Zehntausend Fallen (German Edition)
Immer hinterließ ein Mensch Spuren, und immer war es Hasels binnen Stunden gelungen, jemanden zu identifizieren, der ihm begegnet war. Nur hier griff er ständig ins Leere, als gäbe es diesen Menschen nicht – aber Hasels glaubte nicht an Gespenster. Hier war nur jemand außerordentlich raffiniert, eine echte Herausforderung, die er aber bewältigen würde.
Hasels griff zum Telefon, während sein Rechner die Recherche nach Romano Pasano aufzeichnete.
»Veritatis, haben Sie den beiden doch von Pasano erzählt?«
»Nein, das habe ich Ihnen bereits gesagt.«
»Auch nicht beiläufig den Namen erwähnt?«
»Mit keinem Wort. Das schwöre ich Ihnen.«
»Wenn ich herausfinde, dass Sie mich verarschen, reiße ich Ihnen die Eier ab.«
Am anderen Ende der Leitung blieb es still. Hasels legte auf. Er glaubte dem Professor. Der war zu eingeschüchtert und hatte überhaupt nicht das Format, um ihm zu widerstehen. Der Professor war ein Weichei.
Hasels setzte sich vor seinen Laptop und verfolgte, welche Links aus Google angeklickt wurden. Diese Typen wussten, wonach sie suchten, und sie taten es geschickt und absolut professionell. Aber was Hasels am meisten ärgerte: Sie taten es vor seinen Augen, und er konnte sie nicht daran hindern.
Während Hasels hilflos zusehen musste, wie seine Gegner ein Dossier über Romano Pasano zusammenstellten, dachte er darüber nach, wie sie überhaupt auf Pasano gekommen waren. An einen Zufall glaubte Hasels diesmal nicht. Die intensive Untersuchung von Veritatis' Handy hatte einen Trojaner ans Licht gebracht. Der sorgte dafür, dass das Handy nicht ausging, wenn man es ausschaltete. Das Handy tat nur so. In Wirklichkeit nahm es alles auf, was in der näheren Umgebung gesprochen wurde, und sendete es an einen Empfänger, den er wieder nicht lokalisieren konnte. Veritatis' Handy unbemerkt so zu manipulieren, war eine beachtliche Leistung, aber keine Zauberei. Er hatte es den beiden sofort zugetraut. Mit der Entnahme des Akkus hatte er diesem Abhören ein Ende bereitet. Hasels war sich sicher, dass der Name »Pasano« vorher nicht gefallen war, erst später. Also mussten sie noch auf eine andere Art und Weise mitgehört haben. Raffiniert, musste er anerkennen. Das war nicht mehr zu ändern, also nahm er es als Fakt hin. Nachdem er die schriftlichen Beweise eigenhändig geschreddert hatte, blieb den beiden jetzt nur noch Pasano. Den durften sie auf keinen Fall finden.
Hasels holte die Akte »Pasano« aus seinem Koffer. Hier stand alles drin, was man im Internet über ihn finden konnte – und noch jede Menge mehr, wozu nur Hasels Zugang hatte. Wenn die beiden Pasano übers Internet finden konnten, müsste er es mit seinen Informationen erst recht können. Er hatte es bloß noch nicht intensiv versucht, weil er sich auf diese Faber konzentriert hatte.
Romano Pasano war in einem bedeutungslosen Nest in Südtirol geboren. Er wollte hinaus in die große Welt, was Hasels gut verstehen konnte. Und Pasano hatte das Zeug dazu. Die Zeugnisse, die Hasels vorlagen, waren mit Bestnoten gespickt, sowohl in Naturwissenschaften als auch in Sprachen. Pasano studierte Biologie und Biochemie, bis es ihn zur Genetik zog. Irgendwann verließ er Europa und zog in die Staaten. Aus einem Interview entnahm Hasels, dass sich Pasano durch die europäischen Gesetze im Bereich der Genetik zu sehr eingeschränkt fühlte. Er wollte Freiheit – und mehr Geld. Ein winziger Funke Sympathie glomm in Hasels auf. Die usa boten ihm beides, aber das war noch nicht genug. Reich und berühmt – und eine schöne Frau. Typisch, dachte Hasels, der schon wusste, wie es weiterging. Jetzt kam Carrie ins Spiel. Hasels hatte sie persönlich für Pasano ausgesucht.
Ruhm boten viele, Geld nicht mehr ganz so viele, aber immer noch zu viele. Bei Saatogo hatten sie gute Psychologen, die wussten, womit man die meisten Männer fangen konnte, und sie hatten ihn, Hasels, der wusste, wie man es dann auch wirklich macht. Er hatte Informationen zusammengetragen und heimlich Kommilitonen interviewt, bis er wusste, von wem Pasano träumte: von einer großen, schlanken, blonden Frau.
Es war so leicht gewesen. Hasels kannte viele Frauen, darunter Carrie. Sie besaß wenig Skrupel, aber einen umso größeren Hunger nach Geld. Die Universität, bei der Pasano eine Vorlesungsreihe als Gastdozent hielt, war Saatogo dankbar, dass sie dem Professor aus Europa eine kostenlose Assistentin zur Verfügung stellten. Saatogo konnte die Ausgaben sogar als
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