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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Unterarm.
    »Der Versuch, einem Haufen Halbwüchsiger Kompetenz zu demonstrieren.« Er wischte den Kreidestaub von seinem Ärmel. Er war direkt von der Schule hierhergekommen.
    Idris breitete ein blaues Leinentuch über den Tisch in der Cafébar, strich es glatt und stellte eine Karaffe Wasser und ein Schälchen Oliven darauf. »Was möchtest du essen, Kommissar? Und du«, wandte er sich an Paul Freitag, »Freund des Kommissars?«
    Ehrlinspiel schmunzelte dem Syrer zu, und Freitag tat es ihm gleich.
    »Kommt sofort.« Mit einer leichten Verbeugung entfernte sich Idris.
    Der Duft nach frisch geröstetem Kaffee, Kardamom, gebratenen Auberginen und süßem Reis erfüllte den Raum. Die Fahndung nach den Kindern war bisher erfolglos geblieben, und so berichtete Ehrlinspiel Freitag ausführlich von dem Gespräch mit Marius’ Klassenkameraden.
    Der Kommissar liebte diese kleine Oase. Wann immer es ging, aß er hier mit seinem Kollegen zu Mittag. Auch hatte er an diesem Tisch schon manchen Abend bei den sanft-jazzigen Stimmen von Siljie Nergaard und Diane Krall ausklingen lassen.
    Vor einigen Wochen hatte er hier
Quadro Nuevo
entdeckt. Am Album
Mocca Flor
konnte er sich nicht satthören. Zuerst hatten ihn die mediterrane Leichtigkeit der Arabesken und Balladen und die Improvisationen von Akkordeon, Bandoneon, Klarinette und vor allem des Saxophons durch die Nächte begleitet. Durch die Stunden, in denen er auf seiner kleinen Galerie saß und die Fotos retuschierte, die er auf seinen Streifzügen mit der Profikamera machte. Seit einigen Tagen hörte er seine neuen Lieblinge auch beim Aussortieren und Umräumen seines Hab und Guts.
    Die Vorliebe für Jazz und verrückte Zeitgenossen teilte er mit Idris, dem Syrer, der den weltbesten Milchschaum zauberte und dessen Frau Ayysha die feinsten orientalischen Leckereien zuzubereiten verstand. Eigentlich war die Cafébar schon ein kleines Restaurant.
    »Und was habt ihr in Rebecca Assmanns Klasse erfahren?« Freitag schenkte zwei Gläser Wasser ein.
    »›Erzählt ihr mir, was für ein Mädchen Rebecca ist?‹, hat Josianne die Kinder gefragt. Zuerst waren sie ziemlich wortkarg und verschüchtert. Aber dann sind sie aufgetaut. Im wahrsten Sinne des Wortes.« Er blickte durch die Terrassentür in den kleinen Hinterhof, der zwischen den noch winterlichen Fassaden der Altbauten verloren wirkte. Im vorletzten Sommer hatte er mit Hanna Brock dort gesessen, unter dem Kastanienbaum, der jetzt kahl im trüben Mittagslicht stand. Er lächelte bei dem Gedanken an den Abend und an das, was seither alles passiert war. Wie nebenbei legte er sein Handy vor sich auf den Tisch.
    »Du lachst?«, fragte Freitag. »Was haben die Kinder dir erzählt?«
    »Entschuldige. Ist nicht wegen der Kinder.« Er beugte sich über das Display. Keine Nachricht. »Obwohl da ein sehr lustiges Mädchen dabei war. Amelie. Sie sagt, Rebecca mache Diät, obwohl sie doch schon ein Model sei.«
    »Ich verstehe die Eltern nicht. Rebecca muss immer lügen.«
    »Die Kinder haben Josianne und mich nicht aus den Augen gelassen. Ich denke, sie wissen, dass mit Rebecca etwas nicht stimmt. ›Manchmal ist sie ganz arg müde‹, hat Amelie erzählt. ›Und dann wird sie einfach so voll wütend.‹ Die Lehrerin, eine Frau Heinemann, hat mir hinterher erklärt, dass das Symptome einer Unterzuckerung sind. Oder umgekehrt eines zu hohen Blutzuckerwertes. Ich habe versucht, herauszufinden, wer Lene und Günther Assmann kennt.« Ehrlinspiel schüttelte leicht den Kopf.
    »Ja, und?«
    »›Ihre Mama holt sie immer ab‹, hat Amelie gesagt. ›Die ist richtig nett. Aber wir dürfen nie zu Becci zum Spielen nach Hause.‹ ›Warum nicht?‹, habe ich gefragt. Sie hat einen Stift aus ihrem Mäppchen gekramt und in einem Heft herumgekritzelt. Dann kam nur noch: ›Weiß nicht.‹ ›Und ihr Papa?‹, wollte ich wissen. ›Der nimmt sie nur an der Hand und zieht sie zum Auto. Aber er kommt nur ganz selten. Der mag Kinder nicht.‹«
    Freitag spießte eine Olive auf einen Zahnstocher und drehte ihn zwischen den Fingern. Dann blickte er seinen Freund an. »Wenn Annekatrin oder Jule lebensbedrohliche Gesundheitsprobleme hätten, dann würde ich eher die Hölle darüber informieren, als dass sie durch meine Sturheit einen Nachteil davon hätten. Und ich würde mit dem Teufel einen Pakt eingehen, damit sie leben können wie alle anderen Kinder auch.«
    »Du bist auch ein klasse Vater, Freitag. Du bist empathisch und verantwortungsvoll. Du liebst

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