Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
Schampusflasche bis auf den letzten Tropfen geleert ist. Je tiefer wir in die Höhle vordringen, desto dunkler wird es, nur die Musik wird nicht leiser. Jetzt kommen Beyoncé und Jay-Z: Crazy in Love.
Am Ende des Ganges öffnet Angel einen Vorhang und führt uns in ein Séparée, das mit einer großen Kleenex-Box und einem sehr ausgelegenen Liegesessel eingerichtet ist. Die Blonde, die sich Ina nennt, öffnet die Flasche und schenkt uns ein: In unseren drei Sektflöten schwappt nun das Geld, für das meine Mutter zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche, drei ganze Monate in Split in ihrem hardverski-Laden steht, Schlüssel nachmacht und diese schwer erhältlichen Kaliber 765 Patronenkästen unter dem Ladentisch hervorholt.
Ich lasse mich in den Sessel fallen. Angel macht ein paar Tanzbewegungen, aber Ina kniet an meiner Seite und streichelt mein linkes Knie. Die Stripperin ist ohne Stange so hilflos wie eine Stabhochspringerin ohne Stab. Ich wäre zwar der Letzte, der am Tanzstil rummäkelt, wenn die Tänzerin fast nackt ist, doch das, was Angels unrhythmische Bewegungen bewegen sollten, geschieht trotzdem nicht. Mein Schrittbewohner zeigt sich unbeeindruckt. Keine stehenden Ovationen. Ich sollte mir vielleicht Sorgen machen. Ich kaufe ihm gerade das teuerste Date seines Lebens, sein erstes Sandwich seit Jahren, da wird der ja wohl nicht schlappmachen. Ich erinnere ihn an die Spenden der rechtschaffenen Supermarktkassiererinnen an Torturs Karatekirche. Das kann doch nicht umsonst gewesen sein.
Doch auch diese Argumente richten ihn nicht auf.
Ich kapiere es nicht. Wie viele Sexsoldatinnen haben schon erfolgreich die Fahne meiner Männlichkeit gehisst, und nun weht da plötzlich die Regenbogenfahne der Schwulenbewegung. Vielleicht liegt es an dem vielen Bibel-Lesen. Ich rufe das Einsatzkommando der Fantasie zu Hilfe, die Elite-Zellen meiner erogenen Hirnareale. Mit ihrer Hilfe und einem zweiten Glas Schampus gelingt es mir, die beiden Mädchen in passable Raubkopien von Gunnhildur und Munita zu verwandeln.
Als die Dunkle endlich ihre Brüste rauslässt und die Blonde ihr Kleid auszieht und ein schlanker Gunnhildur-Körper in ziemlich leckerer Unterwäsche zum Vorschein kommt, spüre ich, dass sich etwas tut, das als beginnende Erektion durchgehen könnte. Ich stehe auf und tanze auf ungeschickte Art mit den beiden Frauen meines Lebens. Der Anblick eines bekehrten Profikillers, der zu Beyoncé tanzt, bringt sie zum Lächeln, und Gunnhildur hilft mit ihrer Hand bei der Aufbauarbeit zwischen meinen Beinen. Die Entwicklungshilfe aus Lettland wirkt Wunder. Jetzt gilt meine ganze Sorge ihrer Zahnspange. Sie macht mir Angst. Verletzungsgefahr. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich herausfinden will, wie scharf sie wirklich ist, ob es das gute Gefühl von ihrer Hand, ihre Ähnlichkeit mit meiner Eis-Königin oder einfach nur der Schampus ist, auf jeden Fall verliere ich für eine Sekunde die Kontrolle und versuche sie zu küssen.
Wie irgendein scheiß Priester in irgendeinem scheiß Bordell in irgendeinem scheiß Jahrhundert.
Sofort dreht sie ihren Kopf von meinen fürchterlichen Lippen weg und nimmt ihre Hand aus meinem Schritt. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Aus alter Gewohnheit greife ich nach meinem halbautomatischen Problemloser, aber ich habe natürlich immer noch keinen, so dass mir nichts anderes übrigbleibt, als wegzugehen.
Als ich den Gang entlanghaste, schwingen einige Vorhänge etwas zur Seite. Ich sehe Männer in Liegesesseln, die von halbnackten Frauen verwöhnt werden. Sie knien vor ihnen wie Witwen vor ihren toten Männern. Ich gehe so schnell wie möglich zurück an die Bar. Winke die Kellnerin heran und frage, ob sie mir den Rest einpacken kann.
»Was?«
»Ich hab nicht alles geschafft und will den Rest mit nach Hause nehmen!«
»Was denn für einen Rest?«
»ICH HAB FÜR ZWEI KÖPFE BEZAHLT, UND DIE WILL ICH JETZT MIT NACH HAUSE NEHMEN!«
Meine Stimme muss selbst das laute Liebesspiel von Beyoncé und Jay-Z übertönt haben, denn plötzlich stehe ich im Zentrum der Aufmerksamkeit. Sogar die Tänzerin hört auf zu tanzen. Gut Nie erhebt sich aus einem Stuhl ganz in der Nähe, gefolgt von dem dünnen Güsti. Als er näher kommt, macht er eine beschwichtigende Handbewegung wie ein Mannschaftskapitän, der verhindern will, dass einer seiner Spieler die Rote Karte kriegt. Er will etwas sagen, aber das höre ich schon nicht mehr. Ich bin weg.
26. DER FLEISCHMANN/i>
Ich bitte
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