Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
nicht machen. Du kannst mich nicht einfach fortschicken wie die anderen. Das hier beendest du nicht ohne Vorhaltungen , weil es nämlich mehr ist, als du erwartet hast. Oder gewollt. Es ist mehr, als sicher für dich ist.« Er hielt sie förmlich mit seinem Blick fest. »Ich werde es nicht zulassen.«
»Du hast keine Wahl!« Sie schaute ihn zornig und selbstbewusst an. »Wir hatten eine Vereinbarung!«
»Wir hatten auch vereinbart, ehrlich zueinander zu sein, und du warst nicht ehrlich.«
»Ich war ganz gewiss...«
»Also sei es jetzt«, befahl er geradezu. »Liebst du mich?«
Ihr stockte der Atem. Ja! »Nein.«
»Du lügst.« Er ließ sie los, und plötzlich wurde seine Stimme sehr ruhig, kühl und distanziert. »Und du machst es nicht einmal gut.«
Ich mache es sehr gut! Sie atmete tief durch, um sich zu wappnen. »Ich halte es für das Beste, wenn du jetzt gehst.«
»Wahrscheinlich.« Eine halbe Ewigkeit sah er sie schweigend an. »Das kommt dir sehr gelegen, nicht wahr, Judith?«
»Was?«
»Dieser unsinnige Streit. Deine übertriebene Wut.«
»Ich erkenne nichts Unsinniges oder Übertriebenes. Du warst herablassend, arrogant und überheblich mit deiner«, sie legte eine Pause ein, um das Wort zu betonen, » Vergebung .«
»Da hast du vollkommen recht. Die Tatsache, dass ich es nicht beabsichtigte, dass ich eigentlich die Absicht hatte, dich zu verteidigen, ebenso wie meine Entschuldigung, macht die Beleidigung nicht rückgängig. Dennoch, deine Wut scheint mir erstaunlich passend.« Er lachte so verbittert, dass es ihr eiskalt den Rücken hinunterlief. »Sie ist ein legitimer und wirkungsvoller Vorwand, mich aus deinem Haus zu vertreiben – vielleicht sogar aus deinem Leben.«
Sie bekam kaum noch Luft.
»Eines sollst du jedoch wissen, Judith«, sagte er und sah ihr in die Augen. »Was auch immer geschehen mag, wie die Umstände sind, ob Eifersucht oder irgendetwas anderes im Spiel sind, ich würde dir nie im Leben wehtun. Niemals.«
Ihr Herz setzte aus, und gleichzeitig bildete sich ein Kloß in ihrem Hals. Sie wollte nichts sehnlicher, als sich in seine Arme zu werfen. Stattdessen nickte sie. »Du solltest gehen.«
»Das werde ich auch, für heute, aber glaube mir, so leicht wirst du mich nicht los.« Er ging zur Tür, zog sie auf und drehte sich noch einmal zu Judith um. »Ungeachtet dessen, was du im Moment denkst, durch alles, was heute Abend geschehen ist, sehe ich eines jetzt doch weit klarer, als ich es je erlebt habe.«
»Aha?« Sie hielt den Atem an.
»Ich bin nicht derjenige, der nicht über deine Vergangenheit hinwegkommt, Judith.« Er schüttelte den Kopf. »Das bist du.«
Und dann war er fort.
»Bei allem, was heilig ist, was tust du hier?« Helmsley beäugte Gideon verschlafen und zurrte den Gürtel seines Morgenmantels fester. »Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?«
»Natürlich habe ich das«, tat Gideon seine Bemerkung ab. »Es ist sehr spät oder sehr früh, je nachdem, welchen Blickwinkel man wählt.«
»Ich hatte gar keinen Blickwinkel. Ich schlief!« Helmsley gähnte ausgiebig. »Edwards meinte, du hättest darauf bestanden, mich zu wecken, mithin gehe ich davon aus, dass es dringend ist.«
»Ich versichere dir, es ist.« Gideon ging voraus Richtung Helmsleys Bibliothek. »Ich muss unbedingt sofort mit dir sprechen.«
»Jetzt?« Helmsley schlurfte müde hinter ihm her.
»Ich konnte nicht schlafen«, sagte Gideon, was insofern der Wahrheit entsprach, als Schlafen das Letzte war, woran er im Moment dachte.
Vor Stunden hatte er Judiths Haus verlassen. Er war fest entschlossen gewesen, zu sich zu fahren, hatte stattdessen aber seinen Kutscher angewiesen, ihn quer durch die Stadt zu kutschieren. Er musste über das, was zwischen ihnen gewesen war, nachdenken, es verarbeiten, ja, buchstäblich analysieren, und das könnte er gewiss nicht dort, wo Tante Louisas Einmischung nicht nur möglich, sondern höchstwahrscheinlich war. Sie war nicht zu Violets Soiree geladen gewesen, und wenngleich sie behauptete, nicht den geringsten Wunsch zu verspüren, dorthin zu gehen, und des Weiteren beteuerte, sie hätte ohnehin abgesagt, wäre eine Einladung für sie gekommen, lag sie zweifellos wach, um ihn bei seiner Rückkehr über den Abend auszufragen. Sie hatte ihm prophezeit, dass er einen Fehler machte, indem er hinging, und ausnahmsweise hatte sie recht behalten.
»Ich könnte problemlos schlafen. Ja, ich habe sogar geschlafen, tief und fest«, murrte Helmsley, der an der
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