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Zauber der Vergangenheit

Zauber der Vergangenheit

Titel: Zauber der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Goldbach
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eigentlich gekannt?«, fragte ich beiläufig, immer noch das Foto in den Händen haltend.
    »In gewisser Weise war er für mich auch so etwas wie mein Großvater. Ich hatte nämlich keinen mehr. Ich habe meine Nachmittage abwechselnd auf dem Fußballplatz und bei ihm verbracht. Er hat mir viel beigebracht.«
    »Was denn zum Beispiel?«, fragte ich.
    »Wie man Sachen repariert«, antwortete er. »So hab ich beispielsweise gelernt, wie man eine kaputte Taschenuhr wieder zum Laufen bringt.«
    »Hat er dir auch beigebracht, wie man in Häuser einbricht?«
    »Nein, das haben Drew und ich ganz alleine herausgefunden.«
    »Drew und du?« Die Erinnerung an Drew versetzte meinem Herz einen Stich.
    »Ja, wir waren mal richtig gute Freunde.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Das hat Drew dir doch schon erzählt.«
    »Ich will aber deine Version hören«, beharrte ich.
    »Also gut …«, gab er nach. »Drew und ich sind zusammen zur Schule gegangen. Und wir haben auch zusammen Fußball gespielt. Irgendwann hat er mich mal gefragt, wo ich immer stecke, wenn ich nicht zum Spielen kam. Ich habe ihm erzählt, dass ich in der Werkstatt deines Großvaters helfe, und da wollte er auch mitkommen. Ich hatte nichts dagegen. Wir konnten eine helfende Hand gebrauchen. Eine Weile hatten wir unheimlich viel Spaß zusammen. Irgendwann kam dein Großvater zu uns und sagte, er habe da etwas und ob wir es nicht mal zusammen mit ihm testen wollten. Er gab uns die Ringe. Drew und ich wussten nicht, was wir damit anfangen sollten. Er erklärte uns, dass man damit in der Zeit reisen könne. Wir haben ihn natürlich für verrückt erklärt, aber dann stellte sich heraus, dass er nicht gelogen hatte. Zusammen mit ihm unternahmen wir unsere erste Expedition ins 17. Jahrhundert. Es war furchtbar aufregend und nach dem ersten Mal schworen wir uns, nie wieder etwas so Unvernünftiges zu tun. Doch dann wurde es wie eine Sucht. Es war der Reiz des Verbotenen, der Kick sich nicht erwischen lassen zu dürfen. Es war ein Abenteuer. Aber irgendwann hat Drew sich irgendwie verändert. Er wollte mich immer öfter davon abhalten, mit deinem Großvater in die Vergangenheit zu reisen. Und dann kam der Tag, an dem er deinen Großvater und mich hintergangen und hier zurückgelassen hat. Ich konnte nicht verstehen, wie er uns so etwas antun konnte. Ich dachte, wir wären Freunde. Ich habe ihm das nie verziehen. Als wir bemerkten, dass wir hier gefangen waren, war es dein Großvater, der sich meiner annahm. Er verschleierte unsere Identität, indem er mich als den jungen Herzog von Colesbury ausgab und sich selbst als meinen Vater. Erstaunlicherweise zweifelte niemand unsere Identität an. Einzig die Scotts wussten, dass wir nicht hierhergehörten. Zumindest vermuteten sie es. Von da an waren wir immer darauf bedacht, uns nicht zu verraten und uns, soweit es ging, anzupassen, damit niemand Verdacht schöpfte.«
    »Es muss schrecklich für dich gewesen sein, nicht zu wissen, ob du deine Familie jemals wiedersehen wirst«, bemerkte ich.
    »Ich habe keine Familie mehr. Ich bin im Heim aufgewachsen. Trotzdem war es am Anfang hart. Aber mit der Zeit verblassen die Erinnerungen, weißt du. Deshalb hat dein Großvater die Fotos aufbewahrt. Er hatte sie zuvor immer in seiner Brieftasche.«
    »Das tut mir leid«, sagte ich betroffen.
    »Braucht es nicht«, entgegnete er. »Ich hab meine Familie nie gekannt.«
    »Warum hast du keinen Kontakt mehr zu ihm?«, fragte ich, um vom Thema etwas abzulenken.
    »Als ich alt genug war, ging ich zur Uni. Dort gab es Quartiere für die Studenten. Ich bin dort hingezogen und habe gelegentlich das Arbeitszimmer in seinem Haus genutzt. Er selbst war von da an ständig unterwegs, da er mich ja nicht mehr versorgen musste. Er bereiste das Land und schrieb mir oft Briefe. Aber auch die wurden mit der Zeit seltener. Wir haben uns mit unserer Situation abgefunden und jeder für sich versucht, uns ein eigenes Leben aufzubauen.«
    »Also hat er es irgendwann aufgegeben einen Weg zu suchen, wie ihr wieder zurückkommt?«
    »Er hat es einige Jahre lang probiert, aber es gelang ihm nicht, und dann hat er eines Tages zu mir gesagt, dass er es nicht weiter versuchen würde.«
    Umsichtig legte ich die Mappe wieder in die Schublade der Anrichte zurück und sah ihn an. Er wirkte fast hilflos, wie er da so stand inmitten seiner eigenen Erinnerungen. Sein Blick war unnahbar. Er schien mit den Gedanken weit weg zu sein. Einem Gefühl folgend ging ich auf ihn zu

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