Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
die Arme vor der Brust verschränkt. Zwei Kartenvisagen flankierten ihn, und er sprach leise mit ihnen. Wintrow verbannte sie einfach aus seinem Bewusstsein. Wenn Sa'Adar schon nicht helfen wollte, dann wollte sich Wintrow wenigstens nicht von ihm ablenken lassen. Er stand auf und schritt zum Bug des Schiffes. Viviace sah ihm besorgt entgegen.
»Ich tue mein Bestes«, sagte sie, noch bevor Wintrow seine Frage hatte stellen können. »Aber denk daran, dass wir kein Blutband mit ihm haben; er ist nicht mit uns verwandt. Und er ist auch noch nicht lange genug an Bord, um ihn wirklich zu kennen.« Sie senkte den Blick. »Ich werde dir nicht viel helfen können.«
Wintrow beugte sich weit hinunter, um mit seinen Händen ihre Handflächen berühren zu können. »Dann verleih mir deine Kraft, das wird schon einiges bewirken«, meinte er tröstend.
Ihre Hände berührten sich, bestätigten und verstärkten das merkwürdige Band, das zwischen ihnen bestand. Wintrow sog tatsächlich Kraft aus ihr. Während ihm das bewusst wurde, sah er, wie Viviace lächelte. Auch sie nahm es wahr. Es war ein Ausdruck des Glücks, nicht nur eine Andeutung, dass jetzt wieder alles zwischen ihnen in Ordnung war, sondern ein Zeichen ihrer gemeinsamen Entschlossenheit. Welche Zweifel dem anderen gegenüber sie auch noch hegen mochten, diese Herausforderung würden sie gemeinsam durchstehen. Wintrow hob sein Gesicht in den Wind und betete zu Sa, dass er ihnen helfen möge. Dann drehte er sich wieder herum und holte tief Luft. Er fühlte, dass Viviace bei ihm war.
Kennit lag schlaff auf dem Deck. Selbst aus dieser Entfernung konnte Wintrow den Brandy riechen. Etta saß neben Kennit und ermunterte ihn immer wieder zu trinken, weit mehr, als er wollte. Der Mann vertrug wirklich eine Menge Schnaps. Er war zwar betrunken, aber noch nicht besinnungslos. Etta hatte auch die Männer ausgewählt, die ihn niederhalten sollten. Zu Wintrows Überraschung waren drei der Leute ehemalige Sklaven. Einer war sogar eine ältere Kartenvisage. Trotz der Entschlossenheit, mit der sie zwischen den Zuschauern standen, war ihnen sichtlich unbehaglich zumute. Mit ihnen würde Wintrow beginnen. Er sprach ruhig und deutlich.
»Diejenigen, die gerufen worden sind, können hier bleiben. Der Rest von euch entfernt sich, damit ich Platz habe.« Er wartete nicht ab, ob sie ihm gehorchten. Mit anzusehen, wie sie seinen Befehl missachteten, wäre eine zusätzliche Demütigung gewesen. Außerdem war er sicher, dass Etta einschreiten würde, wenn sie es taten. Er kniete sich neben Kennit hin. Es würde schwierig werden, ihn zu behandeln, während er flach auf dem Deck lag, aber Wintrow war sicher, dass die Kraft, die Viviace ihm spenden konnte, diese Unbequemlichkeit wert war.
Er warf einen Blick auf die spärlichen Werkzeuge, die er zur Verfügung hatte. Sie lagen ordentlich auf einem sauberen Stück Segeltuch neben seinem Patienten. Es war ein Sammelsurium: Die frisch geschärften Messer kamen vom Koch. Die beiden Sägen stammten aus der Kiste des Schiffszimmerers. Lange, grobe Segeltuchnadeln lagen neben einigen kleineren, die aus Ettas Nähzeug stammten. Etta hatte auch für die Bandagen gesorgt, sauber in Streifen gerissen, aus Leinen und Seide. Es war lächerlich, dass er nicht in der Lage gewesen war, eine bessere Ausrüstung zusammenzustellen. Fast jeder Seemann an Bord hatte seine eigenen Nadeln und sein Werkzeug. Doch alle Habseligkeiten der ermordeten Matrosen waren verschwunden. Wintrow war davon überzeugt, dass die Sklaven sie erbeutet hatten, als sie das Schiff übernahmen. Dass sie keiner von ihnen trotz des Ernstes der Lage herausgab, zeigte, wie sehr sie, es Kennit verübelten, dass er ihnen das Schiff nicht übergab. Wintrow konnte ihre Gefühle verstehen, aber das half ihm in seiner Situation nicht besonders. Als sein Blick erneut zu den groben Werkzeugen glitt, wusste er, dass er scheitern würde. Genauso gut könnte er dem Mann das Bein mit der Axt abhacken.
Er sah hoch und suchte Etta. »Ich brauche bessere Werkzeuge als die hier«, erklärte er ruhig. »Ich wage es nicht, ohne sie anzufangen.«
Sie schien in Gedanken versunken zu sein. »Ich wünschte, wir hätten den Medizinkasten von der Marietta «, antwortete sie sehnsüchtig. Für einen Augenblick wirkte sie beinahe jung. Sie strich mit den Fingern über Kennits Haar und spielte mit einer schwarzen Locke. Die plötzliche Zärtlichkeit, mit der sie den dösenden Mann betrachtete, war
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