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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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finanziellen Schwierigkeiten befreien.«
    »Sie meinen, Sie haben sie ihm abgekauft.«
    Der Graf lachte, erfreut, von Angesicht zu Angesicht einem richtigen Mann aus dem Westen gegenüberzusitzen, der sich nicht scheute zu sagen, was er dachte. »Es waren keine geschäftlichen Überlegungen, die mein Handeln diktierten. Mehr ein impulsives Gebot des Herzens.«
    Delilah glitt auf sie zu und wartete geduldig, bis Zebulon ihr den Stuhl zurechtrückte, eine Galanterie, zu der er sich noch nie durchgerungen hatte.
    Ohne in die Speisekarte zu sehen, bestellte der Graf diverse Horsd’œuvres und danach Burritos und Chicken Mole.
    Aus den bohrenden Fragen des Grafen über die Rituale und Strapazen des Lebens in den Bergen schloss Zebulon, dass ihm Gelegenheit gegeben wurde, sich sein Abendessen zu verdienen, vielleicht sogar den Weg aus der Stadt, und er stürzte sich voller Begeisterung in eine Schilderung seiner Abenteuer in Kalifornien – die er sich allesamt ausdachte, weil er nie dort gewesen war. Gespannt und fasziniert hörten sie zu, während er seine Geschichte weiterspann und ausschmückte. In blumigen, oft langatmigen Details beschrieb er Indianerüberfälle und Begegnungen mit Grizzlys, tollwütige Vielfraße und feuchtfröhliche Mountain Rendezvous, wo aus den Lügen verrückter Trapper Wahrheit wurde und aus der Wahrheit Lügen, Frühlingsfeste nach ihren winterlichen Beutezügen, die oft einen Monat oder länger dauerten, bis alle heiser oder tot oder pleite waren.
    »Ja, also«, fuhr er fort, als sie den mit Äpfeln gefüllten Maisküchlein zusprachen. »Ich hab in Kalifornien und dem Wilden Westen so manches erlebt. Bin auf dem Oregon Trail angeschossen, skalpiert und auf den High Sierras liegengelassen worden, weil man mich für tot hielt, hab mir in mehr als einem Abwassergraben den Bauch erfroren und am Gila und am Green Fallen gestellt, wär um ein Haar im Columbia ertrunken und hab mehr Stunk gemacht als jeder Trapper, dem Sie jemals begegnen werden, war Barkeeper in Hangtown, Flussschiffer auf dem Sacramento, Räuber, Croupier, Büffelhäuter, Lastwagenfahrer, Holzfäller und Streckenarbeiter. Das alles und noch viel mehr. Ich war in Alaska und im Versteinerten Wald, hab die Opry in San Francisco gehört, desertierte rote Nigger bis nach Mexiko gejagt und weiter runter, um mit General Walker Nicaragua zu befreien, und hab meinen Teil chinesisch, irisch und deutsch parliert, um nur ein paar Sachen zu nennen.«
    Sie starrten ihn an, verblüfft über diesen Sturzbach seltsamer, exotischer Wörter, von denen sie kaum eines verstanden.
    »Aber Sie haben doch«, fragte der Graf, »angesichts der Spannweite Ihrer höchst bemerkenswerten Abenteuer, auch sicher schon einmal Gold gesucht?«
    »Gold, sagen Sie?« Zebulon wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht und kippte rasch zwei Gläschen und dann noch eines. »Gold? Der Mann, der hier vor Ihnen sitzt, hat jede Menge davon ausgebuddelt. Mehr als einmal ein Vermögen gemacht und wieder verloren. Sogar Goldnuggets auf die toten Augen einer jungen Mexikanerin gelegt, die in Sonora abgeknallt wurde, weil sie zur falschen Zeit den falschen Freier angesprochen hat. Gold war meine Musik, meine Fiedel und mein Piano, ich hab jede Menge Serenaden gesungen, zur Begleitung von Spitzhacke und Schaufel, Waschrinne und Sickertrog, und bin auf so manche Goldader gestoßen. Ich hab in drei Tagen mehr Gold verspielt, als die meisten Pilger in ihrem ganzen Leben finden. Jawohl. Ich war am Feather, am South Fork und am Agua Fría, bin auf dem Mariposa pleite gegangen, hab am Sullivan’s Creek Gold gefunden, hab mir einen Saloon gekauft und ihn die Woche drauf in Placerville verspielt, bin nördlich von Virginia City auf eine fette Ader gestoßen und von meinem Partner bis aufs letzte Hemd ausgeraubt worden; hat ein Jahr gedauert, bis ich seinen Skalp in Sutterville an die Kirchentür genagelt hab. Und immer hab ich meine Beute schneller ausgegeben, als ich sie zusammengekratzt hatte. Nehmen Sie, was Sie wollen – Tucker’s Bend oder Hangtown oder irgendeins von diesen runtergekommenen Nestern voller ahnungsloser Goldsucher, die eine Schaufel nicht von einem Wagenrad unterscheiden können –, die sind alle ganz unten und wieder zu dem geworden, was sie mal waren. Ein Glück, kann ich nur sagen.«
    Er sah Delilah an. »Wenn Sie von Gold träumen, wachen Sie irgendwann auf und merken, dass nichts davon bleibt als ein Traum. Und schließlich nicht mal mehr

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