Zehn zärtliche Kratzbürsten
wütend. Dieses war sich keiner Schuld bewusst, es sprang auf den nackten Schoß des Indus t rierates und begann zu schnurren. Als Rauno mit seiner Zigarette fertig war, untersuchte er sein Gemächt und stellte fest, dass keine Kratzer daran waren. Er setzte die Katze auf den Balkon, schloss die Tür hinter ihr und kehrte ins Bett zurück, um das unterbrochene Spiel fortzusetzen. Jetzt lief alles in bewährter Weise und ohne weitere Störungen ab, und als die beiden vom Ergebnis befriedigt waren, holte Tuula die Katze wieder vom Balkon und verzog sich in die Dusche.
Rauno Rämekorpi zündete sich eine neue Zigarette an und lugte in die Wiege, wo das Baby in tiefem Schlaf lag. Die Kleine war wir k lich süß! Wenn er die Sache mit kühlem Verstand betrachtete, war das, was Tuula da zustande gebracht hatte, durchaus nicht unappeti t lich. Die Kleine würde bestimmt ein hübsches Mädchen werden, später eine junge Dame, sie würde irgendeinem Flegel eine liebende Frau sein und dann, wenn ihr alter Vater schon längst auf Espoos Waldfriedhof begraben liegen würde, vielleicht ein Enkelkind zur Welt bringen, womöglich sogar mehrere. Das Geschlecht der Räm e korpis würde seine irdische Wanderung bis in ferne Zukunft fortse t zen. Da hatte ein strebsamer Mann so seinen Stoff zum Nachdenken, es waren Gedanken, die dem sechzigjährigen Geburtstagskind das Herz wärmten.
Aus dem Badezimmer war gleichmäßiges Wasserrauschen zu h ö ren. Tuula war zweifellos eine reinliche Frau, noch dazu recht reizvoll. Was fand sie eigentlich an einem alten Zausel wie ihm, fragte sich Rauno.
Der nackte Industrierat stand mitten im Zimmer. Er machte sich so seine Gedanken darüber, dass in diesem Schauspiel anscheinend alles bis zum Schluss durchdacht war, das Manuskript war ausgefeilt bis ins Letzte, die Repliken saßen. Alles war beängstigend perfekt. War das noch normal? Wie viele Frauen kriegten es wirklich fertig, sich so kalt berechnend wie Tuula ein uneheliches Kind anzuscha f fen? In Rauno erwachte ein bohrender Zweifel, dass noch andere Organisatoren an diesem Spektakel mitgewirkt hatten.
Er spähte in Tuulas Kleiderschrank, und richtig: In den Fächern lagen, außer weiblichen Dessous, auch ein paar Stapel Männerw ä sche. Kurze Unterhosen, Tennissocken, ein paar Hemden, Badeh o sen. Verflixt! Eine Welle der Eifersucht durchflutete Rauno. Er stopfte die Unterhosen wieder in den Schrank. Hätte jetzt der Besi t zer darin gesteckt, wären die Fäuste geflogen.
Der Industrierat ließ das Geburtsvideo rasch vor - und zurückla u fen um herauszufinden, ob sich dort die Antwort auf die Zweifel fand, die ihm notgedrungen kamen. Überraschenderweise gab es am Ende des Bandes tatsächlich eine interessante Sequenz: Im Kranke n zimmer stellte eine männliche Hand zögernd einen Strauß Rosen in die Vase auf dem Nachtschrank und strich der jungen Mutter flüchtig übers Haar. Sieh mal an, vorhin hatte Rauno diese Szene, die nur eine Sekunde dauerte, gar nicht bemerkt, aber sie hatte sich dennoch in sein Gedächtnis eingegraben: Ein fremder Mann war auf die eine oder andere Weise an der Geburt beteiligt gewesen.
Das Baby erwachte und fing an zu weinen. Rauno ließ das Video Video sein, sprang auf und hob die Kleine auf seine behaarten Arme. Was war jetzt zu tun? Tuula schien noch in der Dusche zu sein. Das Baby schrie bereits durchdringend. Musste man vielleicht die Wi n deln wechseln? So machten es jedenfalls die Leute in der Werbung. Oder hatte das Kind Hunger? Rauno tappte, mit dem schreienden Baby auf dem Arm, in die Kochnische und öffnete den Kühlschrank. Eine Milchflasche stand dort nicht. Seine Arme wurden feucht. Das Gör fängt an zu pinkeln, rief Rauno erschüttert. War dieses Wesen wirklich von ihm? Vorhin hatte es sich so nett benommen, ganz als wäre es darauf getrimmt worden, seinen Vater zu empfangen, aber jetzt, da sie beide allein waren, zeigte es seine wahre Natur. Rauno schaukelte das feuchte Kind hin und her, so hatte es seine erste Frau in den Sechzigerjahren mit den Söhnen getan, wie er sich erinnerte. Das Baby stieß einen Rülpser aus. Nicht eben weiblich, aber wenig s tens hörte das Weinen auf. Zum Glück kam Tuula aus der Dusche und übernahm bei der Babybetreuung das Kommando.
Routiniert wechselte Tuula die Windeln und begann das Baby zu stillen. Rauno betrachtete die madonnenhafte Szene und sagte sich, wenn hinter der ganzen Geschichte der raffinierte Plan steckte, ihn als Unterhaltszahler zu
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