Zauber einer Karibiknacht
andere nicht so sehr.“
„Ich habe dir gleich gesagt, dass du diese Frau nicht heiraten sollst“, murmelte Rafe.
Es gefiel Sean nicht, wie sein Bruder die Worte „diese Frau“ aussprach. Hatte das abfällig geklungen? Sein Beschützerinstinkt erwachte. „‚Diese Frau‘ heißt Melinda. Und deine Vorhaltungen kannst du dir sparen.“
Rafe atmete tief durch und tippte nervös mit dem Kugelschreiber gegen die Tischplatte. Das Geräusch kam so deutlich über die Leitung, die Bewegung war so vertraut, dass Sean für ein paar Sekunden das Gefühl hatte, seinem Bruder tatsächlich in dessen Büro in Long Beach gegenüberzusitzen. Obwohl alles viel einfacher wäre, wenn er sich wirklich wieder zu Hause befände.
Dort gäbe es keine Melinda, die ihn vor Begehren fast verrückt machte.
„Übrigens hat Garrett mich angerufen“, ließ Rafe so beiläufig wie möglich fallen und wartete auf Seans Reaktion.
Die kam schnell.
Sean schnellte von seinem Stuhl hoch. „Nennt er das etwa Diskretion? Ich führe ein vertrauliches Gespräch mit ihm, und er hat nichts Besseres zu tun, als es dir brühwarm weiterzuerzählen?“
Erst am Vortag hatte er seinen Cousin Garrett King angerufen, und schon wusste es alle Welt? Na, das ist mir ja ein schöner Sicherheitsexperte, dachte er. Garrett und sein Zwillingsbruder Griffin waren die Besitzer der vielleicht renommiertesten Sicherheitsfirma des Landes. Sie boten Wachdienste und Bodyguard-Service für die Reichen und Schönen, gelegentlich sogar für gekrönte Häupter. Zwischendurch erledigten sie auch mal Aufträge für die Familie. Dass Garrett vertrauliche Gesprächsthemen herausposaunte, enttäuschte ihn.
„Ruhig Blut, Junge. Unser Telefonat hatte nichts mit dir zu tun. Ich hatte ihn um Rückruf gebeten, damit er sich um die Einbruchsserie in unserem Lagerhaus kümmert.“
Verblüfft sah Sean ihn ein. „Einbruchsserie im Lagerhaus? Warum erfahre ich das erst jetzt? Bin ich nicht mehr euer Partner, nur weil ich im Moment auf einer Insel festsitze?“
„Krieg dich wieder ein, das hat doch damit nichts zu tun“, murmelte Rafe kopfschüttelnd. „Lucas und ich hatten nur gedacht, dass du im Moment auch so genug um die Ohren hast.“
„Vielen Dank, dass ihr euch meinen Kopf zerbrecht. Jetzt raus mit der Sprache: Was ist da los?“
Rafe zuckte mit den Schultern, aber in seinem Blick sah Sean, dass sein Bruder über die Situation durchaus beunruhigt war. „Keine große Sache. Es gab Einbrüche in unserem Lagerhaus im Hafen. Ein paar Sachen sind weggekommen.“
„Und wie viel sind diese ‚paar Sachen‘ wert?“
Rafe fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Baumaschinen und Geräte im Wert von … ungefähr hundertfünfzigtausend Dollar. Bisher.“
„Verdammt, Rafe, das hättest du mir sofort sagen müssen.“
„Warum?“, konterte sein Bruder. „Weißt du etwa, wer es war?“
„Natürlich nicht. Aber es ist eure verdammte Pflicht und Schuldigkeit, mich auf dem Laufenden zu halten. Das Unternehmen gehört schließlich uns allen.“
Sean saß auf einer Karibikinsel, aber er kam sich vor, als wäre er auf dem Mars. Unendlich weit weg von dem Unternehmen, das er und seine Brüder gemeinsam zum Erfolg geführt hatten. Wie gerne hätte er ihnen bei dem Problem beigestanden, aber wie sollte das von hier aus gehen? Abgesehen von der Familie und der Firma gab es in seinem Leben nicht viel. Und dass seine Brüder ihn jetzt ausschlossen – wenn auch in bester Absicht – machte ihn wütend.
„Schon gut, schon gut“, versuchte Rafe ihn zu besänftigen. „Entschuldige vielmals, dass wir dich schonen wollten, während du dich auf deiner Paradiesinsel sonnst. Von jetzt an halten wir dich auf dem Laufenden.“
Das klang fast wie eine Entschuldigung; mehr Entgegenkommen war von Rafe nicht zu erwarten. „Na schön, aber ich verlasse mich darauf.“
„Jetzt zu Garrett. Er hat es wirklich nur am Rande erwähnt, aber – er soll Nachforschungen über den früheren Freund deiner Ehefrau anstellen?“
Sean seufzte. War ja klar gewesen, dass Rafe da nachhaken würde. Die Kings besaßen nun mal eine angeborene Neugier, auch und vor allem bei Dingen, aus denen sie sich eigentlich heraushalten sollten. „Ja, ich kann mir nicht helfen, ich muss es tun. Ich will mehr über diesen Typen wissen. Wer er war, was er war. Wenn Melinda über ihn spricht, hört es sich an, als ob er eine Kreuzung zwischen Mutter Teresa und Superman war.“
„Und das nervt dich?“
„Ganz
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