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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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Sekunden verrannen. Dann tönte die Musik einer Warteschleife aus dem Hörer.
    »Verdammt!«
    Ellen drückte den Hörer Marina Wirtz, die ihr am nächsten stand, in die Hand. »Sie sollen den Saal räumen, so schnell es geht.«
    Marina Wirtz hielt den Hörer ans Ohr. Sie sah Ellen fragend an. »Ich kann doch nicht nur die Warteschleife abwarten.«
    »Ich bin schon dabei, andere Telefonnummern der Oper herauszusuchen«, rief Khalid, während er seine Tastatur bearbeitete.
    550. Neun Minuten, zehn Sekunden, hundert Menschenleben.

23
     
    Stefan Daudert war heilfroh, der Zentrale entkommen zu sein. Die untätige Warterei war hundertmal anstrengender als der härteste Einsatz. Dazu kamen die unsäglichen Diskussionen mit der Wirtz. Als wüsste die besser, was in ihm vorging, als er selbst. Jetzt war er sie los und endlich wieder in seinem Element.
    Auf seinem Polizeimotorrad raste er durch die Straßen Berlins. Mit Blaulicht und Sirene, wobei die Sirene Mühe hatte, den aufheulenden Motor zu übertönen. Selbst für einen Polizisten im Einsatz fuhr Daudert viel zu schnell, zumal es bereits merklich dunkler wurde.
    Aber in diesem besonderen Fall galten andere Regeln. So etwas musste man ausnutzen.
    Daudert bretterte mit kaum verzögerter Geschwindigkeit über eine Kreuzung. Der Fahrer von rechts hatte Grün und bemerkte ihn erst im letzten Moment. Daudert musste einen heftigen Schlenker machen und geriet kurz auf die Gegenfahrbahn.
    »So ein Depp!«, schimpfte er.
    »Was ist?«, fragte Peer Hillert aus den Lautsprechern an Dauderts Ohren. Er leitete das SEK-Team für Sektor IV während Dauderts Abwesenheit.
    »Nichts. Nur ein Penner, der mich fast umgenietet hätte. Seid ihr schon vor Ort?«
    »Gerade angekommen.«
    »Beschreib das Gelände.«
    »Eine verlassene Industriebrache. Mehrere Lagerhallen, ein Bürogebäude mit drei Etagen. Die Scheiben im Erdgeschoss sind eingeworfen, überall liegt Schrott herum. Alles sehr unübersichtlich. Kaum ausgeleuchtet.«
    »Was für ein Scheiß!«
    Solche Industriebrachen gab es überall in Berlin. Sie waren beliebte Aufenthaltsorte für alle, die ihr Geld nicht mit ehrlicher Arbeit verdienten. Ideal für Kleinkriminelle, eben weil sie nicht ideal für die Polizei waren.
    Dieser Kerl würde sich noch wundern. So einfach ließen sie sich nicht ausbooten. »Kein Licht«, ordnete er an. »Nachtsichtgeräte verwenden.«
    »Verstanden.«
    »Er wird im Bürogebäude sein und nicht im Erdgeschoss. Gebäude von außen sichern. Fluchtwege lokalisieren. Keine weiteren Aktivitäten, bevor ich vor Ort bin. Die Bereitschaftspolizei soll die Hallen weiträumig umstellen. Und die sollen bloß nicht mit Sirenen und Blaulicht da aufkreuzen.«
    Wenig später erreichte Daudert das Gelände. Die ersten Wagen der Bereitschaftspolizei kamen gleichzeitig mit ihm an.
    »Lahme Schnecken«, sagte er verächtlich.
    Immerhin hatten sie sogar die Scheinwerfer ihrer Wagen ausgeschaltet. Wie in jeder Großstadt herrschte auch in Berlin selbst mitten in der Nacht ein schwaches, diffuses Licht. Jetzt, am späten Abend, war es noch etwas heller. Es reichte, um auf freiem Gelände Hindernisse zu erkennen. Im geschlossenen Gebäude würde es schwieriger werden. Daudert schlich zum Eingang des Bürogebäudes. Nicht weit davon entfernt fand er sein SEK-Team.
    »Außen herum alles ruhig«, flüsterte ihm Peer zu. »Keine Penner. Fliehen kann man aus dem Erdgeschoss in alle Richtungen durch die Fenster. Auf der anderen Seite grenzt eine Halle an. Aus der ersten Etage kommt man auf das Dach, aber das ist instabil.«
    »Unwichtig. Wenn der Kerl flieht, geht er den Jungs von der Bereitschaft ins Netz. Aber dazu lassen wir ihm keine Gelegenheit. Was sagt die Wärmebildkamera?«
    »Kaum aussagekräftig. Das Mauerwerk ist durch die Tageshitze noch warm. In der obersten Etage gibt es in einem Raum eine kleine Stelle, die geringfügig wärmer ist. Das muss aber nichts heißen.«
    Daudert sah nach oben. Am Ende der Längsseite entdeckte er einen Lichtschimmer. Äußerst schwach wie von einer abgedeckten Lampe. Er blickte auf seine Uhr. »Wir haben nur wenige Minuten. Wir müssen durch den Haupteingang rein. Die Männer mit den Schilden vor. Achtet auf Sprengfallen. Ist der Sprengstoffsensor okay?«
    »Ja.« Peer hob das Gerät hoch.
    »Los geht's!«

24
     
    529.
    528.
    Marina Wirtz hatte endlich jemanden von der Deutschen Oper am Telefon. Aber sie kam nicht voran. Ihr Gegenüber konnte oder wollte sie nicht verstehen. »Ich habe

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