Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
gestorben.
Der alte Matrose war noch einer von Kennits ursprünglicher Mannschaft gewesen. Als sein Körper auf das Deck schlug, schrie Viviace auf. Es war nicht der Schrei einer Frau, sondern das schrille Kreischen eines wütenden Drachenweibchens. Ihr Ärger übertrug sich auf Wintrow. Paragon antwortete mit einem lauten Brüllen, und die Seeschlange stimmte mit ihrem bestialischen Kreischen ein.
Ein großes Segelschiff der Jamaillianer hielt jedoch unbeirrt auf sie zu. Zweifellos wollte der Kapitän die Viviace in die Mitte der Flotte zurückzwingen. Wintrow wog ihre Chancen ab. »Segle so gut du kannst, meine Lady«, bat er sie. »Und befehle dem Steuermann nach deinem Gutdünken.« Er hielt sich an der Bugreling fest und hoffte, dass er sie nicht alle in den Untergang führte. Mit prallen Segeln schossen sie dahin.
Es war ein Nervenkrieg zwischen den beiden Schiffen. Im letzten Augenblick nahm der andere Kapitän Wind aus den Segeln und drehte ab. Viviace fegte praktisch unter seinem Bug vorbei. Wintrow merkte erst, dass die weiße Schlange mit ihnen schwamm, als sie das andere Schiff im Vorbeischwimmen mit ihrem Gift einnebelte.
Jetzt lag die umkämpfte Motley direkt vor ihnen. Eines ihrer bunten Segel war bereits gebrochen und hing nutzlos herunter.
Die Mannschaft hatte zwar die Decks von Enterern befreit, aber die beiden Schiffe waren immer noch mit Enterhaken aneinander gebunden. Viviace stürzte sich mit dem Schrei eines Drachen auf sie, und ihre Bogenschützen standen bereit.
Die Marietta drehte ab, um der Viviace Platz zu machen.
Vermutlich war Sorcors Vorrat an Pfeilen und Steinen beinahe aufgebraucht.
»Sieh dir das an!«, rief Wintrow plötzlich. Die weiße Schlange war neben dem jamaillianischen Schiff aufgetaucht, das mit der Motley verbunden war. Als wenn sie ihre Absicht kennen würde, brüllte sie auf, öffnete weit ihren Rachen und sprühte das Deck mit ihrem Gift ein. Die Männer brüllten vor Schmerz. Die Schlange war zu nah, um das Katapult einsetzen zu können. Und die Pfeilsalve prallte harmlos von ihr ab. Sie tauchte unter und kam neben dem Bug des Schiffes wieder heraus. Erneut sprühte sie das Schiff ein und drückte dann mit ihrem gewaltigen Schädel gegen den hölzernen Rumpf. Sie peitschte wütend das Wasser mit ihrem Schwanz und ließ weiße Gischt aufschäumen. Wintrow hörte, wie das Holz knirschend nachgab. Die großen Balken waren von dem Schlangengift angefressen und bogen sich unter dem Druck.
An Bord der Motley bemühten sich die Männer, ihr Schiff freizubekommen. Die verhedderte Takelage weigerte sich zwar noch, aber es schwärmten schon Matrosen mit Äxten die Wanten hinauf. Rasch hackten sie sich frei, und die Schiffe schwangen mit einem plötzlichen Ruck auseinander.
Während die Piraten auf der Motley vor Freude jubelten, tauchte die Seeschlange ein letztes Mal auf, um das Schiff mit ihrem Gift zu besprühen. Ein einsamer Bogenschütze brüllte vor Schmerz, während seine Haut verätzt wurde, und schoss seinen letzten Pfeil ab. Er traf die weiße Seeschlange direkt hinter ihrem Kiefergelenk. Der Schaft verschwand in ihrem Hals, und das Tier schrie schrill auf. Es zuckte wie wild mit dem Kopf herum, als versuche es, den Pfeil herauszuziehen.
Entsetzt sah Wintrow mit an, wie sich im Hals der Schlange plötzlich eine Wunde öffnete. Blut und dampfende Gifte rannen heraus. Die Schlange wurde von ihrem eigenen Gift zerfressen. Viviace schrie voller Wut und Entsetzen auf.
Plötzlich glitt der Paragon an ihnen vorbei. Ohne auf die Galionsfigur Rücksicht zu nehmen, rammte das Schiff das jamaillianische Boot. Als sein Bug den Feind mittschiffs traf, brüllte Paragon wütend auf. Er packte die Reling des Bootes und riss sie an.
Wintrow hatte noch nie darüber nachgedacht, wie stark die Galionsfigur eines Lebensschiffes eigentlich war. Jetzt sah er, wie der entfesselte Paragon die Reling des Schiffes als Keule einsetzte und auf das manövrierunfähige Schiff einschlug. Bei jedem Schlag flogen armdicke Splitter durch die Gegend. Die Männer flohen und suchten Schutz vor den Holzstücken. Als die Reling zerbrach, riss Paragon seine Streitaxt aus Hexenholz aus dem Gürtel und schwang sie beidhändig. Bei jedem Hieb schrie er auf. Deckplanken zerbröselten, und dann packte er in die Takelage und riss Leinen und Segeltuch herunter. Mit der Axt und seiner freien Hand zertrümmerte er das Schiff vor Wintrows ungläubigen Augen, bis es nur noch ein Wrack war.
Selbst auf
Weitere Kostenlose Bücher