Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
halten. Wintrow und Althea müssen dazu gebracht werden, ihren Pflichten nachzukommen, und zwar gut.«
»Wenn es um Althea geht, bist du nicht derjenige, der entscheidet, welche Pflichten sie hat. Sondern ich.«
Die eiserne Entschlossenheit, die ihr am Verhandlungstisch so oft genutzt hatte, kam Ronica Vestrit auch jetzt zu Hilfe.
»Vielleicht siehst du das so. Ich sehe das anders. Du hast mir die Kontrolle über ihren Unterhalt gegeben. Indem ich beurteile, welchen Unterhalt sie tatsächlich braucht, werde ich vielleicht fähig sein, ihr Verhalten auf ein anständiges Maß zurückzuschrauben.«
Seine Stimme klang ruhig und vernünftig, aber der Sinn seiner Worte schnitt wie ein Messer in Ronicas Herz.
»Wenn du das Verhalten meiner Tochter kritisierst, stellst du auch die Erziehung in Frage, die sie von ihren Eltern erhalten hat. Du magst vielleicht nicht zustimmen, wie Ephron und ich Althea erzogen haben, aber es steht dir nicht zu, das zu bemängeln. Außerdem habe ich Keffria auch nicht die Verwaltung von Altheas Finanzen übergeben, damit sie sie maßregeln kann, sondern ausschließlich aus dem Grund, dass sie entscheidet, welches Budget wir uns leisten können. Es ist vollkommen unangemessen, dass eine Schwester ihre Schwester maßregelt. Und noch weniger schicklich ist, dass der Ehemann der Schwester es tut. Außerdem war es niemals meine Absicht, Althea von der Viviace zu verbannen, sondern nur, sie zu ermutigen, ein anderes Leben für sich zu suchen, nachdem sie gesehen hat, dass das Schiff in guten Händen ist.«
Ronica ließ sich auf die Bank neben dem Tisch sinken und schüttelte den Kopf bei dem Gedanken, wie verquer sich ihre Pläne entwickelt hatten. »Ephron hatte recht, was sie betraf. Sie braucht eine leichte Hand. Sie wird sich nicht zu dem zwingen lassen, was das Beste für sie ist. Gestern, nun, gestern hat sie getrauert. Und was immer du von Brashen denkst, ich weiß, dass Ephron eine hohe Meinung von ihm hatte. Vielleicht hat er tatsächlich nicht mehr getan, als sie nach Hause gebracht. Was einem Gentleman auch angemessen ist, wenn er eine Lady trifft, die in Schwierigkeiten steckt.«
»Und vielleicht haben sie auch den ganzen Tag Tee getrunken«, erwiderte Kyle sarkastisch.
Ein Fehler. Ein schwerer Fehler. Ronica sah an Kyle vorbei zu Keffria, bis ihre Tochter den Blick spürte und kurz aufblickte.
»Keffria«, sagte Ronica ruhig. »Du kanntest meine Absichten mit diesen Dokumenten. Es wäre unehrenhaft von dir, deine Schwester zu übervorteilen und deine Erbschaft zu benutzen, um sie deinem Willen zu unterwerfen. Sag mir, dass du niemals zustimmen wirst, dass so etwas geschieht.«
»Sie muss an ihre Kinder denken«, fiel Kyle ihr ins Wort.
»Keffria«, wiederholte ihre Mutter, und es gelang ihr nicht, den flehenden Ton aus ihrer Stimme zu verbannen.
»Ich…« Keffrias Blick schoß hilflos zwischen dem Gesicht ihrer Mutter und dem steinernen Ausdruck auf der Miene ihres Ehemannes hin und her. »Ich kann nicht so dazwischen stehen. Das ertrage ich nicht!«, rief sie entsetzt aus und rang hilflos die Hände über ihrer Brust.
»Das brauchst du auch nicht«, versicherte ihr Kyle. »Die Papiere sind unterzeichnet und beglaubigt. Du weißt, dass das Richtige auch das Beste für Althea ist. Du weißt, dass keiner von uns etwas anderes beabsichtigt als ihr Bestes. Glaub an dich, Keffria. Und vertrau mir, deinem Ehemann.«
Keffria erwiderte den ungläubigen Blick ihrer Mutter ein letztes Mal, bevor sie auf die polierte Oberfläche des Tisches blickte. Mit den Händen strich sie am Rand entlang, als wollte sie das Holz glätten. »Ich vertraue dir, Kyle«, sagte sie. »Das tue ich. Aber ich will Althea nicht verletzen. Ich will nicht grausam zu ihr sein.«
»Das werden wir auch nicht«, versicherte er ihr sofort.
»Allerdings nur, solange sie nicht grausam zu uns ist. Das ist nur fair.«
»Das… scheint mir fair zu sein«, stimmte Keffria zögernd zu.
Sie blickte ihre Mutter an, suchte deren Bestätigung, aber Ronicas Miene war undurchdringlich. Sie hatte immer angenommen, dass ihre älteste Tochter die Stärkere der beiden Mädchen war. Hatte Keffria sich denn nicht für ein Leben entschieden, das Stärke verlangte, während Althea hinter ihrem Vater hergerannt war und immer nur gespielt hatte? Keffria hatte sich einen Ehemann genommen, Kinder geboren, führte ihren eigenen Haushalt und half dabei, die größeren Besitztümer zu führen. Jedenfalls war es Ronica so vorgekommen,
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