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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wusste etwas. beinahe.
    Viviace schrie plötzlich erstaunt auf und schlug die feuchten Hände zusammen, als bete sie. »Ich kenne dich!«, rief sie unvermittelt aus. »Ich kenne dich!«
    Kennit beugte sich zu Etta hinunter, die auf allen vieren über das Deck krabbelte. Seine langen Finger strichen über ihre Wange. »Ich kümmere mich darum, Liebes«, sagte er zu ihr. Dieselbe Hand, die dem Meer und der Schlange befohlen hatte, berührte jetzt ihre Haut. Etta fiel auf das Deck und verlor das Bewusstsein.
    Kennit war Ettas Rat gefolgt, was Wintrow anging, weil ihm einfach nichts Besseres einfiel. Der Junge schlief jetzt locker in ein Laken gehüllt in Kennits Bett. Er atmete pfeifend. Es war unheimlich.
    Sein ganzer Körper war so geschwollen, dass er beinahe jede Form verloren hatte. Die Haut warf Blasen und schälte sich von seinem Körper. Der Schleim hatte sich durch die Kleidung gefressen und dabei Stoff und Haut miteinander verschmolzen. Wenn man ihn wusch, rieb man große Stücke der Haut mit ab und hinterließ breite Streifen rohen Fleisches. Kennit hielt es für ein Glück, dass der Junge bewusstlos war. Der Schmerz wäre vermutlich sonst unerträglich gewesen.
    Kennit erhob sich steif. Er hatte auf dem Stuhl am Fuß des Bettes gesessen. Da der Sturm jetzt vorüber war, hatte er Zeit zum Nachdenken. Aber er würde es nicht tun. Einige Dinge sollten besser nicht zu sorgfältig durchdacht werden. Er wollte Viviace nicht fragen, woher sie gewusst hatte, dass sie ihren Ankerplatz in der Bucht der Tücke verlassen und nach ihm suchen musste. Er würde auch nicht in Frage stellen, was die Seeschlange getan hatte. Und er würde es tunlichst vermeiden, die kriecherische Ergebenheit in Frage zu stellen, die die Mannschaft ihm nach diesem Abenteuer entgegenbrachte.
    Jemand klopfte an die Tür. Etta trat ein. Ihr Blick glitt von Wintrow zu Kennit. »Ich habe Euch ein Bad bereitet«, sagte sie und verstummte dann.
    Sie sah ihn an, als wisse sie nicht, wie sie ihn ansprechen sollte. Das entlockte ihm ein Lächeln.
    »Gut. Dann halte hier bei ihm Wache. Und tu alles, was du für richtig hältst, um seine Schmerzen zu lindern. Gib ihm Wasser, wenn er sich rührt. Ich bin bald zurück. Mein Bad schaffe ich allein.«
    »Ich habe Euch trockene Kleidung hingelegt«, brachte sie schließlich heraus. »Und eine warme Mahlzeit steht bereit. Sorcor ist unterwegs. Er wollte Euch sehen. Ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte. Der Ausguck auf der Marietta hat alles beobachtet. Sorcor wollte dem Mann schon die neunschwänzige Katze geben, weil er dachte, er lügt. Ich habe ihm gesagt, dass der Seemann nicht gelogen hat.« Ihr fehlten die Worte.
    Kennit sah sie an. Sie hatte ein lockeres Wollkleid angelegt, und ihr nasses Haar klebte an ihrem Kopf. Er erinnerte ihn an den Kopf eines Seehundes. Sie starrte ihn an, die verbrühten Hände vor sich gefaltet. Sie atmete schnell.
    »Und was noch?«, fragte er sie.
    Sie befeuchtete sich die Lippen und streckte die Hand aus. »Das war in meinem Stiefel. Ich habe es erst bemerkt, als ich mich umgezogen habe. Ich glaube. Ich muss es von Anderland mitgebracht haben.«
    Sie streckte ihm die Hände hin. In ihnen lag ein Baby, nicht größer als ein Möwenei. Es war im Schlaf zusammengerollt, hatte die Augen geschlossen, die Wimpern berührten die Wangen, und die winzigen Knie waren bis an die Brust hochgezogen. Aus welchem Material es auch immer geschnitzt war, es ahmte perfekt die junge Haut eines Neugeborenen nach. Ein winziger Schlangenschwanz umschlang seinen Körper.
    »Was bedeutet das?«, wollte Etta wissen. Ihre Stimme zitterte.
    Kennit berührte es sacht mit der Fingerspitze. Seine wettergegerbte Hand hob sich dunkel gegen die rosige Haut ab. »Ich glaube, das wissen wir beide bereits, hab ich Recht?«, fragte er sie ernst.

12. Trehaug

    »Es gefällt mir hier. Wir wohnen hier wie in einem Baumhaus.« Selden saß am Fuß des Diwans, auf dem Malta ruhte, und hüpfte nachdenklich auf und ab, während er sprach. Woher nahm er nur die Energie? Malta wünschte sich sehnlichst, ihre Mutter käme und würde ihn wegscheuchen.
    »Ich fand schon immer, dass du in einen Baum gehörst«, neckte Malta ihren Bruder. »Warum spielst du nicht einfach woanders?«
    Er starrte sie nur an und lächelte dann zögernd. Anschließend sah er sich im Wohnzimmer um und rutschte auf dem Diwan dichter an sie heran. Dabei setzte er sich aus Versehen auf ihren Fuß. Malta zuckte zusammen und zog ihn zurück. Ihr

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