Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
beschwichtigen. »Aleksandr schien kein großes Interesse an ihrem Kunstwerk gehabt zu haben. Ich würde behaupten, sie hat Chad mit Sicherheit schon oft hier im Lager besucht.«
Abigail sah sich nach allen Seiten um, denn sie wollte es unter allen Umständen vermeiden, ihre Schwestern anzusehen. Sie war wütend. Unglaublich wütend. Sie hätte keinen Staub aufwirbeln lassen. Hannah war viel zu nett gewesen. Sie kochte vor Wut, und ihr Magen lehnte sich heftig auf. Wäre es ihr möglich gewesen, sich Krallen wachsen zu lassen, dann hätte sie Sylvia vermutlich das Gesicht zerkratzt. »Wenn sie ihn das nächste Mal anrührt, wird sie irgendwo in einer abscheulichen Grube wieder zu sich kommen.«
Ihre Schwestern tauschten schnell einen besorgten Blick miteinander aus.
»Wahrscheinlich hat sie dich im Caspar Inn mit ihm gesehen«, sagte Joley. »Du kennst Sylvia doch. Sie rächt sich an dir, indem sie deinen Mann verführt. Lasst uns von hier verschwinden, ehe es zu spät ist.« Sie eilte zur Tür hinaus und
trat zur Seite, damit Hannah und Abigail ihr folgen konnten.
Die Menschenmenge schien zahlenmäßig noch zugenommen zu haben. Abigail versuchte Luft zu holen, denn ihre Lunge brannte plötzlich. Sylvia mochte sich zwar bemüht haben, Aleksandr zu verführen, aber er hatte nicht das geringste Interesse an ihr gezeigt. Warum also war er mit ihr in das Hinterzimmer gegangen? Sylvia benutzte ihn für ihre Zwecke, aber ebenso sicher war, dass auch er sie für seine Zwecke benutzte. Und was bedeutete das?
Sie wusste, wie weit Aleksandr zu gehen bereit war, um einen Fall, an dem er arbeitete, zu lösen. Aber würde er sich verführen lassen, um sein Ziel zu erreichen? Dieser Gedanke schlich sich in ihren Kopf ein. Und legte sich wie Stacheldraht um ihr Herz. Würde er, um einen Fall zu lösen, mit einer Frau schlafen, an der er nicht das geringste Interesse hatte? Er hatte schließlich auch zugelassen, dass Abigail verhört, eingesperrt und deportiert worden war, und all das nur, um seinen Posten als Kriminalbeamter zu behalten. Wenn Sylvia ihm Informationen über Chad Kingman besorgen konnte und nur dazu bereit war, wenn er auf ihre sexuellen Wünsche einging, würde er es dann tun?
Abigail blickte auf und sah in dunkle, nahezu mitternachtsblaue Augen. Aleksandr und Sylvia standen weniger als einen halben Meter von ihr entfernt. So nah, dass er die Hand hätte ausstrecken und sie berühren können. Abigails Herz blieb fast stehen und begann dann, heftig zu pochen. Im ersten Moment konnte sie weder atmen noch einen klaren Gedanken fassen, alles verschwamm vor ihren Augen. Sie sagte sich, er würde nicht so tief sinken, mit einer anderen Frau zu schlafen, um an Informationen zu kommen. Aber Sylvias Hand umklammerte seinen Arm in einer Geste, die Besitzansprüche auf ihn erhob. Und was täte er sonst noch alles, um seine Fälle zu lösen?
Hannah drehte den Kopf um und sah Abigail an. Das Lächeln schwand von Joleys Gesicht. Es gab keine Möglichkeit,
diese Verbindung unter den Drake-Schwestern zu unterbrechen. Das Gefühl war zu stark, und sogar Sarah und Kate am anderen Ende des Raums wurden plötzlich wachsam und drehten sich um, weil sie sehen wollten, was diesen Aufruhr verursacht hatte.
Aleksandr sah Abbey fest an, ließ ihren Blick nicht los und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Obgleich sie es dringend nötig hatte, ihren Blick abzuwenden, um ihre Fassung wiederzuerlangen. Sie hörte ein seltsames Rauschen in ihrem Kopf.
»Hallo, Sylvia«, sagte Joley, »wie geht es dir?«
Sylvia räusperte sich. »Hi, Joley, Hannah, Abigail.« Ihre Stimme klang gepresst, als sie Abigails Namen aussprach.
Abbey warf einen flüchtigen Blick auf sie, fühlte sich aber sogleich gezwungen, noch einmal in das vertraute Gesicht zu blicken. In die vertrauten Augen. Ihr Herz verkrampfte sich. Ihre Eingeweide zogen sich zusammen, und sie spürte einen Hieb in ihrer Magengrube landen, einen realen Fausthieb. Schmerz durchzuckte sie, ließ sie beben und strömte so heftig aus ihr hinaus, dass er durch den Raum fegte und ihn vollständig ausfüllte. Jedes Gelächter riss ab, als die Intensität ihrer Gefühle über sämtliche Anwesenden hereinbrach.
»Abbey«, flüsterte Joley warnend und grub ihre Finger tief in Abigails Taille.
Sarah kam auf sie zu, mit Kate an ihrer Seite. »Wie nett, dass wir dich heute Abend hier treffen«, wandte sich Sarah an Sylvia. Sie wirkte äußerlich ruhig, doch als sie Sylvia ansah, stand Mordlust
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