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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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hatte, war er nach Kaiserslautern gefahren und hatte sein Auto auf dem Parkplatz am Warmfreibad abgestellt. Von hier aus musste er lediglich die Entersweilerstraße und die Bahngleise überqueren, schon hatte ihn der dichte Wald verschluckt.
    Ein zehnminütiger Fußmarsch hatte ihn durch einen frühherbstlich kolorierten Mischwald zu seinem vorübergehenden Domizil geführt. Lange hatte er nach einem idealen Unterschlupf Ausschau gehalten, der ihm als geeignete Operationsbasis für seine Einsätze dienen konnte.
    Das ehemalige Pumpenhäuschen befand sich inmitten eines verwilderten, nahezu unberührten Waldgebietes und bot somit die Ruhe und Abgeschiedenheit, die er für sein Vorhaben unbedingt benötigte. Es lag versteckt am Rande einer kleinen Lichtung und grenzte mit der Rückfront an einen mit mächtigen Sandsteinfelsen gespickten Steilhang. Auf der mit dichtem Buschwerk zugewucherten, uneinsehbaren Seite hatte John bereits vor einigen Wochen den Maschendrahtzaun auseinandergeschnitten und anschließend problemlos das verrostete Schloss aufgehebelt. Er war in der Zwischenzeit noch zweimal hier gewesen, hatte das Dach mit kleinen Holzbrettern geflickt und eine Luftmatratze, einen gefüllten Benzinkanister sowie einigen Proviant deponiert.
    Die unscheinbare Waldhütte war offensichtlich schon seit langer Zeit nicht mehr von einem Menschen betreten worden. Dafür hatte sich dort eine Marderfamilie eingenistet, die sich zunächst hartnäckig weigerte, ihren Unterschlupf zu verlassen. Erst als John mit Deospray anrückte, ließen sich die geruchsempfindlichen Tiere dauerhaft vertreiben.
    Als er gestern Abend hier ankam, kroch ihm trotz dieser Maßnahme wieder dieser urtypische, strenge Mardergeruch in die Nase, den man diesen possierlichen Waldbewohnern gar nicht zutraute. Zudem roch es ziemlich klamm und moderig in dem feuchten Gemäuer.
    Aber beides störte John nicht, da war er ganz andere Dinge gewohnt.
    Gegen sechs Uhr weckte ihn ein Vogelkonzert. Als er die Augen öffnete, fühlte er sich wie erschlagen. Pulsierende Kopfschmerzen marterten ihn. Er fasste sich an die Schläfen und massierte sie mit den Fingerkuppen. Fürchterliche Albträume hatten ihn wieder einmal geplagt und ihn mehrmals in der Nacht schweißgebadet aufschrecken lassen.
    »Flashbacks sind wie ein böser Fluch, der Sie ohne jegliche Vorwarnung immer und überall heimsuchen kann«, klangen ihm die Worte des Psychologen im Ohr, den er wegen seiner Albträume aufgesucht hatte. »Sie werden die Trauma auslösenden Situationen immer wieder aufs Neue durchleiden. Und zwar so intensiv, als ob sie im Hier und Jetzt stattfänden. Wie aus dem Nichts tauchen diese Gefühle von Panik und Hilflosigkeit plötzlich wieder auf und quälen sie in einer barbarischen Art und Weise.«
    »Und was kann ich dagegen tun?«, hatte John verzweifelt gefragt.
    »Wir werden uns gemeinsam auf einen langen, beschwerlichen Weg begeben. Sie werden große Geduld aufbringen und mir hundertprozentig vertrauen müssen.«
    Ich traue niemandem, du Sesselfurzer, schimpfte er in Gedanken. Solchen Theoretikern wie dir schon gar nicht. Was hast du denn schon erlebt? Nichts, aber auch rein gar nichts im Vergleich zu mir! Meinen Weg gehe ich von jetzt an ganz alleine. Ich weiß inzwischen genau, wie ich mich selbst therapieren kann: Indem ich etwas Großes, etwas Einzigartiges leiste, etwas, das noch nie jemand vor mir geschafft hat.
    Ich werde eine wahre Meisterleistung vollbringen!
    Ich war der Beste!
    Und ich werde euch allen beweisen, dass ich noch immer der Beste bin!
    Er rollte seinen Schlafsack zusammen, ging nach draußen und sog in tiefen Zügen die erfrischend kühle Waldluft ein. Anschließend setzte er sich mit dem Rücken an die Hauswand und schrieb an seinem Tagebuch weiter. Darin hielt er all das fest, was ihn einmal unsterblich machen sollte. Mit jedem Wort, mit jeder Zeile wurde er ruhiger und die aufgeloderte Wut verflüchtigte sich.
    Mit verklärtem Blick klappte er das Büchlein zu und verstaute es in seinem Rucksack. Dann nahm er den Lotussitz ein, schloss die Augen und rezitierte murmelnd eines der zahlreichen Zitate, die er in seinem Kopf gespeichert hatte und die ihn als treue Freunde auf seinem einsamen Weg begleiteten:
     
    »Es war Morgen, und die neue Sonne flimmerte golden über dem Wellengekräusel der stillen See. Von einem Fischerboot, eine Meile vor der Küste, wurden die Netze ausgeworfen. Blitzschnell verbreitete sich die Nachricht in der Luft und lockte

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