ZECKENALARM IM KARPFENLAND
die mit dem Krim-Kongo-Fieber infiziert ist.“
„Sind Sie sich sicher?“
„Absolut! Die Ergebnisse des Nukleinsäureamplifikationstests sind eindeutig. Alles deutet auf Stiche durch Hyalomma-Zecken hin.“
„Guter Gott, die gibt es doch bei uns gar nicht!“
„Eben, das macht die Sache ja so mysteriös.“
„Halten Sie sich zur Verfügung! Ich werde alle weiteren notwendigen Schritte veranlassen.“ Dann löste Prof. Theimer eine Lawine aus. Zuerst rief er den Leiter des Gesundheitsamtes in der Schubertstraße an. Der stellte die gleiche Frage, „Sind Sie sich sicher?“, und informierte anschließend das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit. Schließlich wurde von dort die Nachricht an das Robert-Koch-Institut in Berlin weitergegeben. Die Telefondrähte liefen heiß. Crimean-Congo-Haemorrhagic-Fever oder kurz CCHF, wie es die Ärzte nennen, ist eine meldepflichtige Krankheit und erfordert die Biosicherheitsstufe 4, die höchste Sicherheitsstufe für gefährliche Viren. Zwei Experten des Robert-Koch-Instituts machten sich Hals über Kopf per Charterflug sofort auf den Weg nach Erlangen.
Zu diesem Zeitpunkt wusste der Mörder, alias Till Stemmann, noch nicht, was er angerichtet hatte. Seit Tagen las er die regionalen Tageszeitungen sehr genau, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis auf Kuno Seitz zu erhalten. Er wartete quasi schon seit mehreren Tagen auf eine Todesmeldung. Sollte der Obdachlose gegen die Zeckenstiche resistent sein? Sollten seine kleinen Lieblinge vielleicht gar nicht zum Stich gekommen sein? Unmöglich. Er würde noch bis Mitte nächster Woche abwarten, dann würde er sich auf die Suche nach Kuno Seitz begeben. Des Mörders Geduld sollte nur noch für einen weiteren Tag auf die Probe gestellt werden. Er war bereits dabei, den zweiten Mordanschlag zu planen, doch die Ausführung hatte noch Zeit. Wie gesagt, er war ein Mensch, der nichts über das Knie brach. Er wollte erst abwarten, was aus Kuno Seitz geworden war.
Mordkommission der Stadt Erlangen, am späten Nachmittag des gleichen Tages
Der Erlanger Kommissar der Mordkommission, Gerald Fuchs, und seine adrette Assistentin, Sandra Millberger, betraten gerade das Zimmer ihres Chefs, Hauptkommissar Joerg Kraemer. Eigentlich wollten sie sich in Kürze auf den Nachhauseweg begeben. Es war nichts los. Einen aktuellen Mordfall hatten sie gerade auch nicht. Dann rief Joerg Kraemer beim Kommissar an und bat ihn und Sandra, kurz bei ihm vorbeizuschauen. Als die beiden in das Zimmer ihres Chefs eintraten, saß ein guter Bekannter auf einem der Stühle.
„Herr Dr. Niethammer“, begrüßte ihn Sandra Millberger, „schön Sie mal wieder zu sehen.“
„Ganz meinerseits, schöne Frau“, schmeichelte der Pathologe.
„Hallo, Herr Doktor“, begrüßte ihn auch der Kommissar, „ich ahne nichts Gutes.“
„Nehmt Platz!“, forderte der Hauptkommissar die beiden Ankömmlinge auf. Dann sah er konzentriert in die Runde. „Dr. Niethammer kommt gerade von einem Gespräch mit seinem Chef, und der meinte, dass es besser wäre uns zu informieren, bevor wir die Geschichte morgen in der Zeitung lesen. Eine seltsame Geschichte. Aber erzählen Sie am besten selbst, Herr Doktor!“
Dr. Niethammer räusperte sich, rückte seine runde Nickelbrille auf der Nase zurecht und begann. „Ja, wirklich seltsam. Keine Angst, ich habe zwar einen Toten auf meinem Tisch, aber es handelt sich dabei nicht um einen Mordfall. Ich muss sagen, ein Mordopfer wäre mir sogar lieber. Heute Morgen wurde unter der Kanalbrücke, Richtung Ortsteil Dechsendorf, ein offensichtlich Obdachloser von einem Jogger tot aufgefunden. Dem zugezogenen Notarzt kam das Erscheinungsbild des Toten irgendwie verdächtig vor, und so landete die Leiche auf meinem Tisch. Schon bevor ich mit der Obduktion begann, hatte ich – allein aufgrund meiner visuellen Untersuchung – einen vagen Verdacht.“
„Warum?“, wollte Sandra Millberger wissen.
„Nun ja, das Aussehen der Leiche ließ die Vermutung zu, dass es sich bei der Todesursache um eine sehr seltsame Erkrankung handeln musste. Der ganze Rücken war von Petechien übersät.“
Gerald Fuchs und seine Assistentin sahen sich verständnislos an.
„Kleine Blutungen aus den Kapillaren in die Haut“, klärte sie der Mediziner auf. „Ich vermutete sofort eine bestimmte Infektion. Andererseits aber auch wieder nicht, denn die gibt es in unseren Breitengraden eigentlich nicht. Kurzum, die endgültigen Ergebnisse meiner
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