Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
nachdenklich.
»Vielleicht. Dennoch hätte ich nicht die Beherrschung verlieren dürfen. Das war unverzeihlich. Ich weiß nicht, was ich mir dabei dachte.«
»Ich verlor ebenfalls die Beherrschung, und dafür möchte ich mich bei dir entschuldigen.«
»Angenommen«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln.
»Judith...«
»Du hast vollkommen recht, was meine... sagen wir, Schwierigkeiten in Bezug auf meine Vergangenheit betrifft.« Ihr Lächeln wurde für einen Sekundenbruchteil ein klein wenig schwächer. »Ich habe in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht, und mir scheint jetzt, dass ich während der vergangenen zehn Jahre eigentlich nur auf der Stelle getreten bin. Ja, ich habe geatmet, mich bewegt und meine kleinen Abenteuer gehabt, aber ich erlaubte mir nicht, wirklich zu leben. Und es wird höchste Zeit, dass ich es tue.«
Hoffnung regte sich in ihm, und er ging auf sie zu. »Judith...«
»Gideon, bitte.« Sie wich zurück. »Sei so höflich und lass mich sagen, was ich dir sagen will. Deshalb bin ich hier. Ich muss meine Vergangenheit hinter mir lassen. Und du, nun ja«, sie sah ihn an, »du bist Teil dieser Vergangenheit.«
»Was?«, rief er schockiert und ungläubig.
»Ich muss mein Leben neu beginnen. Das siehst du doch gewiss ein.«
»Und was ist mit uns?«, fragte er entgeistert.
»Gideon, mein Lieber, es gibt gar kein uns . Oh, wir hatten eine schöne Zeit zusammen, wirklich, es war das schönste all meiner Abenteuer, aber wir wussten von Anfang an, dass es nichts Dauerhaftes sein sollte.«
»Und wenn ich jetzt will, dass es dauerhaft wird?«
Sie machte große Augen. »Ich hoffe, du sprichst nicht von Heirat.«
»Und falls doch?«
»Du und ich, wir wissen beide, dass ich nicht die Frau bin, die du heiraten solltest, und wir wissen außerdem, dass ich nicht dem entspreche, wonach du suchst. Außerdem«, ergänzte sie kopfschüttelnd, »habe ich dir gesagt, dass ich nicht noch einmal heiraten will.«
»Du könntest deine Meinung ändern.«
»Könnte ich wohl.« Sie verstummte, als würde sie darüber nachdenken, dann schüttelte sie wieder den Kopf. »Habe ich aber nicht.«
»Seinetwegen? Wegen deines Ehemannes?«
Sie zögerte eine Weile, bevor sie tief Luft holte und sagte: »Ja.«
»Ich würde dir niemals wehtun.«
»Das weiß ich. Aber ich könnte dir wehtun, und ich will nicht, dass es dazu kommt. Nein, manchen von uns ist es nicht bestimmt, verheiratet zu sein, etwas Dauerhaftes zu haben und...«
»Liebe?«
»Vielleicht. Aber Liebe hat eigentlich nichts damit zu tun. Du und ich haben schon in der Vergangenheit Liebe erlebt...«
»Was ich für Liebe hielt . Das ist etwas ganz anderes.«
»Ja, natürlich ist es das, weil wir inzwischen älter und hoffentlich auch weiser sind. Und wie zivilisierte Menschen stellten wir gewisse Regeln auf...«
»Wie Ehrlichkeit?«
»Ein gewisses Maß an Ehrlichkeit, ja.« Sie machte eine Pause, als müsste sie ihre Worte sorgfältig überlegen. »Wir einigten uns überdies darauf, dass sich unsere Wege trennen, sobald einer von uns die Beziehung beenden will, ohne dass wir uns gegenseitig Vorwürfe machen, und...«
»Und?«
»Und dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen.«
Er starrte sie ungläubig an. »Um mir das zu sagen, bist du hier?«
»Ich dachte daran, dir einen Brief zu schreiben, aber das erschien mir feige.«
»Ich dachte, du wärst hier, um... um...«
»Um was?«
»Auf jeden Fall nicht, um mir zu erzählen, dass du es beenden willst«, antwortete er schroff.
»Es tut mir leid, wenn es für dich unerwartet kommt.« Ihr Ton war überraschend gelassen, als wären ihre Worte gänzlich bedeutungslos. »Nach unserem letzten Abend dachte ich, du würdest damit rechnen.«
»Nein, ich rechnete ganz und gar nicht damit. Was ich erwartet hatte, war, dass du erkennst...«
»Was?«
»Dass das, was wir haben, mehr ist als bloß ein Abenteuer.« Er starrte sie wütend an.
Sie erwiderte seinen Blick eine Weile stumm, bevor sie sagte: »Aber es kann nicht mehr sein. Unser Los ist uns vorbestimmt. Unser Schicksal steht bereits fest.«
»Das ist lächerlich, und das weißt du auch. Man gestaltet sein Schicksal durch die Entscheidungen, die man trifft. Die Vorstellung, dass es im Leben keine Wahl gibt, ist nichts als eine Entschuldigung für...«
»Wofür?« Sie reckte trotzig das Kinn.
»Feiges Verhalten.« Er ging auf sie zu. »Kannst du leugnen, etwas für mich zu empfinden?«
»Sei nicht albern, natürlich empfinde ich etwas für
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