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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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kann ich nicht sagen«, musste er zugeben.
    »Ich konnte Malta spüren. Aber es war, als weigere sie sich, auf mich zu achten.«
    Sie schwiegen beide. Es war kalt und ruhig unter diesem klaren blauen Himmel. Sie hörten Stimmen und überall in der Stadt das Hämmern der Arbeiter. Während sie zusammen durch die Straßen von Bingtown gingen, spürte Reyn bereits die Veränderung in der Luft. Überall kündete das geschäftige Treiben von Hoffnungen und dem Glauben an das Morgen.
    Tätowierte und Drei-Schiffe-Immigranten arbeiteten Seite an Seite mit Händlern, sowohl Alten als auch Neuen. Einige Geschäfte hatten wieder geöffnet, und an manchen Straßenecken verkauften junge Leute schon wieder Schellfisch und wildes Gemüse. Außerdem schienen sich mehr Menschen in der Stadt aufzuhalten. Vermutlich hatte sich die Flüchtlingsflut umgekehrt, und diejenigen, die Bingtown verlassen hatten und ins Umland geflohen waren, kehrten zurück. Bingtown würde aus der Asche auferstehen.
    »Du scheinst eine Menge von Drachen zu verstehen«, sagte Reyn. »Woher hast du dieses plötzliche Wissen?«
    Selden antwortete jedoch nicht, sondern stellte selbst eine Frage. »Ich verwandle mich in einen Regenwildjungen, richtig?«
    Reyn schaute ihn nicht an, weil er nicht wusste, ob es Selden recht war, wenn er jetzt sein Gesicht begutachtete. Die Veränderung in Reyns eigener Erscheinung schien sich ebenfalls zu beschleunigen. Selbst seine Fingernägel wurden dicker und horniger. Normalerweise trafen solche Veränderungen einen Regenwildmann erst, wenn er ein mittleres Alter erreicht hatte. »Es sieht jedenfalls so aus. Stört es dich?«
    »Nicht sonderlich. Aber meiner Mutter gefällt es wohl nicht.«
    Bevor Reyn reagieren konnte, sprach der Junge weiter. »Ich träume jetzt auch wie ein Regenwildmensch. Die Träume haben in der Nacht angefangen, in der ich in der Stadt zum ersten Mal eingeschlafen bin. Du hast mich aus einem gerissen, als du mich gefunden hast. Ich konnte da zwar noch nicht die Musik hören, wie Malta, aber wenn wir jetzt zurückgehen würden, könnte ich es wohl auch. Das Wissen wächst in mir, und ich weiß selbst nicht, woher es kommt.« Er runzelte seine schuppige Stirn. »Es hat jemand anderem gehört, aber irgendwie kommt es jetzt zu mir. Ist es das, was man ›In Erinnerungen ertrinken‹ nennt, Reyn? Ein Strom von Erinnerungen durchfließt mich. Werde ich verrückt?«
    Reyn legte die Hand auf die Schulter des Jungen. Sie war so dünn und schmal und musste eine solche Bürde tragen. »Nicht notwendigerweise. Nicht alle von uns werden verrückt. Einige lernen, mit dem Strom zu schwimmen.«

3. Gefangene

    »Bist du sicher, dass dir warm genug ist?«, fragte Jani Khuprus erneut.
    Selden verdrehte die Augen und musterte Reyn mitleidig. Der Regenwildmann musste unwillkürlich lächeln. »Ich weiß es nicht«, erwiderte er aufrichtig. »Aber wenn ich noch mehr Kleidung anziehe, fürchte ich, dass ich herausrutsche, wenn der Drache mich packt und mit sich trägt.«
    Das brachte sie endlich zum Schweigen. »Es ist alles in Ordnung, Mutter«, versicherte ihr Reyn. »Es ist bestimmt nicht schlimmer, als bei stürmischem Wetter zu segeln.«
    Sie standen auf der hastig geräumten Fläche hinter der Halle der Händler. Tintaglia hatte verlangt, dass ab sofort jede von den Händlern kontrollierte Stadt einen offenen Platz haben musste, groß genug, damit ein Drache dort bequem landen konnte. Und sollte ein Drache sich entscheiden, in der Stadt zu landen, mussten die Bewohner dem Geschöpf einen herzlichen Empfang und eine adäquate Mahlzeit garantieren.
    Auszuhandeln, was eine »adäquate Mahlzeit« war, hatte mehrere Stunden gekostet. Das Fleisch musste lebendig sein und mindestens der Größe eines »gut genährten Jungbullen am Ende des ersten Jahres« entsprechen. Als man ihr sagte, dass sie vermutlich eher Geflügel bekommen würde, weil es Bingtown an Grasland für Viehweiden mangelte, war sie verstimmt gewesen, bis jemand ihr bei jedem Besuch warmes Öl und Hilfe bei der Pflege ihrer Schuppen anbot. Anscheinend hatte sie das besänftigt.
    Mehrere Tage waren mit diesen Verhandlungen verstrichen, und Reyn glaubte schon, er würde wahnsinnig werden. Das Dutzend Brieftauben, das Bingtown und Trehaug als einziges Nachrichtenmittel diente, war bis zur völligen Erschöpfung geflogen. Die knappen Mitteilungen, die hin und her geschickt wurden, schienen kaum ausreichend erklären zu können, was in den beiden Städten vor sich

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