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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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das.«
    Sie nickte, als wüsste sie alles über Träume.
    Gaslampen wurden angezündet, als sich der Speisesaal langsam mit Gästen füllte, die allesamt von den Ereignissen des Tages erregt und benommen waren. Auf der Straße draußen ertönte plötzlich eine Salve wie von einem Erschießungskommando. Ein Hund bellte, und ein einsamer Betrunkener sang ein Lied von einer untreuen Geliebten. Dann Stille.
    Delilah zeigte auf das Nugget, das Zebulon um den Hals hängen hatte, dasselbe, das er dem Angestellten in Broken Elbow abgerissen hatte.
    »Ist das aus Kalifornien?«
    »Ich hab’s einfach aufgeklaubt«, erwiderte er. »Nur zu. Nehmen Sie es. Wo das herkommt, gibt es noch jede Menge davon.«
    Er gab ihr das Nugget, sie zögerte, dann gab sie es ihm zurück.
    »Ich würde meine lieber selbst sammeln«, sagte sie.
    »Herrgott noch mal, Delilah«, sagte der Graf. »Das kommt doch von Herzen. Es ist schlechter Stil, ein so spontanes Geschenk zurückzuweisen.«
    »Und es bringt Unglück«, ergänzte Zebulon.
    Züchtig neigte sie den Kopf und ließ sich von ihm das Nugget um den Hals hängen.
    »Sie wollen also nach Kalifornien?«, fragte der Graf.
    »Auf die eine oder andere Art«, sagte er. »Sobald ich genug Zaster für die Passage zusammengekratzt habe. Es ist nicht so leicht für einen
gringo
, hier unten eine bezahlte Arbeit zu finden.«
    »Dann wohnen Sie also nicht hier im Hotel?«, fragte der Graf.
    Plötzlich wollte Zebulon nichts mehr von dem Grafen und seiner seltsamen Gefährtin wissen, oder was immer sie war. Sicher, er verdiente sich sein Abendessen und war dankbar für jeden Knochen, den man ihm hinwarf, aber dämliche Ausländer aufs Kreuz zu legen war nicht seine Art, obwohl ihm das schon öfter gelungen war, als er gern zugegeben hätte.
    »Wo haben Sie denn gesteckt?«, fragte eine schrille englische Stimme hinter ihm. »Ich hab überall nach Ihnen gesucht.«
    Ein großer, hagerer Mann, der einen leuchtend roten Sarape, einen gelben Sombrero und eine nagelneue, blitzblanke türkisgrüne Gürtelschnalle trug, kam auf sie zugetaumelt, begleitet von einer einheimischen Hure, die sich mit dem Laufen schwer tat, weil sie nur einen Schuh anhatte.
    »Haben Sie nicht mitgekriegt, dass hier eine blutige Revolution läuft?«, fragte der Mann. »Angeblich ist ein hiesiger Politiker in einem Park in die Luft gesprengt worden. Aber egal! Das Schiff läuft mit der Flut aus,
compadres! Muy pronto!
«
    Zebulon kannte die Hure; sie war eine erfahrene und zuvorkommende Professionelle, mit der er ein paar Nächte verbracht hatte, bevor er sich mit Miranda zusammengetan hatte.
    »Wer ist dieser blöde
gringo
, Lupita?«, fragte er sie auf Spanisch.
    Sie schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln, während sie den Schuh auszog. »
Muy loco hombre
. Lauter schlechte Gewohnheiten. Frag mich nicht. Als Gefälligkeit, für alles, was ich dir gegeben hab, von Herz zu Herz, bitte ich dich, leg ihn um. Oder sorg wenigstens dafür, dass er bezahlt, was er mir schuldet.«
    »Was sagt sie?«, fragte der Engländer.
    »Dass sie nicht ohne Sie leben kann. Und dass sie Sie und dann sich selbst erschießt, sollten Sie sie verlassen wollen.«
    Lupita zupfte den Engländer am Ärmel, streichelte ihm die Wange und hielt die Hand auf, bis er in seine Tasche griff und ihr sieben Silberdollars gab. Nach beendeter Transaktion schraubte sie langsam ihre Zunge in Zebulons Ohr und humpelte dann wieder auf die Straße hinaus.
    Zebulon wandte sich zur Tür, doch der Graf fasste ihn am Arm. »Ich habe einen Vorschlag, der Sie aus Ihrem finanziellen Dilemma befreien wird.«
    Zebulon schaute Delilah an, sie starrte zurück, und ihre Augen verengten sich, als sei eine Vorahnung über sie gekommen.
    »Wenn Sie uns zu den Goldfeldern führen«, fuhr der Graf fort, »bin ich bereit, Ihre Passage nach San Francisco zu bezahlen. Als Erstes reisen wir zu Sutter’s Fort, um uns mit Captain John Sutter zu treffen, dessen Mut ich schon lange bewundere. Ich habe des Öfteren mit seiner Frau in der Schweiz über mögliche geschäftliche Unternehmungen diskutiert – Ranches, Handel, solche Dinge. Nach unserem Besuch bei Sutter werden wir dann so rasch wie möglich zu den Goldfeldern weiterreisen. Sie haben von Sutter gehört, nehme ich an?«
    »Von Sutter gehört?«, sagte Zebulon. »Jeder hat schon von Captain John Sutter gehört. Als auf seinem Land Gold gefunden wurde, hat das einen richtigen Ansturm ausgelöst.«
    Delilah wandte sich an Ivan.

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