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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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betonte den goldenen Ton ihrer Haut und ihrer Haare und Augen. Unter dem Saum ihres Kleides lugten ihre nackten Füße hervor. Sie beobachtete die Straße mit dem starren, unbeweglichen Blick einer Katze.
    Althea blieb stehen, um diesen Blick zu erwidern. Sie schwankte leicht, und ohne nachzudenken legte Brashen den Arm stützend um sie. »Was verkauft sie?«, wollte Althea wissen.
    Brashen zuckte zusammen, weil er sicher war, dass die Frau hinter dem Glas die Worte gehört hatte. Aber Ambers Miene veränderte sich nicht, und sie wandte auch den Blick nicht von dem unordentlich wirkenden Mädchen ab. Althea kniff die Augen zusammen und öffnete sie dann weit, als würde sich dadurch etwas verändern. »Sie sieht aus, als wäre sie ganz und gar aus Holz. Goldener Ahorn.«
    Die Frau hinter dem Glas konnte ihre Worte verstehen, denn Brashen sah, wie sie lächelte. Aber dann sprach Althea weiter.
    »Sie erinnert mich an mein Schiff. An die entzückende Viviace , mit all den Farben des Lebens über der seidigen Maserung des Hexenholzes.«
    Ambers Gesicht veränderte sich schlagartig, und ihre Miene zeigte äußersten Widerwillen. Brashen wusste nicht genau, warum ihn diese hoheitsvolle Verachtung so beunruhigte, aber er packte Althea dennoch am Ellbogen und schob sie rasch an dem Fenster vorbei und aus der dämmrigen Straße hinaus.
    Erst bei der nächsten Kreuzung verlangsamte er das Tempo.
    Althea humpelte mittlerweile, und er erinnerte sich an ihre nackten Füße und an das grobe Holz der Bürgersteige. Sie verlor jedoch kein Wort darüber. »Was verkauft sie da?«, fragte sie stattdessen. »Sie ist keine Bingtown-Händlerin, die mit den Leuten vom Regenwildfluss handelt. Nur Lebensschiffhändler können Handel auf dem Regenwildfluss treiben. Also, wer ist sie, und warum hat sie ein Geschäft auf der Regenwildstraße?«
    Brashen zuckte mit den Schultern. »Sie ist vor etwa zwei Jahren aus dem Nichts aufgetaucht. Sie hatte einen winzigen Laden in der Nähe des Tand-und Trödelplatzes. Sie hat Holzperlen gedreht und sie verkauft. Sonst nichts. Nur sehr hübsche Holzperlen. Viele Leute haben sie für ihre Kinder gekauft, die Perlenketten daraus machten. Letztes Jahr ist sie in eine bessere Gegend gezogen und hat, na ja, Schmuck gemacht. Allerdings nur aus Holz.«
    »Hölzernen Schmuck?«, spottete Althea. Das klang wieder ganz nach ihr selbst, und Brashen vermutete, dass der Spaziergang sie ausnüchterte. Gut. Vielleicht war sie dann ja vernünftig genug, sich ein bisschen zurechtzumachen, bevor sie barfuss in ihr Elternhaus marschierte.
    »Das habe ich auch erst gedacht, doch dann habe ich ihn gesehen. Ich wusste gar nicht, dass ein Handwerker so Schönes aus Holz herstellen kann. Sie arbeitet mit den merkwürdigen, kleinen knotigen Stücken und fertigt Gesichter, Tiere und exotische Blumen daraus an. Manchmal macht sie auch Intarsien. Aber die Wirkung liegt sowohl am Holz, das sie auswählt, als auch an der Geschicklichkeit, mit der sie es bearbeitet. Sie hat ein untrügliches Auge, das sofort sieht, was sie aus einem Stück Holz fertigen kann.«
    »Aha. Bearbeitet sie dann auch Hexenholz?«, fragte Althea geradeheraus.
    »Was?«, rief Brashen entsetzt. »Sie ist vielleicht neu in der Stadt, aber sie kennt unsere Lebensart gut genug, um zu wissen, dass dies niemals toleriert würde. Nein, sie benutzt nur ganz gewöhnliches Holz, Kirschbaum und Eiche und was nicht sonst noch alles. Und alle möglichen Farben und Maserungen…«
    »Es gibt viel mehr Leute in Bingtown, die Hexenholz bearbeiten, als solche, die es besitzen möchten«, erwiderte Althea finster. Sie kratzte unwillkürlich ihren Bauch. »Es ist ein schmutziger kleiner Handel, aber wenn man etwas geschnitzt haben will und zahlen kann, dann kriegt man es auch.«
    Ihr geheimnisvoller Ton war Brashen nicht geheuer. Er versuchte, das Gespräch aufzulockern. »Ist das nicht genau das, was alle Welt von Bingtown sagt? Dass man hier alles finden kann, was man sich vorstellt?«
    Sie lächelte ihn gequält an. »Und du kennst sicher auch die Antwort darauf, oder nicht? Dass kein Mensch sich vorstellen kann, wie es ist, wirklich glücklich zu sein, und dass es hier auch deshalb kein Glück zu kaufen gibt.«
    Ihr plötzlicher Stimmungswechsel machte ihn sprachlos. Das Schweigen zwischen ihnen passte irgendwie zu der kühler werdenden Nacht. Als sie die Straßen der Händler und Kaufleute verließen und den gewundenen Gassen in die Wohngegend von Bingtown folgten, wurde es

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