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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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Winzigkeiten, aber bald hatte man auch in dieser Beziehung genug Material gegen Pasano in der Hand. Die Winzigkeiten wuchsen. Nach einiger Zeit kniff Pasano auch hier. Er flüchtete zu Progentus, einem anderen Gentechnik-Konzern. Hasels konnte darüber nur den Kopf schütteln. Wahrscheinlich erhoffte sich Pasano hier einen Neuanfang ohne das Geld und den Druck von Saatogo. Er musste geglaubt haben, dass es bei Progentus besser zuging.
    Wie naiv konnte man eigentlich sein? Progentus war genauso ein gewinnorientierter Konzern wie Saatogo. Um im harten Wettbewerb zu bestehen, musste man alle Register ziehen. Wer nicht mitmachte, wurde schnell vom Börsenzettel gestrichen. So war die Realität. Dieser Pasano verstand einfach nichts vom Leben.
    Pasanos Werdegang war klar. Nur fand Hasels darin keinen Hinweis auf Berlin. Weder Saatogo noch Progentus hatten irgendeine besondere Beziehung zu dieser Stadt. Europa war bei den Gentech-Konzernen nicht beliebt, und Deutschland rangierte da noch weiter unten. Von Saatogo oder Progentus aus gab es also keine Linien nach Berlin. Von Brüssel aus? Pasano hatte sich natürlich auch mit deutschen Wissenschaftlern und Politikern getroffen, aber Hasels konnte nicht feststellen, dass sich eine Freundschaft oder eine engere Geschäftsbeziehung gebildet hatte. Freunde von früher? Fehlanzeige. Pasano hatte kaum Freunde gehabt. Seine einzigen Freunde waren die Pflanzen und ihre Gene. Familie? Die Frau war weg, Kinder hatte Pasano keine, der Bruder war bei einem Erdbeben in Norditalien vom Dachziegel einer Kirche erschlagen worden, und der Vater war gestorben, als Pasano gerade bei Saatogo angefangen hatte. Blieb als Einzige die Mutter. Was war mit der? Hasels blätterte zum Anfang der Akte zurück.

35
    »Seine Mutter. Wir müssen Pasanos Mutter finden«, sagte Ellen.
    Sie stand vor der Wand, die mit Ausdrucken und handgeschriebenen Notizen übersät war. Das meiste waren Hinweise auf Veröffentlichungen, Vorträge und Beiträge in wissenschaftlichen Foren. Pasano war überaus fleißig gewesen und den Kommentaren nach zu urteilen auch äußerst anerkannt. Das wurde durch Auszeichnungen unterstrichen, die Pasano für seine Forschungen erhalten hatte. Mehrere Fotos, die ihn strahlend mit einer Urkunde in der Hand abbildeten, hatte Ellen um das große Foto in der Mitte geheftet. Er hatte dunkles, volles Haar, wie man es von einem Italiener erwartete, und ein freundliches Gesicht mit einem schönen Lächeln. Nachdem er bei Saatogo angefangen hatte, nahmen die Beiträge und damit auch die Zettel ab. Irgendwann gab es gar keine mehr.
    Hajo sah von seinem Laptop auf. »Wie kommst du auf seine Mutter?«
    Ellen hatte schon oft vor solchen Wänden gestanden. Sie nahm alle Informationen auf, heftete Zettel hin und her, während sie gleichzeitig spürte, wie sich in ihrem Geist die einzelnen Puzzleteile zu einem Ganzen ordneten. So etwas konnte man schlecht erklären, es wuchs durch jahrelange Übung. Sie versuchte es trotzdem.
    »Pasano hat eine steile Karriere gemacht, die dann einen heftigen Knick bekommen hat. Warum, wissen wir noch nicht. Er ist nicht aus wissenschaftlichen oder geschäftlichen Gründen unterwegs, denn dann bräuchte Hasels ihn nicht zu suchen. Es muss also um etwas Persönliches gehen. Frage: Was könnte das sein? Seine Frau ist nur noch eine Ex und lebt in den usa . Die fällt damit aus. Freunde können wir auch ausschließen. Pasano ist häufig nach kurzer Zeit umgezogen, und das ziemlich oft. Dabei entstehen keine tiefen Freundschaften. Die könnten höchstens von früher kommen, aus seiner Zeit in seinem Heimatdorf, aber dieses winzige Dorf schien nie etwas zu besitzen, was Pasano angezogen hätte. Er wollte nur weg von dort, zumal Vater und Bruder tot sind.«
    »Nur seine Mutter fehlt in diesem Bild«, ergänzte Hajo. »Sie wird nirgendwo erwähnt, auch nicht ihr Tod. Also könnte sie noch leben.«
    Ellen nickte. »Solange wir keinen Beweis für das Gegenteil haben, müssen wir davon ausgehen. Pasano ist ein sehr einsamer Mensch. Er sieht auf ein Leben zurück, in dem sich Träume zu erfüllen schienen, die dann einer nach dem anderen geplatzt sind. Ich bin fest davon überzeugt: Pasano will zu seiner Mutter.«
    »Man könnte meinen, er will zu seinem Ursprung zurück.« Hajo stand auf, ging zu Ellen und sah zusammen mit ihr auf die Zettelwand. »Gehen wir davon aus, dass du recht hast. Warum ist Hasels dann hinter ihm her? Warum lässt er Pasano nicht seine Mutter

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