Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
hatte sich umgedreht und blickte sie an. Sie konnte seine Gesichtszüge nicht erkennen, aber sie hörte seine Stimme.
»Schon besser«, sagte er beruhigend. »Es musste sein, dass du herkommst, zu mir. Ich habe gewartet, geglaubt, dass du irgendwann von allein kommen würdest. Aber das hast du nicht getan. Und das geht jetzt für uns alle schon viel zu lange so. Ich weiß jetzt, was ich tun muss.« Die Galionsfigur hielt inne. Ihre nächsten Worte klangen härter. »Du hast etwas von mir. Und ich will es wiederhaben.«
»Ich habe nichts von dir.« Sprach sie die Worte aus oder dachte sie sie nur?
»O doch, das hast du. Es ist das letzte Stück. Ob es dir gefällt oder nicht, ich muss es haben, damit ich ganz werde. Und damit du wieder ganz wirst. Du glaubst, es gehört dir. Aber du irrst dich.« Er wandte den Blick von ihr ab. »Rechtmäßig gehört dieser Schmerz mir.«
Es war eisig und kalt, und sie hörte den Regen zuerst in den Bäumen über sich. Dann drangen die ersten Tropfen durch das Blätterdach. Zuerst fielen sie ganz sanft. Dann jedoch fegte ein kalter Wind durch die Baumgipfel und ließ sie schwanken. Ihre kalte Last ergossen sie in einem Schwall auf das Deck. Althea war bereits betäubt vor Kälte. Paragon sprach leise weiter.
»Gib ihn mir zurück, Althea. Es gibt keinen Grund dafür, ihn zu behalten. Er hatte nicht einmal das Recht, ihn dir weiterzugeben. Verstehst du das? Er hat ihn an dich weitergegeben. Er hat versucht, den Schmerz loszuwerden, indem er ihn einfach weitergab, aber das stand ihm nicht zu. Er hätte bei mir bleiben müssen. Und jetzt nehme ich ihn wieder zurück. Du brauchst ihn einfach nur loszulassen. Ich lasse dir nur die Erinnerungen, denn die, so fürchte ich, gehören dir wirklich. Aber der Schmerz ist ein alter Schmerz, der wie eine Krankheit von einem zum anderen weitergegeben wurde. Ich habe beschlossen, das zu beenden. Er kommt jetzt zu mir zurück und wird auch für immer bei mir bleiben.«
Eine Weile weigerte sie sich und klammerte sich hartnäckig daran. »Du kannst ihn mir nicht wegnehmen. Es war so schrecklich. Es war so schlimm. Niemand kann das verstehen, und niemand würde es glauben. Wenn du mir den Schmerz wegnimmst, machst du aus allem, was ich erduldet habe, eine Lüge.«
»Nein, das stimmt nicht. Ich mache es nur zu einer Erinnerung, statt zu etwas, was du immer wieder in deinem Kopf durchlebst. Lass es in der Vergangenheit ruhen. Es kann dich jetzt nicht mehr verletzen. Ich werde es nicht zulassen.«
Er reichte ihr seine große Hand. Sie fürchtete ihn zwar, war aber nicht in der Lage, ihm zu widerstehen, und legte ihre kleine Hand in die seine. Er seufzte tief. »Und jetzt gib ihn mir zurück«, sagte er zärtlich.
Es war ein Gefühl, als würde ein tief sitzender Splitter aus ihr herausgezogen. Es war ein ziehender Schmerz, und dann war da das Stechen von frischem Blut, das floss. Etwas, was sich in ihr verkrampft hatte, löste sich plötzlich. Er hatte Recht gehabt.
Sie musste ihren Schmerz nicht festhalten. Sie konnte loslassen. Die Erinnerung war noch da. Es war nicht verschwunden, aber es hatte sich verändert. Es war eine Erinnerung, etwas aus ihrer Vergangenheit. Diese Wunde konnte sich schließen und verheilen. Die Verletzung, die man ihr angetan hatte, war vergangen. Sie musste sie nicht als einen Teil von sich selbst behalten. Ihre Tränen lösten sich in dem Regen auf, der über ihr Gesicht lief.
»Althea!«
Sie zuckte nicht einmal zusammen. Der unablässige Regen wusch die Nacht aus dem Himmel und bleichte ihn zu einem fahlen Grau, das nur mühsam durch das Blätterdach drang.
Althea stand auf dem Vordeck und hatte die Hände in der Dämmerung ausgestreckt, während der Regen sie durchnässte.
Ihr Nachthemd klebte an ihrem Körper. Brashen verwünschte sie und sich selbst ausgiebig und rannte über das Deck. Er packte sie an der Schulter und rüttelte sie. »Bist du verrückt geworden? Komm sofort rein!«
Sie hob eine Hand an ihr Gesicht, die Augen in einer Grimasse zusammengepresst. Dann sank sie plötzlich gegen ihn und hielt sich an ihm fest. »Wo bin ich?«, fragte sie benommen.
»Auf dem Deck. Wahrscheinlich hast du schlafgewandelt. Ich bin aufgewacht, und du warst weg. Gehen wir hinein.« Der Regen prasselte auf seinen nackten Rücken und lief in Strömen über ihr Gesicht. Sie klammerte sich an ihn und gab sich keine Mühe, dem Schauer zu entkommen, während sie am ganzen Körper zitterte.
»Ich hatte einen Traum«, sagte
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