Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
heiratete.«
»Ich kann mir nicht vorstellen...«
»Oh, Sie mögen nicht so verschlagen sein, aber sie war sich durchaus bewusst, was sie tat, und wusste, was sie wollte.«
»Ich würde ihn nie verletzen.«
»Nein, das würden Sie wahrscheinlich nicht. Nicht willentlich zumindest. Ich halte Sie für einen recht anständigen Menschen, wenigstens habe ich nichts Gegenteiliges gehört.« Sie betrachtete Judith nachdenklich. »Gideon muss heiraten, und Sie sind nicht die Sorte Frau, die er heiraten sollte. Mehr gibt es dazu wohl kaum zu sagen.«
»Sie haben recht, gibt es nicht«, bestätigte Judith mit fester Stimme. »Ich hege nicht die Absicht, Lord Warton zu heiraten. Ich hege überhaupt nicht die Absicht, irgendjemanden zu heiraten. Jemals.«
»Ihre Absichten sind nicht entscheidend«, erwiderte Lady Radbury ruhig.
»Selbstverständlich sind sie das.«
Lady Radbury schüttelte den Kopf. »Wenn Gideon von Ihnen besessen ist, wird er seine Verpflichtungen ignorieren.«
»Wir haben kaum angefangen, uns zu treffen.« Judith lachte. »Da scheint es mir überzogen, von besessen zu sprechen.« Zugegeben, sie bekam ihn nicht aus dem Kopf, aber auch das würde sie nicht besessen nennen. Und was Gideon betraf, galt ein Mann wohl kaum als besessen, wenn er volle zwei Tage vergehen ließ, ehe er das Objekt besagter Besessenheit wiedersah. »Der bloße Gedanke ist absurd.«
»Vielleicht«, sagte Lady Radbury achselzuckend. »Aber ich kenne meinen Neffen, sehr viel besser sogar, als er denkt. Niemals hätte ich den geringsten Zweifel daran gehegt, dass er tut, was von ihm erwartet wird, sobald die Zeit gekommen ist. Die eine Sache, die ich nicht bedacht hatte, weil ich nicht damit rechnete, waren Sie.«
»Ich?«
»Sie.« Wieder schüttelte Lady Radbury den Kopf. »Denn so vieles ich auch über Sie weiß, kenne ich Sie doch überhaupt nicht. Sie sind die unbekannte Bedrohung. Sollten Sie allerdings Ihren üblichen Gewohnheiten folgen, dann gibt es nichts, worüber ich mir Sorgen machen muss.«
»Meinen üblichen Gewohnheiten?« Judith bekam kaum die Worte über die Lippen.
»Ihre Affären dauerten nie länger als wenige Wochen, höchstens einen Monat. Dann trennten sich Ihre Wege und die des fraglichen Gentlemans auf eine weit herzlichere Weise, als es mir jemals gelang. Bis zum heutigen Tage sind Sie und diese Gentlemen, eine ziemlich geringe Zahl, wenn ich das hinzufügen darf, einander freundschaftlich verbunden«, sagte Lady Radbury mit einem freundlichen Lächeln.
Judith starrte sie ungläubig an. »Wie in aller Welt...«
»Also wirklich, Judith. London ist die größte Stadt auf Erden und das kleinste Dorf der Welt. Hier gibt es keine Geheimnisse, keine echten zumindest. Sie können unmöglich glauben, dass Ihre Aktivitäten unbeobachtet und unkommentiert blieben. Man hat sogar gelegentlich«, sie verkniff sich ein Grinsen, »Wetten abgeschlossen.«
»Ich wäre furchtbar enttäuscht, wären meine Aktivitäten nicht Gegenstand von Wetten geworden. Schließlich konnte ich in der Vergangenheit selbst hübsche Summen gewinnen. Das war schrecklich unfair, zugegeben, da ich ja stets genau wusste, was ich tun würde und was nicht.« Judith wischte ihr zunehmendes Unbehagen wie auch ihre Verärgerung beiseite und schenkte Gideons Tante ein strahlendes Lächeln. »Laufen zurzeit irgendwelche Wetten?«
»Noch nicht, aber die kommen ganz sicher noch.« Lady Radbury lächelte nicht minder strahlend. »Es sei denn, natürlich, Sie hören auf, meinen Neffen zu sehen.«
»Dann würde ich vorschlagen, dass wir beide uns schon einmal überlegen, wie viel wir setzen wollen.« Judith beugte sich vor und senkte die Stimme. »Louisa, darf ich Louisa sagen? Sehr schön. Erstens, Louisa, Lord Warton ist keineswegs von mir besessen. Als das vermeintliche Objekt seiner Obsession bin ich überzeugt, ich würde es als Erste bemerken. Zweitens, ungeachtet der Gerüchte oder Wetten oder Ihrer eigenen Bedenken bezüglich des Wohlergehens Ihres Neffen, was zwischen Lord Warton und mir vorgeht, ist sowohl persönlich als auch privat. Und Louisa…« Judith richtete sich auf und strahlte die Ältere an. »Das ist alles, was ich in dieser Angelegenheit zu sagen beabsichtige.«
»Und noch dazu sagen Sie es so hübsch. Ich bin beeindruckt. Was allerdings nicht meine Meinung ändert. Das, was immer da zwischen Ihnen sein mag, kann für ihn nur im Desaster enden. Ich werde nicht stillschweigend zusehen, wie er ein weiteres Mal von einer Frau
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