Zaubersommer in Friday Harbor
bezogen war, erwies es sich als ein skurriles Prunkstück, das
hervorragend zum Haus passte.
Holly ließ
die Beine baumeln, während Mark Notizen in den Familienplaner eintrug, den er
auf dem Couchtisch ausgebreitet hatte.
„Wenn du
also beim Zahnarzt bist und der dich fragt, wie oft du die Zahnseide
benutzt”, sagte Mark, „was antwortest du ihm dann?”
„Ich frage:
Was ist Zahnseide?” Holly kicherte, als Mark sie in die Seite knuffte und
dann auf den Scheitel küsste.
Nicht zum
ersten Mal staunte Sam über die väterliche Seite seines Bruders. Er hatte
früher nie den Eindruck gemacht, für diese Rolle sonderlich gut geeignet zu
sein, aber er war mit Lichtgeschwindigkeit
hineingewachsen, als Holly in ihr Leben trat.
Mark beugte
sich vor, um etwas in den Kalender zu kritzeln. „Hat Maggie die Ballettschuhe
für deinen Tanzunterricht schon
bestellt?”
„Ich weiß
nicht.”
„Okay, ich
frage sie.”
„Onkel
Mark?”
„Hmmm?”
„Das Baby
wird mein Cousin oder meine Cousine, nicht wahr?”
Mark legte
sorgfältig den Stift aus der Hand und schaute in das ernsthafte Gesicht des
Kindes. „Rein technisch betrachtet, ja.
Aber ich glaube ...” Er zögerte, suchte nach den richtigen Worten. „Ich
glaube, es wird sich so anfühlen, als wäre das Baby dein Bruder oder deine
Schwester. Denn ihr werdet zusammen aufwachsen.”
„Ein paar
Kinder in meiner Klasse halten dich für meinen Dad. Du siehst sogar so aus wie
ein Dad.”
Sam, der
von der Schwelle aus etwas hatte sagen wollen, schloss den Mund. Er wagte es
nicht, den Augenblick zu stören, indem
er ging oder sich einmischte. Also blieb er wie erstarrt stehen, denn ihm war
klar, dass hier gerade etwas sehr Wichtiges geschah.
Mark gab
sich Mühe, keine Miene zu verziehen. „Was erzählst du deinen Freunden, wenn
sie dich fragen, ob ich dein Dad bin?”
„Ich lasse
sie in dem Glauben.” Holly schwieg einen Moment. „Ist das falsch?”
Mark
schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht.” Er klang heiser.
„Soll ich
dich immer noch Onkel Mark nennen, wenn das Baby da ist?”
Mark griff
nach Hollys Hand, die im Vergleich zu seiner geradezu winzig war, und nahm sie
zwischen seine Hände. „Du kannst mich nennen, wie immer du willst, Holly.”
Das Kind
lehnte sich an ihn, bis sein Kopf auf Marks Arm lag. „Ich möchte dich Dad
nennen. Ich will, dass du mein Dad bist.”
Mark
verschlug es die Sprache. Damit hatte er ganz eindeutig nicht gerechnet, ja
nicht einmal darüber nachzudenken gewagt. Er schluckte und beugte sich über
sie, um sein Gesicht in ihre aschblonden Haare zu drücken. „Ich fände das toll.
Ich ... ja.” Er hob sie auf seinen Schoß und drückte sie an sich, streichelte
ihr linkisch den Kopf. Dann murmelte er undeutlich etwas, drei Wörter, die er
ständig wiederholte.
Sam
schnürte es die Kehle zu. Er stand daneben und gehörte doch irgendwie dazu.
„Du
erdrückst mich”, protestierte Holly nach einer langen Minute.
Mark ließ
sie los, und sie rutschte von seinem Schoß. Renfield war ins Zimmer getappt,
eine zerknüllte Papierserviette im Maul.
„Renfield”,
schimpfte Holly, „das darfst du nicht essen.” Zufrieden, ihre
Aufmerksamkeit zu haben, trottete der Hund mit der Serviette aus dem Zimmer.
„Ich nehme
sie ihm weg”, erklärte Holly, wandte sich wieder Mark zu und rieb ihre
Nase an seiner. „Dad”, sagte sie mit schelmischem Grinsen und rannte dem
Hund nach.
Sam hatte
seinen Bruder noch nie so überwältigt gesehen. Als Mark ihn sah, blinzelte er.
„Sam ...”, begann er unsicher.
„Ich hab's
gehört”, unterbrach Sam ihn leise und lächelte. „Ist schon gut, Mark.
Holly hat recht. Du siehst aus wie ein Dad.”
Kapitel 14
timmen drangen von draußen ins
Schlafzimmer. „Ich möchte, dass Lucy mein rosa Badezimmer benutzt”,
beharrte Holly. „Es ist viel schöner als deins.” „Stimmt”, gab Sam
zu. „Aber Lucy braucht eine begehbare Duschkabine. Sie kann nicht in eine Wanne
hinein- und wieder herausklettern.”
„Kann sie
sich trotzdem mein Badezimmer ansehen? Und mein Zimmer?”
„Ja. Du
darfst ihr später eine offizielle Führung anbieten. Aber jetzt zieh deine
Socken an. Du kommst sonst zu spät zur Schule.”
Lucy atmete
einen schwer fassbaren Duft ein, der im Kissen hing. Er erinnerte an Laub,
frischen Frühlingsregen und jüngst geschnittenes Nadelholz. Es war Sams Duft,
und er gefiel ihr so gut, dass sie schamlos danach schnüffelte und ihren Kopf
tief in dem warmen
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