Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
Handlung ab. Diese Kreatur war in jeder Hinsicht seiner Menschlichkeit fremd, und er stand vor ihr, auf ihrem Territorium, und trotzdem wartete das Wesen auf ihn, sprach in seiner Zunge zu ihm und bat um Almosen im Austausch für seine Prophezeiungen. Und doch, wenn es seine Überlegenheit anerkannte, was hatte dann dieser Hauch von Sarkasmus in seiner Stimme verloren?
Kennit verschob die Beantwortung dieser Frage auf später. Er griff nach seiner Börse und zog die beiden Goldstücke heraus, die der übliche Kurs waren. Trotz seiner früheren Meinungsverschiedenheit mit Gankis hatte er sich genauestens erkundigt, was ihn hier erwartete. Glück funktioniert am besten, wenn es nicht überrumpelt wird. Also war er nicht erschüttert, als der Andere eine steife, gräuliche Zunge ausstreckte. Genausowenig zögerte Kennit, die beiden Münzen darauf zu legen. Die Kreatur ließ die Zunge in ihr Maul zurückschnellen. Ob sie irgendetwas anderes mit dem Gold tat, als es zu schlucken, konnte Kennit nicht erkennen. Danach verbeugte sich der Andere förmlich und glättete ein Stück Sand, um die Dinge entgegenzunehmen, die Kennit gesammelt hatte.
Er ließ sich Zeit, sie vor dem Wesen auszubreiten. Zuerst stellte er die Glaskugel mit den Figuren ab. Daneben legte er die Rose, um die er sorgfältig die zwölf Fingernägel arrangierte. Am Ende des Bogens platzierte er die kleine Kiste mit dem Teeservice. Eine Handvoll kleiner Kristallkugeln legte er in eine Senke. Er hatte sie auf dem letzten Stück Strand gesammelt. Daneben fand sein letzter Fund seinen Platz, eine kupferne Feder, die kaum mehr als eine echte Feder zu wiegen schien. Er nickte, als er fertig war, und trat einen Schritt zurück.
Mit einem entschuldigenden Blick auf seinen Kapitän legte Gankis das bunte Kinderspielzeug an das eine Ende des Bogens. Dann trat auch er zurück. Der Andere betrachtete die Schätze eine Weile. Dann hob das Wesen den Blick und schaute mit seinen merkwürdigen flachen Augen in die von Kennit.
Schließlich sprach es.
»Ist das alles, was ihr gefunden habt?«
Die Betonung war unmissverständlich.
Kennit zuckte kurz mit den Schultern und neigte unmerklich den Kopf. Diese Bewegung konnte alles Mögliche bedeuten. Er sagte nichts. Gankis trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Der Andere füllte vernehmlich seine Luftsäcke.
»Das, was der Ozean hier anspült, dürfen Menschen nicht behalten. Das Wasser bringt es her, weil das Wasser will, dass es hier ist. Stellt Euch nicht gegen den Willen des Wassers. Denn keine kluge Kreatur tut das. Keinem Menschen ist es gestattet, zu behalten, was er am Strand der Schätze findet.«
»Gehört es denn den Anderen?«, fragte Kennit ruhig.
Trotz der Unterschiedlichkeit der Rassen bemerkte Kennit, dass er den Anderen aus dem Konzept gebracht hatte. Das Wesen brauchte einen Augenblick, bis es sich wieder gesammelt hatte, und antwortete dann feierlich: »Was der Ozean an den Strand der Schätze spült, gehört auf immer dem Ozean. Wir sind hier nur Verwalter.«
Kennit lächelte, ein dünnlippiges, gespanntes Lächeln.
»Wohlan denn, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich bin Kapitän Kennit, und ich bin nicht der einzige, der dir sagen wird, dass ich nach Herzenslust auf dem Ozean umherstreife. So gehört alles, was dem Ozean gehört, auch mir. Du hast dein Gold bekommen, also sprich deine Prophezeiung und kümmere dich nicht länger um das, was dir nicht gehört.«
Gankis schnappte hinter ihm vernehmlich nach Luft, aber der Andere schien nicht auf seine Worte zu reagieren. Stattdessen neigte das Wesen feierlich den Kopf, beugte seinen halslosen Körper in Kennits Richtung, beinahe so, als wäre es gezwungen, Kennit als seinen Herrn zu akzeptieren. Dann hob es den Kopf, und seine Fischaugen schienen Kennits Seele so leicht zu finden, als deute es mit einem Finger auf die Stelle einer Landkarte. Als es jetzt sprach, wirkte seine Stimme tiefer – als käme sie tief aus seinem Inneren.
»Diese Geschichte ist so klar, dass selbst einer von Eurem Laich sie durchschauen könnte. Ihr nehmt, was nicht Euer ist, Kapitän Kennit, und macht es Euch zu eigen. Ganz gleich, wieviel in Eure Hände fällt, Ihr seid nie zufrieden. Die, die Euch folgen, müssen sich mit dem bescheiden, was Ihr als Lappalien und Spielzeug abtut, während Ihr nehmt, was Euch als wertvoll genug erscheint, und es für Euch behaltet.«
Der Blick der Kreatur richtete sich kurz auf Gankis, der sie gebannt anglotzte. »Nach
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