Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
fasziniert auf die Stelle, wo das Geschöpf versunken war.
»Holt ihn heraus! Bitte!«, schrie eine Mädchenstimme. Etta hob den Blick und sah ein elegant gekleidetes Mädchen an Deck. Die Gefährtin des Satrapen konnte kaum älter sein als Wintrow! – Dann deutete Viviace mit ihrem großen Finger befehlend auf eine Stelle im Meer. »Da! Da, ihr Narren! Er kommt wieder hoch! Rasch, holt ihn heraus!«
Die Ruderer hatten in ihrer Panik Ettas Befehl missachtet, aber das Kommando der Galionsfigur war etwas anderes. Mit bleichen Gesichtern ließen sie ihre Ruder sinken, und als der Mann wieder hochkam, drehten sie das Boot in seine Richtung.
Er sah sie und streckte verzweifelt die Hände aus. Er versuchte, auf sie zuzuschwimmen, ging jedoch erneut unter.
»Das war's für ihn!«, unkte einer der Ruderer, aber einen Augenblick später durchbrachen Hände die Wasseroberfläche.
Sein weißes Gesicht tauchte auf, und Etta hörte, wie er nach Luft schnappte. Ein Matrose hielt ein Ruder in seine Nähe. Er packte es so fest, dass er es dem Mann beinahe aus den Händen gerissen hätte. Sie zogen ihn dichter an das Boot. Im nächsten Moment gelang es ihm, sich an der Seite festzuhalten. Es bedurfte zweier Männer, um ihn an Bord zu hieven. Als sie ihn schließlich hineingewuchtet hatten, blieb er auf dem Boden liegen, während das Wasser aus seiner Kleidung strömte.
Schließlich würgte er. Als das Seewasser aus seiner Nase schoss, war es von Blut gerötet. Er richtete den Blick seiner unmenschlichen Augen auf Etta und blinzelte. Zuerst schien er sie nicht zu sehen, doch dann formte er mit den Lippen lautlos ein Wort: »Danke.« Dann ließ er den Kopf zur Seite sinken und schloss die Augen.
16. Schiff des Schicksals
Die Matrosen wichen zurück und machten Kennit Platz. Der trat an ihnen vorbei und betrachtete die Gestalt, die ausgestreckt mit dem Gesicht nach unten auf seinem Deck lag.
Wasser strömte aus seinen Kleidern, und das nasse Haar verdeckte seine Züge. »Interessantes Stück Treibgut, Etta«, bemerkte er säuerlich. Wer er auch war, dachte Kennit, während er die Hände des Mannes musterte, er machte eine Situation noch komplizierter, die bereits verwirrend genug war.
Für so etwas hatte er keine Zeit. »Du hast ihn herausgefischt, also behalte ihn auch«, verkündete Kennit und stolperte, als die Ratgeberin des Satrapen ihn einfach zur Seite stieß. Kennit warf ihr einen gereizten Blick zu, aber sie bemerkte ihn nicht einmal. Er wollte etwas sagen, doch kein Wort drang über seine Lippen. Was war das für ein Ding auf ihrer Stirn? Althea folgte ihr auf dem Fuß und schaffte es, sich an ihm vorbeizudrängen, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
Jek stand mit dem schmollenden Satrapen am Rand der Gruppe.
»Atmet er? Lebt Reyn?«, fragte Malta atemlos. Sie kauerte über dem Mann, berührte ihn jedoch nicht.
Althea kniete sich neben sie und legte sanft die Finger an den Hals des Mannes. Einen Augenblick war ihre Miene ausdruckslos, doch dann lächelte sie ihre Nichte an. »Reyn lebt, Malta.« Wintrow war mittlerweile zu ihnen getreten. Bei Altheas Worten zuckte er zusammen und lächelte seine Schwester ungläubig an.
Als Wintrow Malta anlächelte, huschte fast so etwas wie ein eifersüchtiger Ausdruck über Ettas Gesicht. Doch im nächsten Moment war er verschwunden. Dann sah sie Kennit an. Ihre Stimme klang beinahe mürrisch, als sie sagte: »Ihr habt nach mir geschickt?«
»Allerdings.« Er merkte, dass die Mannschaft dem Gespräch aufmerksam folgte. Seine Stimme wurde samtig. »Und du bist gekommen. Wie immer.« Er lächelte sie an. So. Sollten sie und die Mannschaft doch daraus schließen, was sie wollten. Er deutete auf den bewusstlosen Mann. »Und was ist das?«
»Der Drache hat ihn fallen lassen«, erklärte Etta.
»Und deshalb musstest du ihn natürlich gleich herausfischen«, bemerkte Kennit ironisch.
»Viviace hat es uns befohlen«, erklärte einer aus der Mannschaft nervös. War König Kennit etwa verärgert über sie?
»Das ist Reyn Khuprus, ein Regenwildmann. Meine Schwester ist mit ihm verlobt.« Wintrow äußerte diese verblüffenden Worte ziemlich gelassen. »Sa allein weiß, wie er hierher gefunden hat, aber offensichtlich ist es ihm gelungen. Helft mir, ihn umzudrehen.« Er packte den Mann an der Schulter. Als er zog, stöhnte Reyn und stützte sich schwach mit den Händen gegen das Deck.
Althea kauerte neben Wintrow. »Warte. Gib ihm Zeit, seine Lungen freizubekommen«,
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