Zehn Dinge, die wir lieber nicht getan haetten
Ahnung. Bei deinem Schließfach?«
Ich zögerte einen Augenblick. »Machst du Witze? Ist dir noch nicht mal aufgefallen, dass ich gar nicht in der Schule bin?«
»Du bist nicht hier?«
»Nein, wir haben uns krankgemeldet.«
»Was hast du denn?«
»Nichts.« Plötzlich wollte ich doch seine ganze Aufmerksamkeit. »Aber beim Arzt war ich.«
»Also bist du echt krank?«
»Nein, in Wirklichkeit waren wir in einem Beratungszentrum von Planned Parenthood.«
Stille. »Echt?«
»Jep. Ich hab mir die Pille verschreiben lassen.«
Wieder herrschte Schweigen. »Oh«, reagierte er endlich. »Cool.«
Ich hatte eigentlich mehr erwartet als ein läppisches »Cool«. Ein »Jippie« oder ein »Hurra« vielleicht. Er wusste doch genau, was das bedeutete, oder? »Die Pille zur Verhütung«, erklärte ich deshalb, für den Fall, dass er es nicht geschnallt hatte.
»Klar, hab ich schon kapiert.«
Oh. Tja. Hm. »Du klingst ja superbegeistert.«
Ich hörte, wie er hustete.
Ärger kochte in mir hoch. »Okay. Tschuldige, dass ich dich belästigt habe.«
»April, ich freu mich ja. Es ist nur ... wir haben nie darüber gesprochen. Ich dachte, wir würden einfach nur ... du weißt schon. Andere Sachen benutzen.«
Andere Sachen? Ich finde, wenn wir schon alt genug waren, dieses Zeug zu benutzen, dann durften wir sie auch ruhig beim Namen nennen. Es sei denn, er wollte nicht, dass irgendeiner mitbekam, wie er es laut aussprach. Ich besann mich darauf, wo er sich befand. Auf dem Gang? Wollte er das Wort »Kondom« nur dort in der Schule nicht aussprechen? Das hätte ich ja sogar verstanden.
»Ich finde, wir sollten beides benutzen«, meinte ich. »Nur für den Fall. Zur Sicherheit. Die Ärztin meinte, es dauert normalerweise einen Monat, bis die Pille wirkt.«
»Also müssen wir noch einen Monat warten?«, wollte er wissen. Bildete ich mir das nur ein, oder klang er fast ein bisschen erleichtert?
»Ja. Aber wir müssen nicht. Wir könnten ja auch nur ein Kondom benutzen.«
»Ach, was ist schon ein Monat?«, meinte er. »Wir gehen besser auf Nummer sicher. Noch einen Monat also.«
»Jep. Einen Monat.«
»Klingt gut.«
»Jep.«
Dieses Gespräch verlief definitiv weniger erfreulich, als ich mir das vorgestellt hatte. Vielleicht hätte ich damit warten sollen. Ich hätte warten sollen, bis wir beide allein waren, um ihm die Neuigkeit zu erzählen. Nicht warten, bis wir Sex hatten.
Für den Sex war ich jetzt bereit. Ich hatte ja schon das passende Outfit.
Noah war derjenige, der nicht so klang, als wäre er bereit. Vielleicht war ihm aufgegangen, was für ein Riesenschritt das war. Vielleicht hatte das ganze Gerede von Geburtenkontrolle in ihm Panik ausgelöst, ich könnte möglicherweise tatsächlich schwanger werden.
Dann musste ich ihn eben mit meinem neuen Outfit ablenken. Ihn in Stimmung bringen. Vielleicht sollte ich noch mal in den Laden gehen und mir die Strümpfe besorgen?
Das Gesicht meiner Mom blitzte vor meinem inneren Auge auf.
Wenn ich es mir recht überlege ... Ich musste ja auch entsprechend in Stimmung sein.
UND PLÖTZLICH WAREN WIR DREI
Ich schnappte mir unser Zeug, dann schlug ich den Kofferraumdeckel zu, während Vi das Garagentor herunterfahren ließ. Vi öffnete die Tür zum Haus. Es war schon nach sechs – vorhin im Einkaufszentrum hatten wir beschlossen, uns einen Film anzusehen.
»Das ist komisch«, meinte sie. »Hörst du das? Hast du wieder die Musik laufen lassen?«
»Nö«, sagte ich. Letzte Woche hatte ich einmal vergessen, die Musik abzustellen. Und das Licht. Zweimal. Davon war Vi weniger begeistert. Stellt euch vor, man muss für Strom zahlen – und zwar jeden Monat. Wer hätte das denn ahnen sollen?
»Das Licht ist auch an. Das hab ich aber ganz bestimmt ausgemacht. Vielleicht ist es ja Zelda.«
Ich wich einen Schritt zurück. Die Mordszenen aus Vampire Nights und aus sämtlichen anderen Horrorfilmen spielten sich in meinem Kopf ab. Voll bescheuerte Leute betraten ahnungslos ihre Häuser und ließen sich abschlachten. »Denkst du, wir sollten die Polizei rufen?«, fragte ich, doch sie war schon nach drinnen verschwunden. Das Haus war nicht gerade einbruchssicher. Und es lag direkt neben dem Strandabschnitt, der öffentlich war. Bei Ebbe konnte jeder von der Straße aus hereinspazieren, den Strand entlang, und dann direkt bei uns auf die Terrasse klettern.
»Ein Einbrecher dreht doch die Musik nicht so laut auf«, entgegnete sie. Ihre Stimme wurde immer leiser, als sie den
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