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Zehn (German Edition)

Zehn (German Edition)

Titel: Zehn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Potente
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Mädchen verführerisch den Rock auszog. Dabei wiegte sie ihre Hüften und atmete mit leicht geöffnetem Mund. Haruka dachte an Tadaski. Wünschte er sich auch manchmal eine solche Frau? Die Tänzerin hatte jetzt noch ein kleines, glitzerndes Höschen an. Lasziv beugte sie sich vor, gewährte tiefen Einblick in ihr Dekolleté und strich sich über die Schenkel. Die Männer drängten sich um die Bühne. Das Mädchen hockte sich mit gespreizten Schenkel vor sie. Grazil streckte sie langsam einen Fuß vor, sodass die Männer ihre Schuhspitze berühren konnten. Einige versuchten ihren Fuß anzufassen. Lachend warf das Mädchen den Kopf zurück.  
    Haruka erschrak. Das Mädchen hatte ein großes Muttermal am Hals: Es war Miyu, ihre Schwester! Sie trug eine Perücke.  
    Haruka trank ihr Glas in einem Zug aus. Sie starrte das nackte Fleisch auf der Bühne an.  
    Jetzt zog ihre Schwester langsam ihr Oberteil aus. Die Brustwarzen waren von glitzernden Aufklebern bedeckt. Langsam kroch sie auf allen vieren über die Bühne, zog sich an der Stange hoch, das Metall an ihre bloßen Brüste gepresst, rieb die Stange zwischen ihren Schenkeln und warf stöhnend den Kopf zurück. Haruka wandte den Blick ab. Das war eine ganz andere Frau. Sie war verwirrt.  
    Cindy schenkte einen neuen Wodka ein. »Deine Schwester ist toll, oder?« Haruka war schwindlig. Sie musste sich am Barhocker festhalten.  
    Miyu schwang noch einmal an der Stange herum. Gleich würde der Song zu Ende sein. Die Männer gingen heute gut mit. Der Scheinwerfer brannte heiß auf ihrem Gesicht.  
    Es war zu dunkel an der Bar. Miyu konnte Haruka nicht sehen. Was ihre Schwester wohl jetzt von ihr dachte? Sie glitt in einen Spagat, das Bühnenlicht ging aus, Beifall. Schnell lief sie hinter die Bühne, schnappte sich ein Handtuch und zog die Maske ab.  
    Wenige Minuten später fand sie ihre Schwester an der Bar. Haruka war betrunken. »Hey … Alles okay?« Miyu war besorgt. Haruka umarmte sie nur, drückte so fest, dass es unangenehm war. »Mach das nicht mehr … Miyu, mach das nicht mehr.« Haruka war kaum zu verstehen, sie war blass und schwitzte. Miyu überlegte. Was sollte sie mit Haruka machen? Sie konnte auf keinen Fall hier an der Bar sitzen bleiben.  
    Etwa zwei Stunden später fuhr ein Polizeiwagen vor.  
    Tadaski kniete neben Haruka, die sich mittlerweile beruhigt hatte. Sie hatte sich auf den Tisch erbrochen. Miyu brachte ihm ein feuchtes Handtuch. Tadaski sah sie zornig an. Sie wusste, was er dachte. Es war alles ihre Schuld. Wie immer.  
    Dass Haruka hierhergekommen war, war ihre Schuld. Haruka trank normalerweise nicht. Es war ihre Schuld, dass sie sich so betrunken hatte. Dann hatte Haruka sich hingelegt. Hinten bei der Umkleidekabine gab es ein Sofa. Und Miyu hatte weitergearbeitet. Aber Haruka fing an zu randalieren. Sie schrie und tobte und nahm die Umkleidekabine auseinander, lief hysterisch weinend nach draußen und trat immer wieder gegen einen Glascontainer. Einige Mädchen kamen neugierig dazu, Cindy versuchte Haruka zu beruhigen. Sie holten Miyu von der Bühne. Ihre Schwester weinte und schrie. »Du musst damit aufhören! Versprich mir das! Das ist ekelhaft!« Dabei schmiss sie mit allem um sich, was sie in die Finger bekam.  
    Miyu hatte ihre Schwester noch nie so gesehen. Schließlich hatte sie Tadaski angerufen. Als der eine halbe Stunde später atemlos ankam, beruhigte sich Haruka ein wenig.  
    Der Manager stand bei Tadaski und redete leise auf ihn ein, dabei verbeugte er sich mehrmals tief.  
    Wahrscheinlich hatte ein Nachbar die Polizei gerufen.  
    Noch bevor er ausstieg, hatte sie seinen Namen gedacht. Seiji. Er sah gut aus in der Uniform. Sein Haar war kürzer. Fast hätte sie ihn nicht gleich erkannt.  
    Sie schämte sich. Sie trug noch ihr Kostüm und die rote Perücke. Jemand hatte ihr einen Bademantel umgelegt.  
    Seiji ging langsam auf sie zu. Als er vor ihr stand, verbeugte er sich leicht und fragte: »Was ist hier passiert?« Er musterte sie, dann schien er sie zu erkennen. »Miyu?«  
    Sie sah beschämt zu Boden. Es schien eine Ewigkeit zwischen ihrer Begegnung gestern und diesem Augenblick zu liegen. »Geht es dir gut?« Er klang besorgt.  
    Der Manager trat zu ihnen. Miyu nickte Seiji still zu und ging in die Umkleidekabine.  
    Nun wusste er, dass sie hier arbeitete. Niemals würde er sie wiedersehen wollen. Tadaski würde Haruka nie mehr erlauben, Zeit mit ihr zu verbringen. Langsam schminkte sie sich ab,

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