Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
ich kann es nicht abwaschen, ganz gleich, wie sehr ich mich bemühe.«
»Du hast Albträume«, sagte Hannah. »Ich höre dich weinen, aber deine Tür öffnet sich nicht für mich.«
Abigail streckte ihrer Schwester eine Hand entgegen. »Es tut mir leid, Hannah. Ich weiß, dass es dich bedrückt hat, aber ich konnte niemandem ins Gesicht sehen. Ich konnte euch nicht erzählen, was ich angerichtet habe.«
»Ist das der Grund, weshalb du nichts mehr mit Aleksandr zu tun haben willst?«, fragte Joley.
Abigail stieß ihren Atem aus. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es einer der grässlichsten Momente meines Lebens war und dass ich Trost von ihm erwartet habe. Ich habe von ihm erwartet, dass er etwas tut, irgendetwas. Aber sämtliche Beamten haben angefangen, unglaublich schnell zu reden, insbesondere der, mit dessen Waffe der Mann sich erschossen hatte. Und ehe ich wusste, wie mir geschah, haben sie mich aus dem Raum gezerrt,
und Aleksandr stand einfach nur da und hat zugesehen, wie sie mich fortgebracht haben.«
Sarah zog die Stirn in Falten. »Das verstehe ich nicht. Hat man dir etwas vorgeworfen? Was hat er getan?«
»Er stand ganz still und mit eiskalten Augen da und hat zugesehen, wie sie mich aus dem Verhörraum gezerrt haben, als sei ich eine Verdächtige in einem seiner Mordfälle. Ich war mit dem Blut dieses armen Mannes bedeckt, und sie haben mich direkt an seiner Frau vorbeigeführt. Ich habe sie angesehen, und sie hat mich voller Verzweiflung angestarrt. Sie hatte gerade erst ihre Tochter verloren und wenige Minuten später würde jemand kommen und ihr berichten, was mit ihrem Mann geschehen war.«
»Dieser fiese Mistkerl!«, brach es aus Joley heraus. »Und ich habe die ganze Zeit Pläne ausgeheckt, wie ich euch beide wieder zusammenbringen kann.«
»Kröten sind viel zu nett für ihn«, urteilte Hannah.
Sarah hob eine Hand, um Stille zu fordern. »Abbey, Schätzchen, ich weiß, dass es dir schwerfällt, darüber zu reden, aber wir müssen ganz genau wissen, was dir zugestoßen ist, damit wir dir helfen können.«
Abigail schüttelte den Kopf. »Damit du und Libby und ihr alle mir helfen könnt, dass ich mir das, was ich getan habe, weniger übel nehme? Ich kann es nicht rückgängig machen. Diesen kurzen Zeitraum, der auf den Moment gefolgt ist, als ich wichtigtuerisch diesen Raum betreten habe. Ich war so sicher, dass ich einen Mörder entlarven kann und dass Aleksandr mir dankbar dafür sein würde. So sicher, dass ich meine Magie ebenso geschickt und erfahren handhaben kann wie ihr die eure.« Sie lehnte sich zurück und kämpfte gegen die Tränen an. »Wir können die Zeit nicht anhalten. Oder Momente rückgängig machen. So ist das Leben nicht beschaffen, stimmt’s?«
»Nein, Abbey, das geht nicht«, sagte Kate. »Aber wir machen weiter und lernen aus unseren Erfahrungen. Jetzt erzähle uns auch noch den Rest. Erzähle uns, was dir zugestoßen ist.«
»Sie haben mich zwei Tage und Nächte verhört. Anscheinend hatte der Beamte, der seine Waffe achtlos hatte herumliegen lassen, mich beschuldigt, den Häftling mit meinen Fragen restlos aus der Fassung gebracht zu haben. Sie haben mich schrecklich behandelt, mich geschlagen und mich angeschrien.« Sie unterbrach sich und schüttelte den Kopf. »Ich dachte, sie würden mich umbringen. Sie wollten jemandem die Schuld am Tod des armen Mannes zuschieben, und vermutlich war ich der ideale Sündenbock. Ich hatte niemanden, der sich für mich einsetzte, und sie haben mir nicht erlaubt, die Botschaft zu verständigen.«
»Das ist ja schrecklich, aber ich begreife es nicht«, sagte Libby.
»Sie haben mir nicht einmal erlaubt, mich umzuziehen. Ich hatte solche Angst, und ich habe die ganze Zeit über gedacht, Aleksandr käme und würde mich dort rausholen, aber das hat er nicht getan.« Abigail blickte auf ihre Hände hinunter. »Ich war so weit weg von euch allen und habe mich viel zu sehr geschämt, um mit euch in Kontakt zu treten. Ich hatte große Angst, aber noch mehr habe ich mich davor gefürchtet, dass ihr herausfinden könntet, was ich getan habe, und dass ihr es mir niemals verzeihen würdet. Ich kann es mir selbst bis heute nicht verzeihen.«
»Und ihm kannst du es auch nicht verzeihen«, sagte Sarah mit ruhiger Stimme.
Abigail schüttelte den Kopf. »Irgendwo tief in meinem Innern weiß ich, dass mein Wunsch, bei ihm an erster Stelle zu stehen, selbstsüchtig war. Ich wollte von ihm getröstet werden, als meine Welt in Stücke
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