Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
Judith verwirrt an, dann atmete er langsam aus. »Ich komme mir wie ein Idiot vor.«
»Sei nicht albern, Harry. Du hast keinerlei Grund, dir Vorwürfe zu machen«, tröstete Judith ihn und schenkte ihm ein freundschaftliches Lächeln. »Und ich fühle mich durchaus geschmeichelt.«
»Na ja, das ist wohl schon etwas, schätze ich«, sagte Mountford niedergeschlagen, nahm Judiths Hände und schüttelte den Kopf. »Judith, es war wunderbar, dich wiederzusehen, und ich bedaure es zutiefst, falls ich dir Unannehmlichkeiten bereitet habe.« Dann ließ er ihre Hände los und nickte zu Gideon. »Guten Abend, Lord Warton.« Mit diesen Worten machte Mountford auf dem Absatz kehrt und ging.
»Was für ungewöhnlich schlechte Manieren«, zeterte Violet beleidigt. »Er hat mir keinen guten Abend gewünscht.«
Judith funkelte sie verärgert an. »Sie können froh sein, dass er Sie nicht mit bloßen Händen erwürgte.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Judith«, sagte Gideon bedächtig. »Violet tat nichts weiter, als ihn heute Abend hierher einzuladen, auch wenn ihre Gründe dafür fragwürdig gewesen sein mögen.«
»Fragwürdig?« Judith sah immer noch Violet an. »Ich denke nicht, dass an ihren Gründen irgendetwas Fragwürdiges war. Und sie tat weit mehr, als den Mann bloß einzuladen.«
»Mich trifft keine Schuld, wenn er alles missverstand«, tat Violet es mit einer verächtlichen Handbewegung ab. »Sie sagten selbst, es hätte ein Missverständnis vorgelegen.«
»Lord Mountford verstand genau das, was Sie ihm mitteilten. Zum Glück durchschaute Lord Nottingdon Ihre Intrige.«
»Welche Intrige?«, fragte Gideon verblüfft.
»Na schön, ich habe Nottingdon wohl unterschätzt«, räumte Violet ein. »Ich schwöre, der Mann ließ schon als Kind nichts unversucht, meine Nerven zu strapazieren.«
»Zweifellos aus gutem Grund«, konterte Judith.
»Welche Intrige?«, fragte Gideon nochmals.
»Nottingdon mochte mich noch nie, was mir nur gelegen kam, konnte ich ihn doch auch nie leiden«, erklärte Violet mit einem vielsagenden Lächeln. »Aber er mag Sie. Ziemlich sogar, würde ich sagen.«
Judith reckte kaum merklich das Kinn. »Ich mag ihn ebenfalls, ja, ich betrachtete ihn als einen guten Freund, weist er doch sämtliche Attribute auf, die man sich bei einem Freund wünscht – Loyalität, Vertrauenswürdigkeit...«
Violet rümpfte angewidert die Nase. »Und gut im...«
»Violet!«, fiel Gideon ihr ins Wort.
Judith lächelte. »Sind Sie eifersüchtig, Lady Braxton?«
Prompt wurde Violet dunkelrot. »Machen Sie sich nicht lächerlich! Ich könnte ihn und jeden anderen Mann haben, wann immer ich will. Aber bis vor wenigen Jahren habe ich mich voll und ganz einem Leben als gute und loyale Ehefrau verschrieben. Wohingegen Sie...«
Judith blickte sie eisig an. »Wohingegen ich, was?«
Nun reichte es Gideon. »Würde eine von euch mir bitte erklären, worum es hier geht?« Gideon sah Judith an. »Welche Intrige?«
Violet verdrehte die Augen. »Eine Nichtigkeit!«
»Ja, ich vermute, Sie betrachten es als eine Nichtigkeit, aber Ihnen machte es ja auch noch nie etwas aus, mit den Gefühlen ehrbarer Herren zu spielen«, erklärte Judith mit frostiger Stimme. »Möchten Sie es ihm sagen oder soll ich?«
»Na schön«, seufzte Violet resigniert. »Als ich Nottingdon und Mountford einlud, könnte ich eventuell angedeutet haben, dass Lady Chester interessiert daran wäre, ihre... Freundschaft zu erneuern.«
»Was?«, rief Gideon entsetzt.
»Man kann nie wissen«, verteidigte Violet sich betont unschuldig. »Ich dachte, ich erweise damit allen einen Gefallen.«
»Einen Gefallen?« Judith erhob die Stimme, was normalerweise nicht ihre Art war. »Einen Gefallen? Sie haben Samuel und den armen Harry glauben gemacht, ich hätte noch Gefühle für sie.«
»Hatten Sie ja wohl auch mal, und Sie könnten sie doch noch haben.« Violet lächelte spöttisch. »Und ich dachte, falls dem so ist, sollte Gideon es wissen.«
»Ich würde meinen, dass Gideon auf sich selbst aufpassen kann«, sagte Judith scharf.
Violet schnaubte. »Gideon war schon immer recht vertrauensselig, wenn es um Frauen ging.«
»Sie müssen es ja wissen«, erwiderte Judith.
»Und Sie...«
»Das ist genug, Violet«, sagte Gideon verärgert.
»Nein, Gideon, es ist noch nicht annähernd genug.«
Violet wandte sich zu ihm und fragte betont sanft: »Ist dir bewusst, welche Reputation diese Frau hat?«
»Reputationen sind, wie alles, was auf
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