Die Maske! Ich erschrak. Zu einem Maskenball gehörte selbstverständlich auch eine Maske.
»Oh Gott, Rose, die habe ich ja total vergessen. Wissen Sie, wo ich auf die Schnelle noch eine herbekommen könnte?«, fragte ich.
»Keine Sorge, Kind, das bekommen wir schon hin.« Sie tätschelte mir mit der Hand die Schulter und lächelte mich an. Dann drehte sie sich um und zog an einer kleinen Schnur, die neben der Tür an der Wand gegenüber hing. Das Geräusch einer hellen Glocke ertönte. Keine Minute später betrat eine zierliche, junge Frau den Raum. Sie hatte strohblondes Haar, das sie zu einem Zopf geflochten hatte, und trug Dienstbotenkleidung. »Miss Olivia, bitte gehen Sie zu Mister Porter und bitten Sie ihn, uns ein paar seiner venezianischen Masken auszuleihen. Und sagen Sie ihm, dass ich Sie geschickt habe.« Das Mädchen nickte und machte einen kurzen Knicks. Dann verschwand sie.
»Er ist mir noch einen Gefallen schuldig«, sagte sie an mich gewandt und kicherte. Dann beschäftigte sie sich weiter mit meinen Haaren. Als sie fertig war, kam Lilian herein. Sie hatte sich ein hellgrünes Kleid ausgesucht, das am Korsett mit vielen kleinen Bändern versehen war, die zu einem Muster verflochten waren. Diese wirkten wie sich am Stoff entlangrankende Schlingpflanzen. Der Rock bestand aus einem luftigen, tüllartigen Stoff, der bei jedem Schritt hin- und herwogte. Die Farbe unterstrich ihr leuchtend rotes Haar und ließ sie aussehen wie eine märchenhafte Elfe.
»Du siehst toll aus«, sagte ich und bewunderte dabei ihre Hochsteckfrisur. Miss Thomas hatte ganze Arbeit geleistet. Lilians langes Haar hatte sie mit vielen, kleinen, glitzernden Nadeln nach oben gesteckt. Vorne hatte sie ein paar einzelne Strähnen herausgezogen, die ihr ins Gesicht fielen und die Konturen sanft umrahmten. »Danke, du aber auch«, sagte Lilian und strahlte dabei über das ganze Gesicht. Ungefähr zehn Minuten später kam Olivia mit einer kleinen Truhe zurück. Als Rose sie öffnete, war ich beinahe sprachlos. Mister Porter hatte sich nicht lumpen lassen und Olivia offenbar sein halbes Sortiment mitgegeben. Der Gefallen, den er Rose schuldete, musste also wohl doch größer sein, als sie angedeutet hatte. Von schlicht bis pompös war alles dabei. Ich probierte verschiedene Modelle auf, eines schöner als das andere. Schließlich entschied ich mich für eine schmale, feingliedrig verschnörkelte, schwarze Maske, die über den Augen mit kleinen Glitzersteinen besetzt war. Lilians Wahl fiel auf eine goldene Maske, die ihre Augen wie die einer Katze erscheinen ließen. An den äußeren Enden waren ein paar kleine Federn angebracht, die ihren Elfen-Look noch unterstrichen. Plötzlich erschrak sie. Sie wurde ganz hektisch und sah sich suchend um.
»Violet, wir haben komplett die Zeit vergessen. Miss Thomas, können Sie mir bitte sagen, wie spät es ist?«
»Dreiviertel sieben«, antwortete Miss Thomas.
»Schon so spät? Ich werde schnell loslaufen und Drew sagen, dass wir noch ein wenig Zeit brauchen.«
»In Ordnung, aber sag ihm nicht, wie ich aussehe. Ich möchte ihn überraschen.«
»Lass dir ruhig Zeit«, sagte sie und verschwand aus der
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