Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
wurde, seitdem er wieder seine unberechenbaren Gänge über das Schiff machte. Es beruhigte sie, dass bei ihrem Kapitän alles wieder in Ordnung war.
Er konnte sich beinahe schnell bewegen, wenn ihm danach war, mit einem Schritt und einem Schwung der Krücke. Aber das war nicht ganz mühelos. Wintrow glaubte, dass er mit der Zeit Hornhaut entwickeln würde. Das konnte er nur hoffen. Manchmal rieb die Ledermulde, die seinen Stumpen hielt, schrecklich, und seine Achselhöhle schmerzte am Abend vom Druck der Krücke.
Sich lautlos zu bewegen war noch anstrengender, als schnell zu gehen, aber er schaffte es. Er hatte sich Zeit genommen herauszufinden, wo Sa'Adar jede Nacht schlief, und ging zielstrebig dorthin. Selbst in dem dämmrigen Licht der in großen Abständen aufgehängten Laternen fand er den Weg. Als er zu dem ausgestreckt Daliegenden kam, blieb er stehen und blickte auf ihn herunter. Sa'Adar schlief nicht, also tat Kennit auch nicht so, als wollte er ihn wecken. »Wenn du sehen willst, wie Kyle Haven gerichtet wird, steh auf und komm mit. Leise.«
Selbstbewusst drehte er dem Mann den Rücken zu und ging davon. Er gab sich nicht die Blöße zurückzusehen. Sein scharfes Gehör registrierte das leise Tappen der nackten Fußsohlen, als der Priester ihm folgte. Er hatte ihn richtig eingeschätzt. Kennits rätselhafte und geheimnisvolle Art bewog den Mann, ihm allein zu folgen, ohne seine Kameraden zu wecken. Kennit ging an den anderen Schläfern vorbei, bis er zu zweien kam, die er schon früher ausgewählt hatte. Dedge hatte selbst im Schlaf den Arm beschützend um Saylah gelegt. Er stieß Dedge zweimal mit seiner Krücke an, deutete dann auf seine Gefährtin und ging weiter. Der Mann weckte gehorsam die Frau, und beide folgten ihm schweigend.
Sie gingen durch das schlafende Schiff. Diejenigen, die wach wurden und ein Auge öffneten, waren klug genug, ihre Gedanken bei sich zu behalten. Als sie auf Deck waren, führte Kennit sie zum Achterdeck. Er blieb vor der Kabine stehen, in der Kyle Haven eingesperrt war. Ein kurzes Nicken zu den Kartenvisagen machte ihnen klar, was er wollte. Dedge öffnete die Tür und betrat die Kabine. Kyle Haven schreckte von seiner unordentlichen Koje hoch. Sein Haar hing ihm wirr um die Schultern. In dem Raum stank es nach altem Schweiß, Dreck und Pisse, was an die Frachträume mit den Sklaven erinnerte. Kennit rümpfte die Nase. »Ihr solltet mit uns kommen, Kapitän Haven«, sagte er sanft.
Haven blickte auf Kennits Begleiter. Sa'Adar lächelte. »Ihr wollt mich töten, stimmt's?«, fragte er heiser.
»Nein.« Es kümmerte Kennit nicht, ob der Mann ihm glaubte oder nicht. »Sorgt dafür, dass er schweigend mitkommt«, befahl er den Kartenvisagen und sah Haven hochmütig an, als er hinzufügte: »Es ist mir ziemlich egal, wie sie es bewerkstelligen, dass Ihr schweigt. Ihr müsst nicht gehorchen, aber es wäre einfacher für uns beide.« Er wandte sich ab. Sa'Adar ärgerte ihn, als er ihm hinterherlief.
»Wollt Ihr die anderen nicht wecken? Damit sie das mit ansehen können?«
Kennit blieb unvermittelt stehen. »Sagte ich nicht, ich wünsche absolute Ruhe?«, fragte er, ohne den anderen Mann anzusehen.
»Aber…«
Die Bewegung war vollkommen natürlich. Er dachte nicht einmal darüber nach. Er stützte sein Gewicht auf sein gutes Bein, lehnte die Schulter gegen die Wand und schlug kräftig mit der Krücke zu. Sa'Adar wurde von dem Schlag auf den Schenkel getroffen und stolperte zurück. Er rutschte an der Wand herunter und hatte den Mund vor Schmerz aufgerissen. Kennit wandte sich von ihm ab. Wäre der Gang breiter gewesen, wäre der Schlag sogar noch weit effektiver gewesen. Vielleicht sollte er das üben.
Er blieb an der Gig des Kapitäns stehen und wartete darauf, dass die anderen ihn einholten. Es freute ihn, dass Haven schweigend wartete, ohne dass man ihn gefesselt oder geknebelt hatte. Offensichtlich glaubte der Mann an seine Macht. Vielleicht war ihm auch klar geworden, dass alle, die seine Schreie hörten, ihm kaum helfen würden. Was auch immer seine Gründe waren, sein Gehorsam machte alles einfacher. Ankle stand auf, als die anderen näher kamen. Kennit sah die Kartenvisagen an. »Holt die Kiste. Ihr wisst, welche. Dann bereitet Euch vor, das Boot zu Wasser zu lassen.« Die Männer gehorchten ihm sofort. Die anderen warteten schweigend. Niemand war so dumm, Fragen zu stellen.
Er setzte sich in den Bug des Bootes. Ankle ließ sich am Heck nieder, in der Nähe
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