Zauber einer Karibiknacht
meine Frau – meine Ehefrau, wohlgemerkt! – auf dem hohen Ross und stellt sich als Hüterin der Moral dar. Und versucht, mir Schuldgefühle einzureden!
„Jetzt wirst du aber ein bisschen ungerecht, Liebling“, sagte er ganz sanft, obwohl es in ihm brodelte. Mit den Fingerspitzen fuhr er ihr über die Arme und bemerkte, wie sie bei der Berührung erzitterte. „Du kannst dir ja einreden, was du willst, aber wir wissen beide, dass keine Manipulation im Spiel war. Du hast meine Zärtlichkeiten genossen. Und du willst mehr davon.“
„Nein …“
„Doch, doch“, gab Sean lächelnd zurück. „Und wie du das willst. Vor ein paar Minuten hast du noch gekeucht und gestöhnt und es genossen, wie ich dich mit meinen Händen, meinen Lippen und meiner Zunge …“
„Halt den Mund!“
Sean schüttelte den Kopf. „Darauf kannst du lange warten. Du willst dir selbst etwas vormachen? Bitte. Aber in Wirklichkeit wissen wir beide: Wenn wir noch ein paar Minuten weitergemacht hätten, hättest du deine Keinen-Sex-Bedingung ganz schnell vergessen. Und denk dran: Ich habe es unterbrochen, nicht du. Ich habe aufgehört.“
„Aber ich wollte auch gerade …“
„Lass gut sein. Das kannst du jemandem erzählen, der dich nicht gerade verzückt seufzen gehört hat.“
Sie errötete. Vor Verlegenheit? Aus Scham? Aus Bedauern? Wer konnte das schon wissen.
„Red dir nur ein, dass du kein Interesse mehr an Liebe, Lust und Leidenschaft hast“, sagte Sean und kam ihrem Mund ganz nah. „Dein Körper spricht eine andere Sprache. Der hat Bedürfnisse. Genau wie ich.“
Sie drängte ihn zurück. „Du redest Unsinn.“
„Tue ich nicht. Absolut nicht. Aber wie gesagt – du kannst dir einreden, was du willst.“
Beide sahen sich schweigend an. Im Hintergrund hörte man die Gäste ausgelassen feiern. Schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, sagte Melinda: „Ich glaube, ich kann jetzt nicht zurück zur Hochzeitsfeier. Mir ist einfach nicht danach. Ich gehe hoch in meine Suite.“
„Gut mach doch.“
„Und … was willst du machen?“
So ungern er es sich eingestand, am liebsten hätte er sie getröstet, weil sie wie ein Häufchen Elend dastand. Aber er unterdrückte seine weiche, hilfsbereite Seite, weil er immer noch wütend war. „Ich gönne mir jetzt erst mal einen Drink.“
„Nein, das habe ich nicht gemeint.“ Hilflos blickte sie in den Sternenhimmel. „Ich meine … später. Hältst du dich an unsere Abmachung? Und … kommst du nachher auch hoch in die Suite?“
In die Penthouse-Suite, wo sie wohnen würden, solange sie verheiratet waren. Wo er mit ihr zusammenleben würde, ständig ganz nah bei ihr, und sie doch nicht berühren durfte. Für den Bruchteil einer Sekunde überlegte er, ob er die ganze Sache nicht lieber abblasen sollte. Aber so verärgert er sein mochte – dumm war er nicht. Und wenn er sein Wort gegeben hatte, hielt er sich auch daran. Obwohl die Versuchung groß war, alles hinzuwerfen.
„Ja“, sagte er und musterte sie verärgert. Sie war schön, aber gefährlich. Verletzt, aber auch raffiniert. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Keine Sorge, ich spiele meine Rolle, Melinda. Ich werde dir genau der Ehemann sein, der Steven dir gewesen wäre.“
6. KAPITEL
„Und das hat er wirklich gesagt?“ Kathy nippte an ihrem Eistee und griff nach einem Keks.
Auch Melinda nahm einen Keks. Die Hochzeit lag jetzt zwei Tage zurück, und außer einem knappen „Guten Morgen“ und „Guten Abend“ hatte sie seitdem kein Wort mit Sean gewechselt.
Sie fühlte sich traurig und verwirrt.
Nur zu gut konnte sie sich an seinen Blick an diesem Abend erinnern – voller Zorn, aber trotzdem auch mit einem Funken von Begierde. Und was das Schlimmste war – sie wollte ihn noch immer.
„Ja, das hat er gesagt“, bestätigte sie. „Er würde mir genau der Ehemann sein, der Steven mir gewesen wäre. Er war richtig wütend.“
„Irgendwie auch kein Wunder.“
„He, was soll denn das heißen? Sag mal, auf wessen Seite stehst du eigentlich?“
„Immer auf deiner natürlich, meine Süße.“ Kathy tätschelte ihre Hand. „Aber ich verstehe schon, warum er sauer war.“
„Ich nicht“, gab Melinda zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Doch, du auch“, erwiderte Kathy und lachte kurz auf. „Du hast ihn angelogen.“
„Angelogen? So würde ich das nicht nennen.“
„Dann sagen wir, du hast ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt. Über Steven, meine ich. Den hast du
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