Zeit der Eisblueten
nur … so unwahrscheinlich vor …«
»Tut mir leid, dass ich Sie damit überrascht habe, aber Sie haben gefragt.«
»Natürlich, natürlich.«
Die hübsche Kellnerin tauchte mit zwei Tellern auf. Um sie waberten eine Parfümwolke und der Duft des dampfenden Apfelkuchens. Schnell holte sie noch die Caffè Latte, die in eimergroßen Bechern serviert wurden und durch die sahnige Milch fast weiß waren.
Hogg kippte sich einen großzügigen Schwung Zucker aus dem Spender in den Kaffee und rührte ihn lange um, wobei er konzentriert auf das herumwirbelnde Zentrum blickte. Sein Appetit schien verschwunden zu sein.
»Vielleicht sollten Sie einen DNA-Test in Betracht ziehen«, sagte er nach einer Weile, »bevor Sie sich auf diese Vorstellung fixieren.« »Das ist geschehen. Sonst wäre ich nicht hier. Bei mir und meiner Frau ist dadurch alles durcheinandergebracht worden. Ich hatte keine Ahnung … bis vor drei Monaten.«
Kleine Schweißperlen bedeckten Hoggs Stirn, und seine Leichenblässe war einer tiefen Röte gewichen. Dafydd fürchtete, der Mann könne einen Herzstillstand oder einen Schlaganfall erleiden. Er sah sehr angegriffen aus.
»Ich habe gedacht, dass vielleicht Sie die Blutabnahme bei Sheila … und Mark durchgeführt haben«, erklärte Dafydd. »Entschuldigen Sie. Es war eine Vermutung.«
»Keine Sorge, ich werde kein Wort darüber verlauten lassen.« Hogg rang mühsam nach Atem. Er zog ein großes Taschentuch hervor und wischte sich das Gesicht ab. Dann griff er zum Zuckerspender und schüttete sich geistesabwesend noch einen Schwung in seinen bereits gut gesüßten Caffè Latte. Wieder rührte er die Flüssigkeit ausgiebig um, dann schlug er mit dem Löffel mehrmals an den Rand seines Bechers und legte ihn säuberlich auf die Untertasse. Schließlich hob er die Augen. »Ich hatte keine Ahnung.«
»Nun, Sheila will auf keinen Fall, dass es jemand erfährt. Fragen Sie mich nicht, warum.« Dafydd nahm einen Schluck aus dem riesigen Becher und probierte einen Bissen des klumpigen Kuchens. »Ich dachte, dass Sie vielleicht aus diesem Grund mit mir sprechen wollten.«
»O nein, ganz sicher nicht«, wehrte Hogg in scharfem Tonfall ab und wedelte geringschätzig mit der Hand. »Ich wollte Sie fragen, ob Sie eine Vertretung machen könnten. Ian scheint sich mit seiner Rückkehr nicht zu beeilen. In den beiden vergangenen Jahren hat er häufig gefehlt.« Hogg lehnte sich über den Tisch und senkte die Stimme. »Es geht ihm nicht besonders gut. Ich habe keinerlei Grund zur Klage, aber …« Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf, zweifellos, weil er mit sich rang, wie viel er preisgeben sollte.
»Ich könnte zwei Wochen übernehmen. Aber was ist mit der Arbeitserlaubnis und so weiter?«
»Oh, machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Ich regele das schon. Hier oben haben wir amtlich geregelte Notsituationen, und dies ist meiner Ansicht nach eine. Ich kann Ihnen für drei Wochen fünftausend Dollar anbieten. Es ist nicht gerade eine riesige Summe, aber es ist das Höchste, was wir uns leisten können.«
»Drei Wochen …?« Dafydd rechnete schnell nach und kam zu dem Ergebnis, dass sein Urlaub schon ein wenig früher enden würde. Aber auf ein oder zwei weitere Wochen würde es auch nicht ankommen, obwohl er sich ein wenig illoyal fühlte. Er würde nicht gefeuert werden, aber er konnte sich Payne-Lawsons überheblichen, missbilligenden Gesichtsausdruck lebhaft vorstellen, ebenso die im Krankenhaus kursierenden Spekulationen. Doch plötzlich war ihm das gleichgültig.
»Gut. Wann soll ich anfangen?«
»Gleich morgen früh. Punkt 8.30 Uhr.«
Dafydd lächelte. Manche Dinge änderten sich nie. Er musterte den kleinen Mann, der jetzt wieder so lebhaft und geschäftsmäßig war wie immer und sich völlig von seinem untypischen Schrecken erholt hatte. Allerdings nicht hinreichend, um sich an den riesigen Snack heranzumachen, den er sich bestellt hatte. Er betrachtete den Kuchen nur bedauernd und merkte, dass Dafydd das Gleiche tat.
»Ich sollte das Zeug eigentlich nicht essen«, sagte er ein wenig verlegen. »Da erzähle ich all den übergewichtigen Patienten, dass sie sich mäßigen und vernünftig sein sollen. Ich sollte den Worten auch Taten folgen lassen.« Bei dem Versuch, so zu klingen, als amüsiere er sich über sich selbst, lachte er laut und hohl.
Als sie die Imbissstube verlassen hatten, sagte Dafydd auf dem Bürgersteig zu Hogg: »Ich glaube, Sheila wird etwas dagegen haben, dass ich im
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