Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
zerstört wird. Es wäre besser für ihn, nein, ich glaube, es wäre für Sie beide besser, wenn Sie diese Beziehung beenden, bevor sie sich noch weiterentwickelt.« Ein Hauch von Mitgefühl legte sich auf Louisas Züge. »Es ist ein Jammer, dass Sie und er sich nicht vor Jahren begegnet sind. Ich könnte mir vorstellen...«
Die Tür ging auf, und Gideon trat mit zwei Gläsern in den Händen in die Loge.
»Erfrischungen«, verkündete er. »Oder wenigstens etwas, das unter dieser Bezeichnung verkauft wird. Ich glaube, es ist Limonade.« Sein Blick wanderte von Judith zu Louisa und wieder zurück. »Wie kommt ihr zwei miteinander aus?«
»Recht gut, Gideon«, antwortete Louisa und stand auf. »Ich begreife gar nicht, dass du dir Sorgen machtest. Wir haben ganz reizend geplaudert.«
»Und worüber habt ihr geplaudert?«, fragte er vorsichtig.
»Über nichts Bedeutendes«, antwortete Louisa munter.
»Ganz und gar nicht bedeutend«, pflichtete Judith ihr bei und lächelte Gideon an. »Größtenteils über dich.«
Er sah ihr in die Augen, und für einen Moment waren alle Gedanken an seine Tante aus ihrem Kopf vertrieben. »Demnach bin ich unbedeutend?«
»Du bist...« Von größter Bedeutung für mich. Judith zwang sich, einen spöttelnden Ton anzuschlagen. »Du bist arrogant und nimmst dich selbst schon wichtig genug.«
»Aber charmant durchaus auch«, sagte er grinsend.
»Durchaus auch charmant«, bestätigte sie lächelnd.
»Guter Gott«, murmelte Louisa und seufzte. »Ich muss gehen. Ich ließ meine Freunde unbeaufsichtigt, und sie werden allen erdenklichen Unfug anstellen, wenn ich nicht bald zu ihnen zurückkomme.«
Gideon hielt ihr ein Glas hin. »Deine Limonade.«
Louisa schüttelte sich angewidert. »Mein lieber Junge, ich verabscheue Limonade.« Nachdem sie sich bereits zum Gehen gewandt hatte, drehte sie sich noch einmal um. »Ich würde mich gern später in Ruhe mit dir zu Hause unterhalten, Gideon.«
»Was für ein wunderbarer Zufall, Tante.« Gideon schaute Louisa streng an. »Denselben Wunsch verspürte ich ebenfalls.«
»Ich freue mich schon darauf.« Louisa sah zu Judith. »Genießen Sie den Rest der Aufführung, Judith. Trotz der Absurdität des Stückes werde ich es gewiss auch tun. Guten Abend.«
»Guten Abend, Louisa«, sagte Judith, ohne auch nur einen Anflug von Erleichterung ob Lady Radburys Gehen zu empfinden.
Louisa verschwand, schloss die Tür hinter sich, und Gideon reichte Judith ein Glas, bevor er sich setzte.
»Du nennst sie Louisa?«, fragte er sanft.
»Wir werden sehr gute Freundinnen werden«, sagte sie betont beiläufig.
»Das bezweifle ich. Desgleichen bezweifle ich, dass eure Unterhaltung unbedeutend war.«
Judith nippte an ihrem zu süßen Getränk.
»Du hast nicht vor, mir zu erzählen, worüber ihr gesprochen habt, oder?«, fragte Gideon.
»Nettigkeiten. Die Aufführung. Dinge, über die man eben in einer Theaterpause redet.«
Er sah sie an. »Ich glaube dir nicht.«
»Du hast mich ertappt!« Sie stieß einen sehr dramatischen Seufzer aus. »Wir sprachen über die Lage der Welt, ob es Krieg mit Russland geben wird, und ob die Röcke nächstes Jahr noch bauschiger werden.«
Er gab einen verächtlichen Laut von sich. »Kaum möglich.«
»Es war nichts Wichtiges«, sagte sie und blickte zur Bühne. »Das Stück geht weiter.«
Was der Wahrheit entsprach. Louisas Sorge war unbegründet und mithin nicht von Bedeutung. Judith hatte nicht die Absicht, Gideon zu heiraten. Zugegebenermaßen entsprach ihre Beziehung bislang nicht ihren üblichen Gewohnheiten , aber mit Gideon fühlte sie sich auch wie mit keinem anderen Mann seit ihrem Ehemann. Oder mit keinem anderen Mann jemals? Sie verwarf diesen Gedanken, der nicht minder absurd war als Louisas Unterstellungen. Dennoch hatte sie bei ihren bisherigen Abenteuern selbst zu Beginn schon über deren Ende nachgedacht, wohingegen die Vorstellung, dass es mit Gideon endete, sie ihn nie wiedersehen würde, einen seltsamen Schmerz in ihrem Innern weckte. Ihr Herz? Auch das war unsinnig. Es musste einfach an der Intensität ihrer Leidenschaft gepaart mit der Romanze im Stück liegen.
Er beugte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich glaube dir kein einziges Wort.«
»Schhh.«
»Ich werde herausfinden, was genau zwischen dir und meiner Tante besprochen wurde.« Er machte eine kleine Pause. »Später.«
Sie erbebte vor Erregung. Später .
»Und ich werde alle Mittel einsetzen, über die ich verfüge, um dir die
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