Zehntausend Augen
ausgedrückt?«
»Haben Sie.«
»Folgen Sie mir.« Burgsmüller schlug den Weg in Richtung der Einsatzzentrale ein. Unterwegs begegneten ihnen immer wieder Beamte, die Ellen nicht kannte.
»Wer sind diese Leute?«
»BKA, Verfassungsschutz, Terroristenabwehr.«
Jetzt wurde offenbar ganz großes Geschütz aufgefahren. Kein Wunder, nachdem die Regierung auf den Fall aufmerksam geworden war. Irgendwie konnte Ellen das sogar verstehen. Dieser Fall war eben nicht normal, von der ersten Minute an war nichts daran normal gewesen.
Burgsmüller trat in die Ersatzzentrale, die bisher nur eine Rolle am Rande gespielt hatte. Entgegen dem ursprünglichen Plan hatte man sie bisher kaum benötigt. Das hatte sich über Nacht vollkommen geändert. Ellen erkannte sie kaum wieder. Dicht an dicht standen Computer, deren Bedeutung Ellen nicht erfassen konnte. Das ganze Equipment stammte aus dem BKA. Noch mehr Menschen drängten sich in den Lücken dazwischen. Ellen kannte kaum einen. Nicht einmal Direktor Brahe war zu sehen. Burgsmüller traute wohl nur seinen eigenen Leuten und den eigenen Computern. In einer Ecke stand Kronen und beobachtete das Treiben. Als er Burgsmüller und Ellen entdeckte, kam er direkt auf sie zu.
»Hallo, Herr Burgsmüller. Haben Sie Frau Faber tatsächlich aufgetrieben?« Ellen würdigte er keines Blickes.
»Guten Tag, Herr Polizeipräsident«, grüßte Ellen betont freundlich.
Kronen grummelte etwas Unverständliches.
»Frau Faber wird uns für die weitere Kommunikation mit dem Erpresser zur Verfügung stehen«, erklärte Burgsmüller. »Aber heute wird es anders laufen als sonst.«
»Wie wird es anders laufen?«, fragte Ellen. »Wenn ich reagieren soll, muss ich wissen, was Sie geplant haben.«
»Das werden Sie erst in dem Moment erfahren, in dem es nötig ist, und keine Minute früher. So können wir jegliches Informationsleck ausschließen. Wir werden Sie verkabeln. Sie bekommen Kopfhörer, und dann werden Sie genau das sagen, was ich Ihnen vorgebe.«
»Ich habe keine Lust, Ihre Marionette zu sein und mich von Ihnen fernsteuern zu lassen.«
»Für eine Diskussion haben wir keine Zeit. Der Erpresser wird sich in einer Viertelstunde melden. Tun Sie einfach, was ich Ihnen sage.« Burgsmüller winkte eine Beamtin herbei. »Bereiten Sie Frau Faber vor.«
Dieser Typ glaubte tatsächlich, dass sie selbst all ihre Pläne an den Erpresser verraten hatte. Ellen kam nicht dazu, zu protestieren. Schon war die Beamtin da und bugsierte sie mit sanftem Druck in einen Nebenraum. Die Beamtin war gut zehn Jahre älter als Ellen und deutlich fülliger. Das Bemerkenswerteste war ihr auffällig breiter Mund, aber im Gegensatz zu Burgsmüller konnte sie lächeln.
»Was geht hier vor?«, fragte Ellen.
»Das sehen Sie doch. Das BKA hat den Fall übernommen.«
»Das weiß ich. Aber was plant das BKA?«
Ellen hatte Glück. Die Beamtin war nicht so abweisend wie Burgsmüller, allerdings auch nicht wirklich gut informiert.
»Seit gestern Abend ist hier die Hölle los«, erklärte die Frau. »Die Bundesregierung hat Angst um das Außenministertreffen. Die ganze Welt sieht uns auf die Finger.«
Ellen hatte davon gehört, sich aber nicht weiter darüber informiert. In Berlin trafen sich dauernd irgendwelche Politiker.
»Deshalb der Menschenauflauf da draußen?« Ellen zog ihr T-Shirt aus.
Die Frau nickte. »Wir haben immer mehr internationale Presse hier, die sich auch für unseren Fall interessiert. Deshalb haben wir abgesperrt. Und wo das Fernsehen ist und wo abgesperrt wird, da laufen die Leute hin. So ist das eben.«
»Ich glaube nicht an eine politische Motivation des Erpressers.« Ellen war sich ziemlich sicher, dass es dem Erpresser um etwas ganz anderes ging als das Außenministertreffen. Aber um was?
Die Beamtin zuckte mit den Schultern. Einer Schachtel entnahm sie ein Kabel mit einem Empfänger an der einen und einem Ohrhörer an der anderen Seite. »Das entscheiden die Herren da oben. Einige Regierungen haben jedenfalls gedroht, das Ministertreffen platzen zu lassen. Und die bisherigen Ergebnisse des LKA sind nicht zufriedenstellend.«
Das konnte Ellen nicht leugnen. Aber ob das BKA mehr erreichen würde? »Burgsmüller macht einen Fehler. Es geht nicht um Politik. So wird er dem Erpresser nicht beikommen.«
»Das ist nicht mein Problem. Mein Job ist es, Sie zu verkabeln. Und jetzt halten Sie endlich still.«
Ellen widerstrebte es zutiefst, sich für eine Sache einspannen zu lassen, die sie für
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