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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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entsetzt. »Wie kann das sein? Die können euch doch nicht so einfach rauswerfen?«
    Danuta zuckte die Schultern. »Wir können unsere Hypotheken nicht mehr bezahlen. Die Bank hat den Kredit verkauft, ich weiß nicht , an wen, aber die können viel machen.«
    »Diese Schweine«, meldete sich Annika zu Wort. »Es scheint Leute zu geben, die meinen, sie können sich alles erlauben. Unser Haus hat unser Vermieter angesteckt. Jetzt ist er alle unliebsamen Mieter los und sackt noch eine fette Versicherungssumme ein.«
    »Kannst du das beweisen?«, fragte Ellen. Die routinemäßigen Fragen einer Polizistin waren immer noch präsent.
    »Beweisen?«, fragte Annika und sah Ellen verständnislos an. »Wie soll ich so was beweisen können? Aber wissen tut es jeder. Er hat das Haus herunterkommen lassen und nur noch Miete kassiert. Und jetzt, bei den Krawallen überall, ist die beste Gelegenheit. Ein bisschen nachgeholfen oder jemanden bestochen ... Und weil es an so vielen Stellen brennt, kommt die Feuerwehr garantiert nicht, bevor es zu spät ist.«
    Wie zur Bestätigung begannen im Fernsehen die Nachrichten – natürlich mit Bildern aus Berlin, mit brennenden Autos und vermummten Gestalten, die etwas warfen.
    Ellen wusste nicht, was sie Annika antworten sollte. Was sie gesagt hatte, war nur eine Vermutung, aber Ellen wusste auch, dass es immer und überall skrupellose Menschen gab, die sogar im Chaos noch ihren Gewinn machten. Und wie es mit fehlenden Beweisen aussah, wusste sie besser als alle anderen.
    Ellens Blick fiel auf Hajo. Er stand äußerlich unbewegt an den Türrahmen gelehnt, die Lippen nur zwei schmale Streifen. Sie kannte ihn zu gut, um nicht zu spüren, wie es in ihm arbeitete. Plötzlich war er verschwunden.
    Ellen sah sich um. Niemand im Raum hatte sein Verschwinden bemerkt. Hanna und Elias waren in ein Spiel auf ihren Smartphones vertieft , und zwischen Danuta und Annika spann sich eine intensive Unterhaltung an. Die erlittenen Schicksalsschläge schienen sie zu verbinden.
    Ellen wartete noch einen Moment, bis sie sagte: »Ich muss mal ins Bad.«
    In der Küche fand sie Hajo. Er ließ gerade etwas in seiner Tasche verschwinden.
    »Was machst du hier?«, fragte Ellen leise.
    Sein Mund sagte: »Nichts.« Seine Augen sagten: Ich habe einen Plan.
    Weiter kam Ellen nicht, denn Hajo ging ins Wohnzimmer zurück. Ellen ging ins Bad und dann auch wieder zu den anderen.
    »Dann lass uns wenigstens die paar Tage bleiben«, bat Annika gerade. »Wir fallen dir auch nicht zur Last. Vielleicht können wir sogar helfen.«
    Danuta wirkte wacher als am Anfang. Wahrscheinlich tat ihr die Vorstellung gut, die nächsten Tage nicht alleine dazustehen. »Versuchen wir es.«
    Ellen fand, dass jetzt der passende Moment gekommen war, um sich zu verabschieden. Mehr konnte sie für Annika nicht erreichen, und ihre eigenen Herausforderungen wurden nicht kleiner, je länger sie hierblieb.
    Danuta kam bis zur Haustür mit. Elias und Hanna sahen durchs Fenster nach draußen und winkten.
    Annika ging ein paar Schritte mit Ellen.
    »Wer ist das?«, fragte sie im Flüsterton, während sie unauffällig auf Hajo deutete.
    »Unser Fahrer.«
    »Du kannst mich nicht für dumm verkaufen. Ein Taxifahrer kommt nicht mit rein , und außerdem lief kein Taxameter. So, wie ihr miteinander umgeht, kennt ihr euch gut. Ist das dein Freund?«
    Wir kennen uns viel zu gut, dachte Ellen, aber sie konnte Annika unmöglich die Wahrheit sagen. »Es ist alles ganz anders, als du denkst.«
    Annika grinste. »Diesen Satz sagt man für gewöhnlich in ganz blöden Situationen.«

32
    Die Sprengstoffkisten knarzten, als Ellen aufstand. Sie knarzten auch, wenn Ellen nicht aufstand, aber dann war es nicht so laut. Ellen fühlte sich kaum ausgeruht, dazu war es zu früh. Dass sie Annika und den Kindern helfen konnte, war gut, und dass Andreas Schuster gesund werden würde, auch. Gegen diese guten Nachrichten stand, dass sie schon wieder alle Beweise verloren hatte. So viel Pech konnte es doch gar nicht geben. Sobald sie irgendwas Greifbares in der Hand hatte, löste es sich auch schon in Luft auf.
    Ellen hätte der am nächsten stehenden Sprengstoffkiste am liebsten einen Tritt verpasst. Es stand zwar nicht drauf, dass man so was nicht tun sollte, aber Ellen hatte das Gefühl, sie sollte besser darauf verzichten.
    Stattdessen ging sie zu der Tür, die auf den maroden Balkon führte. Die frische Luft tat gut, die Stadt war gerade dabei zu erwachen. Es wurde mehr gehupt

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